Die deutsche Vermittlerschaft hat beim 21. Spitzentreffen in Bonn weitreichende Reformen der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge gefordert. Vertreter des Arbeitskreises Vertretervereinigungen der Deutschen Assekuranz (AVV), des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) sowie zahlreicher Vermittlervereinigungen mahnten in ihrer „Bonner Erklärung“ eine generationengerechte und praxistaugliche Neuordnung der Altersvorsorge an.
Nach Auffassung der Vermittler müsse die gesetzliche Rentenversicherung so weiterentwickelt werden, dass die finanzielle Belastung künftiger Generationen begrenzt bleibt. Dabei sei eine ausgewogene Kombination aus moderater Anhebung des Renteneintrittsalters, einer Anpassung der Beitragssätze und einer Überprüfung der Rentenhöhe notwendig. Ziel sei es, die Stabilität des Systems zu sichern, ohne Beitrags- und Steuerzahler übermäßig zu belasten.
Auch die betriebliche Altersvorsorge (bAV) steht nach Einschätzung der Teilnehmer vor einem Reformbedarf. Zwar gehe der aktuelle Referentenentwurf zum Betriebsrentenstärkungsgesetz mit der Öffnung des Sozialpartnermodells, der Einführung von Opt-out-Regelungen und einer verbesserten Förderung von Geringverdienern in die richtige Richtung. Dennoch bleibe die bAV für viele kleine und mittlere Unternehmen zu kompliziert und mit rechtlichen Unsicherheiten behaftet.
Die Vermittler fordern eine einfachere und praxistauglichere Ausgestaltung, damit mehr Beschäftigte von Betriebsrenten profitieren können. Nur durch eine deutliche Vereinfachung könne die bAV ihr Potenzial als zweite Säule der Altersvorsorge voll entfalten.
Auch die private Altersvorsorge soll nach dem Willen der Vermittlerschaft grundlegend überarbeitet werden. Insbesondere bei der Riester-Rente bestehe Handlungsbedarf. Gefordert werden weniger Bürokratie, mehr Flexibilität bei Garantien und eine Erweiterung des förderfähigen Personenkreises. Diese Punkte stehen seit Jahren auf der Agenda der Branche, wurden aber bislang nicht umgesetzt.
Gleiche Regeln für Finfluencer gefordert
Zunehmend kritisch sehen die Vermittler den Einfluss sogenannter Finfluencer. Wenn diese in sozialen Medien Versicherungsprodukte empfehlen oder gar zum Abschluss animieren, handele es sich faktisch um Versicherungsvertrieb. Daher müssten auch für sie die gleichen rechtlichen und regulatorischen Vorgaben gelten wie für zugelassene Vermittler. Nur so lasse sich ein fairer Wettbewerb sicherstellen.
Die Vermittlerschaft betont, dass der persönliche, fachlich fundierte Rat durch qualifizierte Berater nicht durch algorithmisch gesteuerte oder werbliche Empfehlungen in sozialen Netzwerken ersetzt werden könne. Es brauche klare Abgrenzungen und einheitliche Wettbewerbsbedingungen.
Bürokratieabbau als zentrale Forderung
Ein weiterer Schwerpunkt der „Bonner Erklärung“ ist der Abbau übermäßiger Bürokratie. Die Vermittler verweisen auf den steigenden Aufwand durch Datenschutzvorgaben, ESG-Berichtspflichten und Produkthaftungsregeln. Diese Vorgaben träfen vor allem kleinere Vermittlungsbetriebe und gefährdeten die persönliche Kundenberatung.
Statt immer neuer Regulierungen sei eine Überprüfung bestehender Vorschriften erforderlich, um Doppelbelastungen zu vermeiden. Neue Regelwerke sollten erst beschlossen werden, wenn die Auswirkungen der bisherigen Regulierung geprüft seien – insbesondere mit Blick auf europäische Initiativen wie die EU-Kleinanlegerstrategie (RIS) und die Financial Data Access Regulation (Fida).