Trendthema bKV: Der Bewusstseinsmacher

Doch welche Firmen schließen vorrangig eine bKV ab? „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass kleinere und mittlere Unternehmen als erste die bKV für sich entdeckt hatten, um ihren Mitarbeitenden sofort erlebbare Personalzusatzleistungen zu bieten“, erklärt Klingspor. Das ist nachvollziehbar, auch weil der Fachkräftemangel gerade das Herz der deutschen Wirtschaft besonders stark zu treffen droht. Inzwischen interessieren sich auch große Konzerne und Unternehmen stark für die bKV. Bestätigt wird die Einschätzung von Axa CEB-Leiter Krummet. „Nachdem wir in den ersten Jahren der bKV am Markt eine tendenziell höhere Nachfrage auf Seiten der kleinen und mittleren Unternehmen beobachten konnten, beschäftigen sich seit längerem auch vermehrt größere Firmen mit den Vorteilen der bKV. Auch sie suchen für ihre Mitarbeitenden nach neuen attraktiven Benefits, die direkt erlebbar sind.“

Bei der Gothaer Krankenversicherung waren, wie bei der Allianz, in den vergangenen zwei Jahren vor allem eher kleinere und mittelständische Unternehmen – klassische Kapitalanlagegesellschaften – die sich für die bKV interessiert haben. „Häufig handelt es sich hierbei um inhabergeführte Unternehmen, bei denen eine enge Beziehung zwischen Entscheidern und Mitarbeitenden besteht“, sagt Dr. Sylvia Eichelberg, Vorstandsvorsitzende der Gothaer Krankenversicherung. Im vergangenen Jahr habe dann auch die Nachfrage von größeren Unternehmen deutlich zugenommen.

Dr. Sylvia Eichelberg, Gothaer Krankenversicherung, sieht vor allem inhabergeführte Unternehmen als Nachfrager.

Andere Erfahrungen macht der Finanzdienstleister MLP: „Die bKV ist vor allem für kleinere und mittlere Firmen interessant. Größere haben häufig ein eigenes betriebliches Gesundheitsmanagement, über das sie viele Gesundheitsleistungen für ihre Belegschaft bieten“, sagt Ralf Raube, Bereichsvorstand des Geschäftsbereichs TPC Betriebliche Vorsorge bei MLP. Gerade für kleine und mittlere Firmen sei die bKV eine Lösung, um die Mitarbeitergesundheit zu adressieren. „Vor allem Budgettarife sind gefragt, weil der Arbeitgeber hier keine Vorauswahl bei der Leistung treffen muss“, sagt Raube.

Derzeit gibt es rund 15 bKV-Anbieter im Markt. Die steigende Nachfrage hat auch Folgen für das Produktangebot: „Wir sehen eine enorme Dynamik bei den Tarifen“, erklärt Ellen Ludwig, Geschäftsführerin von Ascore Analyse in Hamburg. Die ersten Angebote seien eher Kopien der klassischen Krankenzusatzversicherungen gewesen. Daraus seien dann Baustein-Tarife geworden, die sich flexibler auf die Bedürfnisse der Arbeitgeber zuschneiden ließen. „Seit zwei Jahren sind nun Budgettarife auf dem Markt, die eine zusätzliche Lücke schließen, da sie einfacher vermittelbar sind. Sie sind einfach, sie sind leicht erklärt und das Budget ist für Arbeitgeber überschaubar. Sie sind auch gut für kleinere Betriebe geeignet, an die Vermittler so nicht herankommen“, sagt Ludwig und bestätigt damit die Einschätzungen von Raube.

Er sieht derzeit einen klaren Trend hin zu Budgettarifen. Sie stehen in vielen Anfragen auf der Wunschliste häufig ganz oben, ergänzt Christine Schönteich, Mitglied der Geschäftsleitung bei Fonds Finanz. „Sie sind einfach zu erklären und einfach zu verstehen – sowohl für die Vermittler, Firmenentscheider als aus Arbeitnehmer. Aber die bKV kann auch mit Kombi- und Bausteintarifen punkten.“ Schönteich geht davon aus, dass viele Gesellschaften letztlich aber alle Bereiche wie Budget-, Kombi- und klassische Bausteintarife abdecken würden.

„Die Budgettarife haben sich bei Firmenkunden bereits als ideale Einsteigertarife etabliert – sie treffen einfach den Nerv der Zeit. Zudem ist die sinnvolle Ergänzung von weiteren Leistungen durch die vorhandenen Bausteine bereits schon heute möglich. Das haben wir beispielsweise bei unserer Produktkonzeption im vergangenen Jahr berücksichtigt“, erklärt Axa CEB-Leiter Krummet. „So war es für uns bereits zum Verkaufsstart wichtig, dass auch Trendthemen eingeschlossen sind und Kosten für Naturheilverfahren durch Ärzte, operative Sehschärfenkorrekturen oder auch Zahnaufhellungen sowie Therapien mit transparenten Zahnschienen erstattet werden.“ Neben den klassischen Versicherungsleistungen seien auch innovative Services gefragt. Krummet zeigt sich davon überzeugt, dass gerade ein breites Angebot an Produkten ideal ist, um die jeweils passende Lösung zu bieten. „So interessieren sich einige Unternehmen ausschließlich für das Konzept des Budgettarifs, andere wollen gerne das Gesundheitsbudget noch um weitere Leistungen ergänzen – wie zum Beispiel einer erstklassigen Zusatzleistung im Krankenhaus. Und wieder andere wollen ihren Führungskräften einen Privatpatientenstatus gewähren und damit etwas außergewöhnliches bieten. Für all diese Angebote haben wir mit unserem Produktportfolio das passende Angebot“, sagt der Axa-Mann.

Dr. Frederick Krummet, Axa: „Kunden und Vertriebspartner entscheiden selbst, wie digital sieunterwegs sein wollen.“

Die betriebliche Krankenversicherung hat enormes Potenzial. Ohne Zweifel. Doch die Ansprechpartner für den Vertrieb sitzen in den Unternehmen. „Die vertriebliche Herausforderung ist das breite Themenspektrum, mit dem sich ein Berater auskennen muss, wenn er Firmen in der betrieblichen Vorsorge betreut. Es geht nicht nur darum, das Produkt zu kennen und vorzustellen“, sagt Raube. „Es geht um steuerrechtliche Fragen, Arbeitsrecht, um Datenschutz oder rechtssichere Versorgungsverordnungen. Es geht aber auch um Themen wie Nachhaltigkeit, Human Ressources-Trends oder Digitalisierung. Hier müssen die Kollegen mit vielen Verantwortlichen sprechen und gute Antworten und Tipps liefern können. Im Zweifelsfalle wollen die Verantwortlichen elf Antworten auf zehn Fragen“, sekundiert Sascha Marquardt, Leiter des Kompetenzcenter Firmenkunden bei der Hallesche Krankenversicherung im bKV-Expertengespräch „Cash. Extra Betriebliche Krankenversicherung“ die Herausforderungen des Vertriebs bei der bKV-Beratung. Hierfür brauche es Menschen mit hoher Fachexpertise.

Nach Marquardts Aussagen sind es neben den großen Pools bislang eher Industriemakler, bAV-Makler und spezialisierte bKV-Vermittler, die über viele Kanäle ihre Kunden ansprechen. Nach Ansicht von Ascore-Geschäftsführerin Ludwig fehlt derzeit ein Vertrieb, der die betriebliche Krankenversicherung von der Pike auf kennt und das Wissen um die Vorzüge und Vorteile im Schlaf abrufen kann. Das Gros des Vertriebs schlage allerdings immer noch einen Bogen um den Wachstumsmarkt bKV. „Wir sehen über den Ascore-Navigator, dass sich gerade sehr auf die bKV spezialisierte Vermittler mit dem Thema auseinandersetzen. Bei den Softfair-Programmen registrieren wir hingegen eine sehr breite Streuung. Dort ist es so, dass die bKV vielen Vermittlern gar nicht auffällt. Viele klicken den bKV-Vergleich gar nicht an. Nur zwei Prozent unserer User nutzen die Tools wirklich, 98 Prozent hingegen nicht.“

Bislang hätten eher wenige Vermittler den Markt für sich erschlossen, sagt APKV-Vorstandsvorsitzende Klingspor. „Aus Gesprächen wissen wir, dass das Thema für Vertriebe oft noch neu ist und nicht jedem fällt die Ansprache der Firmenkunden mit den passenden Argumenten leicht.“ Klingspor bestätigt damit Marquardts und Ludwigs Einschätzungen. „Die Herausforderung liegt nicht darin, Überzeugungsarbeit für ein offensichtlich attraktives Vorsorgeangebot zu leisten – sondern in der Umsetzung, die bei jedem Unternehmen individuell erfolgt und sich an den betrieblichen Belangen und komplexen äußeren Rahmenbedingungen orientieren muss“, ergänzt MLP-Mann Raube. Die vertriebliche Herausforderung sei, so Raube, das breite Themenspektrum, mit dem sich jeder Berater auskennen müsse, wenn er Firmen in der betrieblichen Vorsorge betreut.

„Die Herausforderung liegt in dem breiten Themenspektru, mit dem sich jeder Berater auskennen muss“

Ludwig vermutet, dass viele Vermittler ob der fehlenden Sattelfestigkeit bei der bKV eher auf spezialisierte Vermittler zugehen und diese um Unterstützung bitten. Oder sich direkt an die Versicherer wenden. So hat etwa die Hallesche in ihrem Kompetenzcenter Firmenkunden ein 16-Köpfe starkes hochspezialisiertes Team zusammengestellt, das ausschließlich auf das Geschäftsfeld bKV ausgerichtet ist und die Maklerinnen und Makler bei den Firmen begleitet. Auch die Gothaer bietet Hilfestellungen für den Vertrieb. „Die Gothaer schult die bKV intensiv und stellt entsprechendes Verkaufsfördermaterial inklusive Erklärfilmen zur bKV zu Verfügung. Darüber hinaus bieten wir an, bei Bedarf die Vermittler auch beim Firmenkundenbesuch durch Fachspezialisten zu begleiten“, sagt Eichelberg.

Allianz-PKV-CEO Klingspor sieht die Herausforderung darin, den größten Druckpunkt für das passende Produkt beim Arbeitgeberzu suchen: „Hat er eher Schwierigkeiten, junge Menschen zu finden, um sie auszubilden? Oder geht es darum, Fachkräfte langfristig an das Unternehmen zu binden? Und will er die Arbeitsmotivation fördern oder einer steigenden Zahl an Krankentagen der Mitarbeitenden entgegenwirken?“ Sei das geklärt, gehe es in die entscheidende Phase. Dabei begleite man die Vermittler von der ersten Ansprache über den Abschlusst bis hin zur Information der Belegschaft. All das ist auch online möglich, erklärt Klingspor den Ansatz des bkV-Marktführers.
Der Zugriff auf die analoge begleitende Fachkompetenz ist aber nur der eine Aspekt. Eine ebenso wichtiger Erfolgstreiber ist die digitale Unterstützung. „Der bKV-Markt wird aber auch über digitale Prozesse erschlossen. Wenn digitale Schnittstellen vorhanden sind, werden sie auch genutzt“, weiß Schönteich.

Dazu gehörten gute Firmenportale, ein durchdachtes Berechtigungskonzept, in dem auch Vermittler Zugriffs- und Einblick-Rechte erhielten sowie Auswertungsmöglichkeiten für Vermittler und Firmen, um das interne Marketing anzukurbeln. „Das beschleunigt die Prozesse und trägt zur Effizienz der Makler bei“, so die Vertriebsexpertin. Zustimmung kommt von Axa CEB-Leiter Krummet. Digitale Lösungen ermöglichten grundsätzlich ein einfaches Handling für alle Beteiligten. Aber: „Letzten Endes entscheiden die Kunden und Vertriebspartner selbst, wie digital sie unterwegs sein wollen. Als Versicherer gehen wir dabei jeden Weg mit.“

Von Jörg Droste, Cash.

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