Der Reformstau in der gesetzlichen Altersvorsorge ist längst nicht mehr nur ein politisches Thema – er ist ein Problem, das zunehmend in der Lebenswirklichkeit vieler Menschen ankommt. „Die Bürger verlassen sich längst nicht mehr auf dringend nötige Reformen“, sagt Jürgen Rohm, Präsident des Vereins Ehrbarer Versicherungskaufleute (VEVK).
Trotz des Drei-Schichten-Modells der Altersvorsorge bleiben viele Fördermöglichkeiten ungenutzt – auch weil sie komplex sind. Kein Verbraucher in Deutschland nutze heute alle Optionen des Drei-Schichten-Systems, bemängelt der VEVK. Dabei würden vom Staat erhebliche Mittel bereitgestellt: Zulagen, Steuer- und Sozialversicherungsfreibeträge oder Zuschüsse vom Arbeitgeber – ein „Füllhorn“, wie Rohm es nennt. Allerdings erfordere der Zugang zur Förderung in der Regel auch eine Eigenleistung. Vermittler seien hier gefragt, die Zusammenhänge verständlich zu erklären und individuelle Empfehlungen auszusprechen.
Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit zeigt sich laut Rohm der Wert guter Beratung. Das belegen auch Zahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): 2024 schütteten Lebensversicherer über 100 Milliarden Euro an ihre Kunden aus – ein Rekordwert, zustande gekommen vor allem durch Verträge, die über Vermittler abgeschlossen wurden.
Doch auch wenn die private Vorsorge funktioniert, bleibt die gesetzliche Rente ein Sorgenkind. Viele Menschen bauen zwar noch auf sie – aber nicht mit gutem Gefühl. Das Vertrauen in das staatliche System ist beschädigt. Besonders problematisch sei die in Schicht 2 weiterhin häufig vorgeschriebene Beitragsgarantie, etwa bei Riester- oder bAV-Verträgen. Sie erschwere renditeorientierte Anlageformen – und das in einem System, das ohnehin langfristig angelegt ist. „Der mündige Bürger muss hier endlich die Wahlmöglichkeit bekommen“, fordert der VEVK.
Dabei sei klar: Ohne Risiko keine Chance. Wer zwölf Jahre oder länger in den Aktienmarkt investiere, könne mit hoher Wahrscheinlichkeit Wertzuwächse erzielen – auch nach temporären Rückschlägen. Historische Krisen wie Corona, der Ukrainekrieg oder jüngste Zollkonflikte hätten gezeigt, dass Erholungsphasen oft nicht lange auf sich warten lassen. Deshalb müsse die Diskussion um Garantien dringend neu geführt werden. Denn: „Beitragsgarantie plus wenig Zins ergibt keine Rendite“, warnt der VEVK. Und ohne Rendite verliere das Ersparte langfristig an Kaufkraft.