Deutsche Bank flirtet mit Axel Springer

In den vergangenen Tagen war die Berichterstattung über die Deutsche Bank sehr intensiv. Eine bedeutende Meldung wurde von den Börsianern hingegen kaum wahrgenommen. Der Rademacher-Kommentar

Tim Rademacher fordert noch mehr Investionen in Innovationen von der Deutschen Bank.
Tim Rademacher fordert noch mehr Investionen in Innovationen von der Deutschen Bank.

Am Montag wurde veröffentlicht, dass das größte Deutsche Finanzinstitut gemeinsam mit dem Axel Springer Verlag, künftig gemeinsam junge Unternehmen aus der Banken- und Versicherungsbranche fördern will. Dies ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Gewinn für beide Parteien, da sich die Kompetenzen der Berliner und der Frankfurter gut ergänzen. Zum einen verfügen die Hessen ein umfangreiches Know-how in der Finanzindustrie. Die Hauptstädter sind im Gegenzug im Bereich der Startup-Entwicklung sehr kompetent und können auf eine umfangreiche Expertise im digitalen Geschäft zurückgreifen.

Aus dieser Initiative könnte langfristig ein nicht zu unterschätzendes Standbein für die Deutsche Bank entstehen, die bereits jetzt mit anderen Fintechs kooperiert. Branchenkennern zufolge planen die Frankfurter zudem, bis zum Jahr 2020 immerhin 750 Millionen Euro in diese Branche zu investieren. Des Weiteren dürfte das eigene Bankgeschäft mittelfristig zunehmend digitalisiert werden, um den aktuellen Trends in der Finanzdienstleistungsbranche gerecht zu werden.

Mehr Investitionen erforderlich

Ob diese Initiativen ausreichend sind, um langfristig die Aktie der Deutschen Bank auf die Erfolgsspur zurückzuführen ist aber zum jetzigen Zeitpunkt keinesfalls gewiss. Eigentlich müsste der Deutsche Bank Chef John Cryan, der seit Juli 2015 im Amt ist, wesentlich mehr Gelder in die Hand nehmen, damit das Institut noch schneller hin zur Online-Bank transformiert wird. Der Partner Axel Springer, hat es immerhin geschafft, den Anteil der digitalen Umsatzerlöse auf gut 66 Prozent der Gesamteinnahmen zu steigern. Damit sind die Berliner, die ebenfalls aus einer schwierigen Branche kommen, relativ aussichtsreich für die Zukunft positioniert.

Bei der Deutschen Bank ist der Weg hin zu einem Konzern, der deutlich umfangreicher auf Fintech-Dienstleistungen setzt, allerdings steinig. Insgesamt gilt die Deutsche Bank eher als schwerer Tanker im vergleich zu den kleinen Startups, die eher als wendige Schnellboote agieren. Zudem ist bei jungen Firmen, die Belegschaft, die nicht selten direkt von der Universität kommt, flexibler, kreativer und auch gemessen am Lohnniveau massiv günstiger als der klassische Banker aus Frankfurt.

Altlasten drücken noch

CEO John Cryan hat deshalb einige wichtige Maßnahmen eingeleitet, um den Dax-Konzern wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Allerdings sind viele Altlasten zu bereinigen. Alleine die jüngste Strafandrohung über 14 Milliarden US-Dollar aus den USA stellt ein gravierendes Problem dar. Zwar dürfte diese Summe reduziert werden. Allerdings werden sehr wahrscheinlich weitere juristische Belastungen auf die Gesellschaft zukommen, weshalb der Spielraum für Zukunftsinvestitionen äußerst gering ist.

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An der Börse sind die Anleger für die Deutsche Bank jedenfalls immer noch pessimistisch eingestellt. So notiert die Aktie derzeit nur ganz knapp über ihrem historischen Tief. Seit dem Amtsantritt von Cryan vor knapp 15 Monaten hat das Papier rund 65 Prozent an Wert verloren. Eine ernsthafte Bodenbildung vollzog der Titel des einstigen deutschen Vorzeigeunternehmens bislang keineswegs.

Tim Rademacher ist leitender Redakteur im Bereich Investmentfonds bei Cash. und analysiert die Geschehnisse am Kapitalmarkt direkt vom Finanzplatz Frankfurt aus.

Foto: Dirk Beichert

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