Roundtable: „Man muss dem Vermittler stärker die Chancen der bKV aufzeigen“

Cash. diskutierte mit Eva-Maria Donzelli, Leiterin des Firmen- und Verbandskundengeschäfts bei der Continentale Krankenversicherung, Sascha Marquardt, Leiter Kompetenzcenter Firmenkunden bei der Hallesche Krankenversicherung, und Ellen Ludwig, Geschäftsführerin Ascore Analyse, über Konzepte, Potenzial und Zukunftsperspektiven der bKV.

Wir blicken mittlerweile auf rund zwei Jahre Coronapandemie zurück. Welche Auswirkungen hatte sie auf die betriebliche Krankenversicherung (bKV)?

Marquardt: Rückblickend waren wir sehr erfolgreich. Angesichts der Pandemie hatten wir unsere Sorgen, ob der Vertrieb der bKV funktioniert. Doch wir haben einen deutlichen Zuwachs von über 60 Prozent gemessen an dem Umsatz, den wir im bKV-Geschäft vor zwei Jahren hatten. Insofern sind wir guter Dinge, auch für die Zukunft.

Donzelli: Für die Continentale war es spannend, weil wir mitten in der Pandemie mit der bKV gestartet sind. Wir hatten im Jahr 2020 unser Konzept entwickelt und sind damit im Herbst 2020 an den Markt gegangen. Dabei waren wir überrascht, dass das Produkt trotz der Pandemie einen imposanten Start hingelegt hat. Für das erste Geschäftsjahr sind wir zufrieden, denn es hat sich positiv entwickelt. 

Wir befinden uns immer noch in einer sehr agilen Situation. Lockdowns, Öffnungen, Beschränkungen wechseln sich ab. Wie herausfordernd war und ist es, auf Unternehmen zuzugehen?

Donzelli: Uns kam zugute, dass wir mit den Vermittlern von Anbeginn an über digitale Kommunikationskanäle und spezielle Software-Tools in Kontakt standen: Online-Seminare, Videokonferenzen, E-Signaturen – das komplette digitale Programm, das wir in der privaten Krankenversicherung nutzen, stand uns hier ebenfalls zur Verfügung. Es war natürlich ungünstig, dass keine persönlichen Gespräche möglich waren. Denn gerade im Firmenkundengeschäft ist der persönliche Kontakt und die Beratung vor Ort essenziell. Aber Telefon und Videokonferenz sind hier inzwischen gute Alternativen. Und sie haben sehr geholfen, dass Thema voranzutreiben. 

Marquardt: Wir empfinden es mittlerweile als völlig normal, über die eben erwähnten Kanäle zu kommunizieren und Firmenkunden auch auf diesem Weg von Benefit-Systemen zu überzeugen. Das Interessante ist, dass die Bereitschaft bei den Unternehmen sehr groß ist, sich in digitalen Konferenzen Informationen zielgerichtet abzuholen. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie passt die bKV wie die Faust auf’s Auge, denn es geht um Gesundheit, Gesundheitserhaltung, bessere Versorgung. Und so erleben wir, dass wir immer mehr bKV-Beratungstermine haben.

Frau Ludwig, wie entwickelt sich der bKV-Markt? Welche Tendenzen registriert Ascore?

Ludwig: Wir begleiten die bKV mit unseren Vergleichen und Analysen seit 2015 und registrieren inzwischen ein verändertes Bewusstsein bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Die Pandemie hat außerdem zu einer Sensibilisierung und größerer Akzeptanz geführt. Gleichzeitig sehen wir eine enorme Dynamik bei den Tarifen. Die ersten Angebote waren eher Kopien der klassischen Krankenzusatzversicherungen. Daraus wurden dann Baustein-Tarife, weil sich diese flexibler auf die Bedürfnisse der Arbeitgeber (AG) zuschneiden lassen. Seit zwei Jahren sind nun Budget-Tarife auf dem Markt, die eine zusätzliche Lücke schließen, da sieeinfacher vermittelbar sind. Sie sind einfach, sie sind leicht erklärt und das Budget für Arbeitgebers überschaubar. Sie sind daher auch gut für  kleineren Betriebe geeignet, an die Vermittler so nicht herangekommen sind. Was die relativen Umsatzsteigerungen betrifft, sind die Gesellschaften zwar sehr zufrieden, man muss aber auch sagen, dass wir hier von einem niedrigen Startniveau sprechen. Da ist noch Luft nach oben. 

Sie sprachen es an. Einige Anbieter offerieren Bausteintarife, andere setzen auf Budgettarife. Wohin geht der Markt?

Ludwig: Wie gesagt: In den vergangenen zwei Jahren ist das Angebot an Budgettarifen gestiegen. Ich kenne aber kein Unternehmen, dass ausschließlich Budgettarife offeriert. Es gibt allerdings Gesellschaften, die nur auf Baustein-Lösungen setzen. Ich denke, dass grundsätzlich ein höherer Bedarf an Bausteintarifen besteht, weil es sich hier differenzierter beraten lässt. Zum Beispiel  bieten diese auch die Möglichkeit, einen Tarifbereich durch den AG anzubieten, während weitere durch den Arbeitnehmer finanziert individuell hinzugewählt werden können. Über die Bausteintarife sind die Versicherungsumfänge in den einzelnen Bereichen meist umfangreicher als bei den Budgettarifen daher sind diese auch meist etwas teuerer. Am stärksten nachgefragt werden nach unseren Erkenntnissen Zahnersatz und Zahnvorsorge. Es folgt der ambulante Bereich mit Sehhilfen, Hilfsmitteln und Heilpraktiker-Leistungen. Die geringste Nachfrage in unserem imaginären Ranking sehen wir beim Thema Pflege. 

Eva-Maria Donzelli: „Ein spezialisiertes Vertriebsteam ist tatsächlich der Schlüssel zum Erfolg“

Wie hoch ist denn der Anteil des bKV-Geschäfts am Gesamtumsatz in der PKV, Frau Donzelli, Herr Marquardt?

Donzelli: Wir verfügen über rund 50 Jahre Erfahrung im kollektiven Versicherungsgeschäft, die wir natürlich in das bKV-Geschäft mit einbringen. Prozentuale Angaben ergeben derzeit keinen Sinn, weil wir erst vor 14 Monaten in diesem Marktsegment gestartet sind. Unser bKV-Wachstum ist aber erfreulich und trotz Pandemie stetig. Langfristig sehen wir in der bKV ein sehr großes Marktpotenzial, das wir zusammen mit unseren Partner konsequent ausbauen werden. Die bKV ist für uns, die Continentale, ein strategisches Geschäftsfeld. 

Marquardt: Die Hallesche hat als Teil der ALH Gruppe die bKV bereits 2012 als strategisches Geschäftsfeld definiert. Als privater Krankenversicherer erzielen wir mittlerweile einen erheblichen Anteil des Neugeschäfts in der betrieblichen Krankenversicherung, Tendenz weiterhin steigend. Der Erfolg der Hallesche ist ohne die bKV nicht mehr denkbar. 

Lassen Sie uns über Ihre Konzepte sprechen: Wie gehen Continentale und Hallesche das Thema betriebliche Krankenversicherung an? 

Donzelli: Budgettarife sind derzeit die modernsten Angebote am Markt, weshalb wir mit Concept Choose eine solche Lösung gestaltet haben. Hier können Arbeitgeber zwischen verschiedenen Budget-Höhen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wählen. Das Novum ist der Budget-Retter, den wir derzeit als Einziger im Markt anbieten: Hat ein Arbeitnehmer in einem Jahr keine Leistung in Anspruch genommen, können zehn Prozent des vereinbarten Budgets in das kommende Jahr übertragen werden. Nach fünf Jahren kann sich das Budget um bis zu 50 Prozent und in der Spitze auf bis zu 1.800 Euro erhöhen. Der Budget-Retter ist auch in unser neuestes Angebot integriert, Concept Smile, einer Lösung für den Zahnbereich. Eine attraktive Ergänzung oder Alternative zu den Budget-Angeboten kann der stationäre Bereich sein. Unsere Tariflinie Save ermöglicht mit drei Varianten auch hier eine treffende Absicherung. 

Zudem haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Firmenkunden bei der bKV sehr großen Wert auf eine moderne, unbürokratische Verwaltung legen. Es geht weniger um eine große Produktvielfalt als um einfache, möglichst digitale Prozesse. Darauf haben wir von Beginn an den Fokus gerichtet und das Web-Portal Concorp mit Markteinführung lanciert. Hierüber lassen sich Neuanmeldungen, Nach- und Abmeldungen für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber unkompliziert abbilden. Ein reibungsloser, effizienter Prozess von der Anbahnung über die Beratung bis hin zum Abschluss ist auch für die Vermittler ein ganz wichtiger Punkt. 

Marquardt: Bei der Einführung der ersten bKV-Tarife wurden Einzelversicherungsprodukte mit bKV überschrieben und als Kollektivlösungen angeboten. Da gab es inhaltlich wie tariflich viele Fehlerquellen bei allen bKV-Anbietern. Eine neue und bedarfsorientierte Firmenkunden-Lösung musste erschaffen werden. 2018 haben wir daher die Budget-Tarife Feel Free entwickelt und waren damit die Ersten im Markt. Der Ansatz war einfach und klar: Der Arbeitgeber wählt die jährliche Budgethöhe aus, der Mitarbeiter definiert die Nutzung des Budgets nach seinen individuellen Wünschen und Bedürfnissen. Somit können Arbeitgeber bis heute ein zusätzliches Benefit anbieten, welches für jeden Mitarbeiter einen konkreten Nutzen bringt – und das macht einen Benefit aus Arbeitgebersicht sinnvoll. Doch neben einem guten Produkt und dessen Weiterentwicklung gehört sehr viel mehr dazu. Nämlich die Begleitung des Vertriebspartners und des Firmenkunden über den gesamten Prozess hinweg. Das erfolgt mit den bKV-Experten des Kompetenzcenters Firmenkunden und unserem Firmenportal, das eine unkomplizierte Bestandsverwaltung ermöglicht. 

Das Innovative aus unserer Sicht ist außerdem, dass unser Budget-Tarif Feel Free mit dem Nachhaltigkeits-Testat der Universität Bayreuth ausgezeichnet wurde. Dabei geht es nicht um eine nachhaltige Kapitalanlage. Vielmehr hat die Universität die Wirkungsweise des Tarifs in und auf die Belegschaft untersucht und testiert. Denn unser Budgettarif Feel Free fördert die Nachhaltigkeit und unterstützt das Nachhaltigkeitsziel 3 (SDG 3) zur Sicherstellung gesunden Lebens und Förderung des Wohlergehens in allen Altersgruppen. Das ist ein wesentlicher Aspekt, mit dem wir in der Beratung sehr häufig punkten können. Durch die Einführung des bKV-Tarifes kann ein Unternehmen damit ein weiteres Nachhaltigkeitsziel als erfüllt nachweisen 

Seite 2: Welche Firmen ein bKV abschließen

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