Fauser, Ergo: „Wir werden uns die Marktanteile zurückholen“

Foto: Ergo Group Deutschland
Dr. Dr. Michael Fauser, Vorstandsvorsitzender der Ergo Vorsorge Lebensversicherung und Lebensversicherungsvorstand von Ergo Deutschland

Im Zuge von Neuausrichtung und Umstrukturierung hatten Ergo Leben und Ergo Vorsorge Marktanteile abgegeben. Dr. Dr. Michael Fauser, Vorstandsvorsitzender der Ergo Vorsorge Lebensversicherung und Lebensversicherungsvorstand von Ergo Deutschland, zeigt sich überzeugt, dass der Versicherer mit modernen, flexiblen Vorsorgetarifen und nachhaltiger Ausrichtung verlorenes Terrain zurückgewinnen wird.

Die Rahmenbedingungen für die Altersvorsorge haben sich in den vergangenen Jahren grundlegend geändert. Die Niedrigzinsen führen dazu, dass die klassischen Vorsorgeprodukte unattraktiv geworden sind. Die Ergo Vorsorge Leben hat bereits 2016 das Portfolio in der Altersvorsorge neu ausgerichtet. Wie bewerten Sie die Entscheidung?

Fauser: Die Strategie war absolut richtig. Das zeigt auch unser im Marktvergleich starkes Neugeschäft in diesem Jahr. Bei Zinsen um und unter null Prozent machen die klassischen Produkte im Neugeschäft wenig Sinn. Wir haben die vergangenen fünf Jahre genutzt und uns komplett neu ausgerichtet, unsere Produktpalette in der Lebensversicherung vollständig erneuert.

Mit unseren modernen und kapitalmarktorientierten Produkten bieten wir unseren Kunden heute attraktive, flexible und wettbewerbsfähige Lösungen für ihre Altersvorsorge. Die Bandbreite des Angebots reicht von einer reinen fondsgebundenen Versicherung über eine Indexrente bis hin zu einem starken Schwerpunkt in der Biometrie.

Stichwort Biometrie: Immer mehr Wettbewerber bringen alternative Konzepte zur Arbeitskraftabsicherung auf den Markt. Wie sieht es hier bei der Ergo aus?

Fauser: Dieses Segment wird leider zu oft vergessen. In Deutschland hat zum Beispiel weniger als jeder Fünfte eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Auch Verbraucherschützer und Rating-Agenturen weisen immer wieder darauf hin, dass eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit absolut sinnvoll ist. Das zeigt, wie groß das Nachholpotenzial bei den biometrischen Risiken ist.

Aktuell entwickeln wir etwa eine Grundfähigkeitsversicherung als alternatives Produkt in der Arbeitskraftabsicherung. Auch bei der Risikolebensversicherung oder Todesfallabsicherung ist die Absicherungsbereitschaft hierzulande vergleichsweise niedrig. Hier wollen wir unsere Aktivitäten in Zukunft noch verstärken.

Wir sprachen über die Neuausrichtung des Produktangebots in der Lebensversicherung. Wie haben Sie den Vertrieb auf diesem Weg mitnehmen können?

Fauser: Als wir 2016 die neue Strategie für die Ergo Vorsorge Lebensversicherung entwickelt haben, haben wir den Vertrieb sehr stark in den gesamten Prozess mit eingebunden – und das hat sich als goldrichtig erwiesen. Die Partner sind den Weg aus Überzeugung mitgegangen. Dafür sind wir sehr dankbar. So wie wir seinerzeit vorgegangen sind, machen wir es bei allen Produktentwicklungen bis heute. Ich bin der festen Überzeugung, dass Sie nur durch die enge Einbindung des Vertriebs erfolgreich Produkte entwickeln und verkaufen können.

Wie viele andere Wettbewerber setzen sie als Lebensversicherer auf moderne Produkte: Indexpolicen, Mehr-Topf-Hybride, moderne Klassik und reine Fondspolice. Was ist das Produkt, dass bei Ihnen am stärksten nachgefragt wird?

Fauser: Aufgrund der Flexibilität wird die Ergo Rente Balance am stärksten nachgefragt. Die Menschen wollen in der Altersvorsorge schlicht mehr Spielräume. Auch weil die Lebensläufe heute bei weitem nicht mehr so planbar wie früher sind. Die Möglichkeit, das Geld beliebig zwischen Fondsanlage und klassischem Sicherungsvermögen aufzuteilen und hin und her zu schieben, kommt in der privaten Altersvorsorge sehr gut an.

„Kapitalgarantien spielen hierzulande weiterhin eine wichtige Rolle“

Die Kunden haben die Option, zu 100 Prozent in Garantien zu gehen, zu 70 Prozent oder zu 30. Sie können auch vollständig auf Garantien verzichten. Wir sehen, dass die Kunden durchaus bereit sind, chancenorientierter anzulegen. Trotzdem spielen Kapitalgarantien hierzulande weiterhin eine wichtige Rolle. Man muss hierbei aber nicht nur die Garantien der Kapitalseite im Auge behalten, sondern auch die auf der Rentenseite. Nehmen Sie zum Beispiel den Rentenfaktor. Das ist ein Thema, das nicht so stark bewertet wird, aber eine sehr wichtige Rolle spielt.

Sie bieten mit der Vermögenspolice und der Sofort-Rente gleich zwei Einmalbeitragsprodukte? Damit gehen Sie einen anderen Weg als andere Gesellschaften? Warum?

Fauser: In Zeiten von Niedrig-, Null- oder Strafzinsen überlegen sich die Menschen vermehrt, was sie mit ihrem Geld machen. Der Vorteil des Einmalbeitragsgeschäfts liegt in seiner Vielschichtigkeit und Flexibilität. Aktuell sehen wir, dass immer mehr Kapital in das Einmalbeitragsgeschäft in der Lebensversicherung fließt. Wir haben auf die anziehende Nachfrage reagiert und unser Angebot entsprechend erweitert.

Mit der Sofortrente sprechen wir Personen an, die ab sofort eine lebenslange Rente haben wollen und die am Beginn des Rentenalters stehen. Die Vermögenspolice ist dagegen für diejenigen attraktiv, die entweder Geld anlegen oder längerfristig für das Alter vorsorgen wollen. Im Einmalbeitragsmarkt sehen wir als Ergo insgesamt viel Potenzial und werden unseren Marktanteil hier gezielt ausbauen. Ab Juli bieten wir etwa unsere nachhaltige Ergo Eco-Rente Chance ebenfalls als Vermögenspolice gegen Einmalbeitrag an.

Ergo hatte vor wenigen Monaten mit der Eco-Rente Chance ein nachhaltiges Rentenprodukt auf den Markt gebracht. Wie wurde der neue Tarif angenommen?

Fauser: Die Ergo Eco-Rente Chance wurde von unseren Kunden sehr gut angenommen und auch vom Markt positiv bewertet. Das können Sie unter anderem an der Bestnote „Hervorragend“ der Rating-Agentur Franke & Bornberg für das Produkt sehen. Mit der Eco-Rente ergänzen wir unser Angebot an flexiblen Altersvorsorge-Produkten und zeigen, dass sich Nachhaltigkeit und eine renditestarke Altersvorsorge nicht ausschließen. Wir bieten das Produkt über unsere Luxemburger Tochter Ergo Life an.

„Damit verfolgen wir einen einzigartigen Ansatz im deutschen Markt“

Der Tarif ist dreifach nachhaltig gestaltet. Zum einen investieren wir ausschließlich in nachhaltige Fonds. Darüber hinaus ist auch der Deckungsstock nachhaltig. Und zum dritten hat sich die Ergo Life als Unternehmen komplett nachhaltig aufgestellt und agiert in ihrem Geschäftsbetrieb CO2-neutral. Damit verfolgen wir einen einzigartigen Ansatz am deutschen Markt und nehmen eine Vorreiterrolle ein.

Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit im Konzern?

Fauser: Das Thema ist für die gesamte Ergo Group und auch für mich persönlich extrem wichtig. Im Rahmen der Ambition 2025 hat unser Mutterkonzern Munich Re vergangenen Dezember ambitionierte Klimaschutzziele verkündet, um ihren Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaschutzziele zu leisten. Wir bei Ergo wirtschaften im eigenen Betrieb und bei der Anlage von Kapital seit Jahren nachhaltig, etwa durch ein zertifiziertes Umweltmanagement und gezielte Investments in nachhaltige Anlageformen.

Wir handeln hier aus Überzeugung und ich bin davon überzeugt, dass das Thema in Zukunft noch wichtiger sein wird. Gerade für die jüngere Generation und Familien ist Nachhaltigkeit sehr wichtig und sie achten vermehrt auch bei ihrer Altersvorsorge auf nachhaltige Investitionen. Mit unserer Ergo Eco-Rente kommen wir dem Wunsch nach mehr Möglichkeiten der nachhaltigen Geldanlage nach. Übrigens gehört Ergo Life zu den Gründungsmitgliedern der Branchen-Initiative „Nachhaltigkeit in der Lebensversicherung“. Ziel ist es, Wissen rund um das Thema Nachhaltigkeit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und über ESG-Themen zu informieren.

Sie bieten insgesamt 31 Nachhaltigkeitsfonds an. Nach welchen Kriterien werden diese Fonds ausgewählt?

Fauser: Bei der Auswahl orientieren wir uns an den ESG-Kriterien, das heißt, wir berücksichtigen ökologische und soziale Gesichtspunkte sowie Aspekte nachhaltiger Unternehmensführung. Um Anlegern größtmögliche Sicherheit zu bieten, nutzen wir darüber hinaus die Expertise unabhängiger und auf Nachhaltigkeit spezialisierter Ratingagenturen wie FWW Fundservices, Morningstar oder FNG, dem Forum für nachhaltige Geldanlagen.

Diese überprüfen und bewerten regelmäßig die Qualität und Nachhaltigkeit von Investmentfonds. Kunden wie Vermittler können zudem auf der Webseite der Ergo Life genau einsehen, inwieweit wir den ESG-Kriterien genügen. Transparenz ist für uns dabei ein sehr wichtiges Thema.
Am 10. März ist die EU-Transparenzverordnung in Kraft getreten.

Spätestens seit Anfang März kommt kein Vermittler bei der Beratung mehr um das Thema herum. Wie haben Sie Ihre Partner auf das Thema Nachhaltigkeit vorbereitet? Schließlich kommt den Vermittlern hier eine Schlüsselfunktion zu.

Fauser: Wir arbeiten, wie bereits erwähnt, immer eng mit unserem Vertrieb bei der Einführung und Entwicklung neuer Produkte zusammen. Bei der Eco-Rente haben wir zum Beispiel gezielt zum Thema Nachhaltigkeit Schulungen angeboten. Das wurde von den Vertriebspartnern sehr gut angenommen. Das Thema spielt natürlich auch in der Vertriebskommunikation und bei regelmäßigen Schulungen eine bedeutende Rolle. Dort sehen wir, wie engagiert die Kollegen beim Thema Nachhaltigkeit sind.

Wir sehen den Lebensversicherungsmarkt im Umbruch. Wie wird sich Ergo hier künftig aufstellen?

Fauser: Das Lebensversicherungsgeschäft ist für uns als Ergo extrem wichtig. Die Nachfrage nach Lebensversicherungsprodukten wird insgesamt hoch bleiben. Seit der Neuausrichtung vor fünf Jahren haben wir als Ergo im Bereich Leben viel erreicht. Wir sind als moderner Lebensversicherer mit attraktiven und innovativen Produkten hervorragend aufgestellt. Diesen Weg werden wir in Zukunft weitergehen. Nun wollen und werden wir im Leben-Neugeschäft wieder angreifen. Wir werden uns die Marktanteile zurückholen.

Das Interview führte Jörg Droste, Cash.

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