Neue GDV-Berechnungen: Zu viele Neubauten in Überschwemmungsgebieten

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Der prozentuale Anteil neuer Wohngebäude ist in den vergangenen 23 Jahren gestiegen.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungspolitik (GDV) kritisiert die Baupolitik der Kommunen und Länder. Zu viele Neubauten werden nach wie vor in Überschwemmungszonen errichtet. Besonders deutlich wird das an der Ahr. Nach der Flut dürfen - obwohl dort tausende Gebäude durch die Flut im Sommer 2021 beschädigt wurden, nur 34 nicht wiederaufgebaut werden.

In Überschwemmungsgebieten wird nach wie vor zu viel neu gebaut. In Deutschland sind seit dem Jahr 2000 rund 2,7 Millionen neue Wohngebäude entstanden – über 32.000 davon in Überschwemmungsgebieten. Pro Jahr kamen also etwa 1.000 bis 2.400 neue Wohngebäude in den Risikogebieten hinzu. Das geht aus Berechnungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor. Datenbasis ist das Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS Geo).

Damit können Versicherer für jedes Gebäude die Hochwassergefährdung abschätzen. Insgesamt liegen in Deutschland rund 338.000 Wohngebäude in hochgefährdeten Überschwemmungsgebieten. „Wir sind der Meinung, dass in Überschwemmungsgebieten grundsätzlich nicht neu gebaut werden sollte“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

„Tatsächlich ist aber der prozentuale Anteil neuer Wohngebäude in Überschwemmungsgebieten in den vergangenen 23 Jahren gestiegen.“ Der GDV plädiert vor diesem Hintergrund für eine Anpassung des Bau- und Planungsrechts. „Nur durch klimaangepasstes Bauen können die volkwirtschaftlichen Schäden der Zukunft durch Klimaänderungen und Extremwetterereignisse verringert werden“, sagt Asmussen.   Aus Sicht der Versicherer berücksichtigen die geltenden Bauvorschriften in Deutschland die Auswirkungen des Klimawandels und seine Folgen bislang nicht.

Daher fordert der Verband, dass das Schutzziel „Klimaangepasstes Bauen“ in die Baugesetzgebung aufgenommen wird. Bestehende Gebäude sollten zudem durch präventive Maßnahmen gegen Überschwemmung und Starkregen geschützt werden, so der GDV in seinem Positionspapier.  

Mit Prävention Schäden vorbeugen

Prävention und Klimafolgenanpassung seien der Dreh- und Angelpunkt, damit Schäden durch Naturkatastrophen und damit Versicherungsprämien finanziell nicht aus dem Ruder liefen, so Asmussen weiter. Die Versicherungswirtschaft setzt sich laut Asmussen daher für ein Gesamtkonzept aus Prävention, Klimafolgenanpassung und Versicherung ein. Es sieht vor, alle Wohngebäude rundum gegen Naturgefahren zu versichern. Dafür würden bereits geschlossene Gebäudeversicherungen von einem Stichtag an automatisch auf Elementarschutz umgestellt, sofern Kunden nicht widersprechen. Dafür braucht es eine gesetzliche Grundlage. Neue Verträge schließen den Schutz ohnehin ein, so der GDV-Mann weiter.  

Risiken von Naturgefahren erkennen

Neben einer Elementarschadenversicherung sind Aufklärung und Prävention wichtige Bausteine zur Vermeidung von Schäden, sagt Asmussen. Der GDV stelle daher mit dem Naturgefahren-Check eine Onlineplattform zur Verfügung, mit der nach Postleitzahlengebieten überprüft werden kann, welche Schäden Unwetter in der Vergangenheit verursacht haben. Details zur Gefährdung durch Flusshochwasser liefert darüber hinaus ein Hochwasser-Check, den der GDV auf seiner Webseite anbietet. Zudem könnten Hausbesitzer bei ihrem Wohngebäudeversicherer jederzeit erfragen, wie hoch das Überschwemmungsrisiko ihres Gebäudes sei, sagt Asmussen.  

Gleichzeitig empfiehlt der Versicherungsverband potenziellen Bauherren, den Überschwemmungsschutz mitzudenken und notwendige Schutzmaßnahmen einzuplanen. „Wasser braucht Raum. Beim Bauen sollte deshalb eine geringfügige Überflutung des Grundstückes mit eingeplant werden und es sollten Flächen erhalten bleiben, auf denen Wasser versickern kann“, sagt Asmussen. Auch bereits bestehende Gebäude können nachgerüstet werden, etwa durch Aufkantungen vor Kellertreppen oder den Einbau wasserdichter Fenster.

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