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Alternative Investments: Die neue Anlageklasse für die Vorsorge

Foto: IVFP
Michael Staffe: "Die Produktlandschaft der Lebensversicherung ist um eine Facette reicher."

Klassische Lebensversicherungen mit Garantiezins verlieren an Bedeutung. Stattdessen rücken fondsgebundene Produkte und Alternative Investments stärker in den Fokus. Eine aktuelle Studie des IVFP zeigt, welche Chancen der Versicherungsmantel für diese Anlageklasse eröffnet. Von Michael Staffe

Die Produktlandschaft der Lebensversicherung hat in den vergangenen Jahrzehnten einen grundlegenden Strukturwandel durchlaufen. Klassische Policen mit festen Garantiezinsen dominierten lange Zeit die Altersvorsorge in Deutschland. Sie boten Sicherheit und planbare Leistungen, gerieten jedoch durch die anhaltende Niedrig- und Negativzinsphase zunehmend unter Druck. In der Folge gewannen fondsgebundene Lebensversicherungen sowie Hybridprodukte – eine Kombination aus Garantie- und Fondsanlage – an Bedeutung.

Seit 2007 ergänzen Indexpolicen das Angebot, konnten sich aber im aktuellen Marktumfeld nur bedingt behaupten. Der aktuelle Trend geht klar zu Policen mit reduzierten oder gänzlich entfallenen Garantien. Der langfristige Anlageerfolg hängt dabei maßgeblich von einer durchdachten und leistungsfähigen Fondsauswahl ab – und zunehmend auch vom gezielten Einsatz Alternativer Investments. Einen umfassenden Marktüberblick über die Integration solcher Investments im Versicherungsmantel bietet eine aktuelle IVFP-Studie .

Alternative Investments

Alternative Investments umfassen Kapitalanlagen außerhalb der klassischen Anlageklassen wie börsennotierter Aktien, Anleihen und Geldmarktinstrumente. Eine einheitliche Definition existiert nicht, doch typische Merkmale sind die eingeschränkte Handelbarkeit (Illiquidität), die Bewertung anhand von Modellrechnungen sowie hohe Mindestanlagesummen. Die Ertragsquellen sind häufig operativer Natur wie z.B. Mieteinnahmen oder Infrastrukturgebühren. Die Anlage bedarf zudem eines sehr speziellen Know-hows. Es wird zwischen folgenden Arten von Alternative Investments unterschieden:

  • Private Equity: Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen, mit dem Ziel von Wertsteigerungen und Exits.
  • Private Debt: Nicht-öffentliche Fremdkapitalfinanzierungen.
  • Immobilien: Direktinvestitionen oder Fonds, besonders im Gewerbe- und Logistikbereich.
  • Infrastruktur: Beteiligungen an Stromnetzen, Verkehrswegen, Versorgungsstrukturen.
  • Erneuerbare Energien: Windparks, Solar- und Biomasseprojekte mit langfristigen Einspeisevergütungen.

Während institutionelle Investoren wie Versicherer oder Pensionskassen seit Jahrzehnten in diesem Segment aktiv sind, gewinnen Alternative Investments auch für private Anleger an Relevanz – vor allem über regulierte Vehikel wie ELTIFs (European Long-Term Investment Funds).

ELTIF – der regulierte Zugang zu Alternativen Investments

Ein ELTIF ist ein europäischer Fonds, die darauf abzielt, langfristige Investitionen in Alternative Anlageklassen wie Infrastruktur, Immobilien und nicht börsennotierte Unternehmen zu fördern. Ziel ist es, sowohl institutionellen als auch privaten Anlegern Zugang zu diesen Märkten zu ermöglichen. Während unter der ursprünglichen ELTIF-Verordnung nur geschlossene ELTIFs – können nur zum Ende der Laufzeit liquidiert werden – möglich waren, können mit Einführung der ELTIF 2.0-Regulierung seit Januar 2024 auch Fonds mit periodischer Rückgabemöglichkeit und ohne Mindestanlagesummen aufgesetzt werden, wodurch dieses Anlagevehikel auch für die Altersvorsorge interessant wird.

Im Fokus: Liquidität und Kosten

Alternative Investments sind darauf ausgerichtet, Kapital langfristig in Projekte mit gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Nutzen zu investieren – etwa in erneuerbare Energien oder Infrastruktur. Diese Anlageform bringt jedoch einige Besonderheiten mit sich, die Anleger kennen sollten.

Ein zentrales Merkmal von Alternative Investments ist die eingeschränkte Liquidität. Das investierte Kapital ist in der Regel für viele Jahre gebunden. Anders als bei Aktienfonds gibt es keine tägliche Rückgabemöglichkeit. Manche ELTIFs bzw. Alternative Investment Fonds (AIFs) erlauben Rückgaben lediglich zu festgelegten Terminen, etwa quartalsweise oder jährlich, und auch nur dann, wenn ausreichend Liquidität vorhanden ist. Zudem ist diese Rückgabe häufig an eine Mindesthaltedauer gebunden oder auf ein bestimmtes Volumen begrenzt. Da die zugrunde liegenden Projekte illiquide sind, muss das Fondsmanagement einen gewissen Liquiditätspuffer halten, um Rückgabewünsche bedienen zu können. Dieser Sicherheitsbestand schmälert jedoch potenziell die Rendite, da nicht das gesamte Kapital investiert werden kann – Liquidität hat also ihren Preis.


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Auch bei den Kosten weisen Alternative Investments Besonderheiten auf. Illiquide Anlagen erfordern einen deutlich höheren Verwaltungsaufwand als börsengehandelte Wertpapiere. Vor einer Investition sind aufwendige Prüfungen notwendig, gefolgt von Vertragsverhandlungen, laufendem Projektmanagement und regelmäßigen Bewertungen der Anlageobjekte. Während Aktien einfach über den Markt gekauft oder verkauft werden können, ist das Management alternativer Anlagen deutlich komplexer und zeitintensiver. Hinzu kommt eine oft mehrschichtige Gebührenstruktur. Neben den genannten Direktinvestitionen investieren ELTIFs beziehungsweise AIFs häufig in andere Fonds, die wiederum eigene Verwaltungs- und Performancegebühren erheben.

Diese sogenannten Zielfondskosten sind nicht immer vollständig in der ausgewiesenen Gesamtkostenquote (TER) enthalten. Anders als UCITS-Fonds, die einer standardisierten Kostendarstellung unterliegen, sind die Offenlegungspflichten bei ELTIFs beziehungsweise AIFs komplexer und teilweise weniger transparent. Die relevanten Kostenangaben sind häufig auf mehrere Dokumente verteilt, was die Übersicht erschwert. Für Anleger bedeutet das, dass sie die Unterlagen besonders sorgfältig prüfen müssen, um ein vollständiges Verständnis der tatsächlichen Kostenbelastung zu gewinnen.

Zugang zu Alternativen Investments

Der Zugang zu Alternativen Investments kann auf zwei Wegen erfolgen: direkt, etwa über einen ELTIF, oder indirekt über den Versicherungsmantel. Bei Direktinvestments wie ELTIFs sind die Einstiegshürden nach wie vor hoch – ein Mindestanlagebetrag von rund 10.000 Euro ist in der Regel erforderlich. Seit Inkrafttreten der neuen ELTIF-Verordnung hat der Markt jedoch spürbar an Dynamik gewonnen: Allein im Jahr 2024 wurden in Europa 55 neue ELTIFs aufgelegt, was Investoren heute eine deutlich größere Auswahl bietet.

Beim Zugang über Versicherer war in Deutschland die Bayerische 2017 mit ihrem Pangaea Life Fonds Vorreiter. Dieses Modell ermöglicht es Anlegern, auch mit regelmäßigen Beiträgen in nachhaltige Sachwerte zu investieren. Damit öffnete sich der Markt für eine breitere Anlegerschicht. Besonders interessant: Versicherungsunternehmen bringen jahrzehntelange Erfahrung mit Alternativen Investments mit. Im Sicherungsvermögen setzen sie seit langem auf Anlageklassen wie Immobilien oder Infrastruktur. Dieses Know-how kommt nun auch privaten Anlegern zugute. Hinzu kommen die steuerlichen Vorteile einer Lebens- oder Rentenversicherung, da Erträge innerhalb der Police steuerlich begünstigt sind.

Marktüberblick – ausgewählte Anbieter

Mehrere Versicherer bieten inzwischen Policen an, die einen Zugang zu alternativen Investments ermöglichen. In der Art und Weise der Beteiligung gibt es jedoch zum Teil deutliche Unterschiede. Die Allianz hat mit der PrivateFinancePolice und der PrivateMarketPolice gleich zwei Produkte im Angebot, die über ein Referenzportfolio beziehungsweise interne Fonds Zugang zu bereits bestehenden alternativen Anlagen eröffnen.

Die Bayerische setzt mit ihrem Produkt Blue Invest auf nachhaltige Sachwerte, wobei der Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien und Immobilien liegt. Die Württembergische bietet in ihrer privaten Rentenversicherung einen Alternativen Investmentfonds (AIF), der Private Equity, Private Debt, Immobilien und Infrastruktur miteinander kombiniert. Swiss Life hat mit der Privado Police derzeit die einzige Police auf dem Markt, die in einen ELTIF investiert und damit gezielt Infrastrukturprojekte finanziert. Generali schließlich ermöglicht Investitionen in zwei AIFs mit den Schwerpunkten Infrastruktur und Private Debt.

Was macht Alternative Investments für Privatanleger attraktiv?

Alternative Investments erweitern das Renditespektrum und bieten Anlegern Zugang zu exklusiven Projekten – etwa in den Bereichen Infrastruktur, Private Equity oder erneuerbare Energien –, die ohne spezielle Anlagevehikel für Privatanleger meist nicht erreichbar wären. Häufig locken sie mit höheren Renditechancen als klassische Anlageformen wie Anleihen oder börsennotierte Aktien. Ihr besonderer Reiz liegt jedoch in der meist geringen Korrelation zu traditionellen Märkten: Dadurch können Alternative Investments das Risiko im Portfolio senken und gleichzeitig die Ertragschancen steigern.

Neben Aktien und Anleihen tragen sie so entscheidend zu einer ausgewogenen Anlagestruktur bei. Gerade für Rentenversicherungen mit langen Ansparphasen sind Alternative Investments eine sinnvolle Ergänzung, da sie das Potenzial haben, über viele Jahre stabile Erträge zu erwirtschaften. Auch im Bereich der Vermögensnachfolge bieten Policen mit Alternativen Investments interessante Gestaltungsmöglichkeiten. Schon heute steht Anlegern dafür eine beachtliche Auswahl an Produkten zur Verfügung, die unterschiedliche Bedürfnisse und Strategien abdecken. Die Produktlandschaft der Lebensversicherung ist um eine Facette reicher.

Autor Michael Staffe ist Aktuar (DAV) im Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP)

Seite 2: Diese Versicherer bieten ELTIF an

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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