EZB und FED – ein letzter Zinsschritt im Juli?

Schraubenschlüssel dreht an der Zinsschraube.
Foto: PantherMedia/Pictograph
Quo vadis Zentralbanken?

Am 26. und am 27. Juli finden die letzten Notenbanksitzungen der Federal Reserve (Fed) und der Europäischen Zentralbank (EZB) vor der Sommerpause statt. Volker Schmidt, Senior Portfolio Manager bei Ethenea Independent Investors S.A. evaluiert, ob die Währungshüter im Juli eine letzte Zinserhöhung vornehmen werden und ob es danach zu einer Pause bis zum Jahresende kommt.

Die EZB hat angekündigt, die Zinsen im Juli erneut um 25 Basispunkte anzuheben, was den Einlagenzins auf 3,75 Prozent erhöht. Da im August keine planmäßige Sitzung stattfinden wird, richtet sich der Fokus nun auf den Ausblick für den September. Dann wird die EZB mit dem Dilemma konfrontiert sein, dass die aktuellsten veröffentlichten Inflationsraten die des Monats August sein werden. Diese werden jedoch keine Beruhigung zeigen. Daher gehen wir davon aus, dass die EZB über die Zinserhöhung um 25 Basispunkte hinaus die Möglichkeit weiterer Zinserhöhungen betonen wird. Ob es aber tatsächlich zu einer weiteren Zinserhöhung kommt, ist derzeit noch nicht absehbar. 

Die Inflationsrate liegt weiterhin deutlich über dem Zielbereich der Zentralbank. Das umfassende Inflationsmaß ist im Juni auf 5,5 Prozent gesunken und hat sich damit gegenüber dem Höchststand von 10,6 Prozent im Oktober 2022 fast halbiert. Aufgrund extremer Basiseffekte ist mit einem weiteren Rückgang auf unter 4 Prozent im September 2023 und sogar deutlich unter 3 Prozent im Oktober zu rechnen. 

Gegen Ende des Jahres wird es dann spannend: Die jährliche Inflation wird aufgrund nachlassender Basiseffekte wieder steigen. Dann wird die EZB besonders gefordert sein. Sie muss entscheiden, ob es sich bei dem Anstieg nur um ein kurzfristiges Intermezzo handelt, oder ob er die Rückkehr zu einem fundamentalen Inflationstrend widerspiegelt, der weiterhin über dem Zielbereich der Zentralbank liegt.

Der zugrunde liegende Trend wird häufig an der sogenannten Kerninflation gemessen, die volatile Komponenten wie Energie und Lebensmittel nicht berücksichtigt. Diese lag im Juni bei 5,4 Prozent und damit nur geringfügig unter dem Höchststand von 5,7 Prozent im März. Selbst wenn man auch hier von einer leichten Abwärtsbewegung ausgeht, ist ein Unterschreiten der 5-Prozent-Marke bis zur Zentralbanksitzung im September praktisch ausgeschlossen.

Mit der Annahme, dass diese hohen Inflationsraten nur „vorübergehend“ seien, lagen sowohl die EZB als auch die Fed im Jahr 2021 völlig falsch. Die Wirtschaft in der Eurozone ist nach wie vor anfällig, insbesondere das verarbeitende Gewerbe zeigte zuletzt deutliche Schwächen. Dennoch ist die Arbeitslosigkeit weiterhin niedrig, die Liquiditätssituation der Unternehmen trotz erschwerter Kreditvergabe solide und die Ersparnisse der privaten Haushalte hoch. Die Wirtschaft boomt nicht, aber eine Rezession ist kurzfristig auch nicht zu erwarten. Die EZB kann sich daher weiterhin auf ihre primäre Aufgabe, die Inflationsbekämpfung, konzentrieren. Sie bleibt eindeutig „hawkish“.

Und die Fed?

Auch wenn die Fed mit Verweis auf die Datenabhängigkeit noch keine klaren Aussagen zur Juli-Sitzung gemacht hat, deuten gerade diese Daten darauf hin, dass es auch im Juli zu einer Zinserhöhung um 25 Basispunkte kommen wird. Laut Fed-Chef Powell erwartet eine „starke Mehrheit” der Fed-Mitglieder sogar, dass der Leitzins bis zum Jahresende mindestens zweimal angehoben werden muss. Der Arbeitsmarkt zeigt nur minimale Anzeichen von Schwäche, die in den Augen der Fed sicherlich noch nicht ausreichen, um den Preisdruck nachhaltig zu begrenzen. Die Inflation hat ihren Höhepunkt zwar deutlich überschritten, ist aber in der Kernrate immer noch zu hoch und hartnäckig. Obwohl die Inflationsrate im Juni auf überraschend niedrige 3 Prozent gesunken ist, deutet die Kernrate von fast 5 Prozent aber darauf hin, dass der Rückgang der umfassenden Inflation zu großen Teilen auf Basiseffekte zurückzuführen ist. In den USA hatten die Energiepreise im Juni 2022 ihren Höhepunkt erreicht. Daher lässt sich in den USA früher erkennen, inwieweit der zugrundeliegende Inflationstreiber nachlässt. Der Sommer wird sehr spannend und die nächste Fed-Sitzung findet erst im September statt. Bis dahin wird es erste Anzeichen dafür geben, ob die Inflation dauerhaft unter 3 Prozent fallen kann. Davon wird abhängen, ob die Zentralbank die Zinsen noch ein weiteres Mal anheben wird. 

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