Herr Weber, Ihre aktuelle Studie aus dem Frühjahr zeigt, dass sich viele Menschen bei der Baufinanzierung kaum Gedanken über Risiken wie Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Tod machen. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Weber: Wir hatten mit solchen Ergebnissen gerechnet, aber das Ausmaß hat uns überrascht. Weniger als 20 Prozent der Befragten machen sich ernsthafte Gedanken über diese Risiken – das ist extrem wenig.
Woran liegt das?
Weber: Eine Baufinanzierung ist für viele die Verwirklichung eines Lebenstraums. Niemand finanziert ein Haus um der Finanzierung willen, sondern um Eigentum zu schaffen oder schöner zu wohnen. Dieses positive Ziel verbinden die wenigsten mit unangenehmen Themen wie Tod, Arbeitslosigkeit oder dauerhafter Arbeitsunfähigkeit. Solche Risiken wirken abstrakt. In der Studie haben die Befragten zwar Sorgen geäußert – etwa Angst, die Finanzierung nicht stemmen zu können, Zinsschwankungen oder die lange Laufzeit. Die eigentlichen persönlichen Risiken werden selten benannt. Gerade wir Deutschen tun uns schwer, diese offen zu formulieren.
Könnte es nicht auch schlicht an fehlenden finanziellen Mitteln liegen?
Weber: Das spielt sicher eine Rolle, aber erst später. Zunächst muss man überhaupt bereit sein, sich mit dem Risiko zu beschäftigen und zu fragen, was eine Absicherung kostet. Interessant ist: Fast 70 Prozent – genauer etwa 65 bis 66 Prozent – derjenigen, die sich mit der Absicherung befassen, schließen am Ende auch eine Versicherung ab. Das zeigt: Ein großer Teil erkennt den Wert. Auffällig ist eher, dass viele diesen Schritt gar nicht erst gehen.
Sie sagen, der Mensch blende Unangenehmes aus. Gilt das auch für Beraterinnen und Berater?
Weber: Ich glaube, es hängt mit dem Verdrängen unangenehmer Emotionen zusammen – gerade, wenn man etwas so Positives erlebt wie den Kauf von Wohneigentum. Niemand kauft ein Haus, das man nicht schön findet. Dieses Positive will man nicht mit Ängsten vermischen. Gefährlich ist das dennoch, denn es geht um ein Zuhause, in dem man möglichst lange sorgenfrei leben möchte. Auch Berater sind Menschen und haben ähnliche Hemmungen. Manche spüren, dass Kunden um das Thema herumreden, und vermeiden es. Gute Berater hingegen sprechen Risiken selbstverständlich an und machen sie zu einem natürlichen Teil der Beratung, genauso wie den Wohntraum selbst. Kunden nehmen das dann als relevante, aber lösbare Aufgabe wahr. Die Hürde liegt darin, Risiken nicht nur anzusprechen, sondern kompetent zu lösen – mit Fachwissen, Reife und Anspruch an Beratungsqualität.
Als ich Ihre Studie gelesen habe, dachte ich sofort an die herausfordernden Themen wie Pflege oder Berufsunfähigkeit. Auch da tut sich der Vertrieb eher schwer.
Weber: Das stimmt. Deshalb konzentrieren wir uns bei unserer Produktlösung bewusst auf drei Risiken: Todesfall, Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit. Natürlich gibt es noch weitere Themen, aber wir sehen ja, wie gering die Bereitschaft ist, sich überhaupt damit auseinanderzusetzen. Todesfallrisiko betrifft zwar jeden, ist aber in den ersten Jahren einer Baufinanzierung gar nicht das häufigste Szenario. Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit sind da viel relevanter. Uns ist wichtig, dass wir unsere Partner nicht nur fachlich fit machen, sondern sie auch im Umgang mit Kunden coachen. Wir wollen Sie befähigen, wie man Menschen emotional abholt und das Thema selbstverständlich in die Beratung integriert. Am Ende soll der Kunde nicht nur seinen Wohntraum realisieren, sondern auch das gute Gefühl haben: Ich bin informiert, Risiken wurden angesprochen, und ich habe vorgesorgt. Vielleicht nicht komplett in allen Bereichen aber zumindest dort, wo es mich wirklich betrifft. Genau darum geht es.
Die Studie zeigt, dass über 50 Prozent der Befragten, die eine Finanzierung planen, mit dem Thema Absicherung noch gar nicht in Berührung gekommen sind. Handelt es sich um ein Kommunikationsproblem oder um ein strukturelles Versäumnis im Vertrieb?
Weber: A und O in der Beratung ist die Bedarfsanalyse: Welche Lebenssituation hat der Kunde, welche persönlichen Risiken spielen eine Rolle? Ich kann nicht erwarten, dass er diese Fragen selbst stellt oder die Kompetenz dafür mitbringt – das ist meine Aufgabe als Berater. Dazu gehört auch, die emotionale Ebene anzusprechen. Finde ich hier den richtigen Zugang, kann ich über Risiken sprechen und aufklären. Aber es ist auch eine strukturelle Frage: Der Vertrieb braucht klare Erwartungen, und wir als Versicherer müssen Tools und Beratungsstrecken bereitstellen, die Beratern wie Kunden den Zugang erleichtern.
Bleiben wir bei den Instrumenten – wie sieht Ihr „Werkzeugkasten“ konkret aus?
Weber: Wir arbeiten mit sehr unterschiedlichen Partnern, vom klassischen Bankvertrieb bis hin zu digitalen Plattformen. Entsprechend vielfältig sind auch unsere Instrumente. Bei Bankpartnern, die ihre Kunden überwiegend digital beraten, ist es für uns wichtig, dass wir in deren Systeme integriert sind. Das bedeutet: Unser Angebot wird direkt in die digitale Beratungsstrecke eingebunden. So sinkt die Hürde, das Thema anzusprechen, und die Bereitschaft steigt, sich mit Risiken zu befassen. Wir liefern viele Informationen, die Beratern wie Kunden Transparenz geben. Kunden können die Inhalte in Ruhe prüfen, darüber schlafen und sich später entscheiden. Und wenn sie möchten, ist ein Abschluss einfach und nahtlos möglich – in derselben digitalen Umgebung, die sie bereits kennen.
Seite 2: „Wir sind als Versicherer in der Pflicht, Wissen praxisnah zu vermittlen“















