Bevölkerung zeigt klare Präferenzen im Rentenstreit

Michael Heuser
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Michael Heuser, wissenschaftlicher Leiter des Diva

Die Rentenfrage sorgt weiter für politische Spannungen, doch ein Blick in die Bevölkerung zeigt ein differenziertes Bild. Eine aktuelle Diva-Umfrage offenbart, welche Maßnahmen Zustimmung finden und wo klare Grenzen verlaufen.

In der politischen Debatte über das künftige Rentenniveau bleibt eine Einigung zwischen Bundesregierung und Junge Union vorerst aus. Während die Junge Union auf einer Festschreibung von 48 Prozent über das Jahr 2030 hinaus besteht, droht bei einem Scheitern der Verhandlungen das gesamte Rentenpaket zu wackeln. Dazu zählen Frühstartrente und Riester-Reform. Angesichts des wachsenden Reformdrucks hat das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (Diva) 2.000 Bürgerinnen und Bürger befragt, welche Maßnahmen sie für geeignet halten, das demografisch bedingte Defizit in der gesetzlichen Rente zu verringern.

Auffällig ist die breite Zustimmung für eine kapitalgedeckte Ergänzung innerhalb der gesetzlichen Rente. Eine abgewandelte Form des zuvor diskutierten Generationenkapitals erhält mit 34 Prozent den höchsten Zuspruch. Die Idee: staatliche Mittel in dreistelliger Milliardenhöhe am Kapitalmarkt anlegen und Erträge zur Stabilisierung der Rentenfinanzierung verwenden. Ungeklärt bleibt allerdings die Frage nach der Herkunft dieser Mittel. Dennoch spricht das Ergebnis für ein gewachsenes Vertrauen in aktienbasierte Anlagen, das sich inzwischen auch auf die Altersvorsorge überträgt. Der halbjährlich erhobene Geldanlage-Index des Instituts unterstreicht diese Entwicklung.

Neben der Kapitaldeckung erreicht ein höherer Bundeszuschuss Zustimmungswerte zwischen 19,6 und 31,4 Prozent. Besonders gefragt ist eine Finanzierung durch Einsparungen bei anderen staatlichen Ausgaben, die 31,4 Prozent der Befragten befürworten. Etwas weniger Unterstützung finden zusätzliche Staatsschulden und Steuererhöhungen. Die Antworten zeigen: Sobald eine Maßnahme spürbar ins eigene Portemonnaie greift, sinkt die Akzeptanz deutlich. Eine Verteilung der Kosten über den Staatshaushalt wird dagegen eher mitgetragen.


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Eine Aktivrente, also steuerbegünstigtes Weiterarbeiten über das reguläre Rentenalter hinaus, findet bei 28,6 Prozent Zustimmung. Aus ökonomischer Sicht wäre die Entlastungswirkung für die Rentenkasse zwar gering, da zusätzlichen Beiträgen höhere Rentenansprüche gegenüberstehen. Für die Betroffenen kann sich die finanzielle Situation jedoch deutlich verbessern, da Erwerbseinkommen und Altersrente parallel fließen. Der Begriff „Aktivrente“ sei allerdings irreführend, da es sich um Einkommen und nicht um Rentenzahlungen handelt. Gleichzeitig könnte längeres Arbeiten punktuell den Arbeitsmarkt stabilisieren, wenn erfahrene Beschäftigte länger im Unternehmen bleiben.

Wenig Bereitschaft besteht hingegen für Maßnahmen, die direkt an bestehenden Sicherungsniveaus oder Altersgrenzen ansetzen. Die Abschaffung der abschlagsfreien Rente ab 63 Jahren unterstützen 18,1 Prozent. Eine langfristige Absenkung des Rentenniveaus befürworten 15,9 Prozent, eine Anhebung des Renteneintrittsalters über 67 Jahre hinaus lediglich 11,4 Prozent. Die Ergebnisse unterstreichen die politische Sensibilität dieser Eingriffe.

Insgesamt spiegeln die Präferenzen der Befragten die Haltung der Bundesregierung wider. „Politik orientiert sich an potentiellen Wählerstimmen und an Mehrheiten. Das Festhalten der Bundesregierung am Rentenniveau, am Renteneintrittsalter und an der abschlagsfreien Rente spiegelt insoweit exakt die Befragungsergebnisse wider, auch wenn die Abstände zu den anderen Maßnahmen nicht exorbitant groß sind“, so Prof. Dr. Michael Heuser, wissenschaftlicher Direktor des Instituts. Er ergänzt: „Die Bezeichnung ‚Reform‘ hat das dann aber nicht verdient, wohl eher die eines ‚Weiter wie bisher‘. Und dabei sind sich alle Fachleute und offensichtlich mit der Jungen Union auch eine ganze Reihe von Politikern einig, dass Reformen notwendig sind. Dass es ausgerechnet die jungen Politiker sind, die aufbegehren, liegt in der Natur der Sache. Denn die werden eines Tages das politische Erbe nicht einfach ausschlagen können, sondern am Ende diejenigen sein, die der Bevölkerung mehr zumuten müssen, nicht nur, wenn es um die Rente geht.“

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