RWS-Chefs im Exklusiv-Interview: „Zeit, dass sich was dreht!“

Jörg Christian Hickmann (links) und Jens Burmeister, beide Vorstände der RWS Vermögensplanung AG
Foto: Florian Sonntag
Jörg Christian Hickmann (links) und Jens Burmeister: „Es ist unsere Aufgabe die Kunden auf eine mögliche Nachhaltigkeitswirkung hinzuweisen.“

Die RWS-Vorstände Jörg Christian Hickmann und Jens Burmeister über die RWS-Exklusivfonds, Finanzvertrieb im Zeichen von Nachhaltigkeitsregulierungen und die Chance durch sinnhafte Tätigkeit einen nachhaltigen Beitrag zu leisten. Weder Regierung noch Opposition gelingt es derzeit, diese Chance für Wettbewerbsfähigkeit, Resilienz, gute Jobs und Wohlstand zu vermitteln.

Mit welchen Erwartungen blicken Sie auf das Jahr 2024? Was haben Sie auf der Agenda?
Hickmann: Deutschland muss endlich wieder verlässliche Politik machen. Bei uns in Deutschland herrscht jedoch Unsicherheit und Skepsis. Die Ereignisse und Krisen der letzten Jahre haben viele Versäumnisse in der deutschen Wirtschafts-, Energie- und Umweltpolitik wie durch ein Brennglas verstärkt. Dies birgt große soziale Sprengkraft. Die neue Rechte macht sich dies zunutze und bedroht neben unserer Demokratie auch unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Andere Staaten wie China und die USA investieren gewaltige Summen in die Transformation. Was wir jetzt benötigen, ist ein übergreifender Schulterschluss der demokratischen Parteien sowie ein politischer Rahmen, der über mehrere Legislaturperioden hinweg Bestand hat.

Wie wirkt sich die Nachhaltigkeitsregulierung auf den Finanzmarkt aus?
Burmeister: In der Kundenberatung haben wir die Herausforderung auf der einen Seite, die Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden zu ermitteln und auf der anderen Seite können wir die Ergebnisse der Abfrage nicht umsetzen, da uns die Datenbasis in Bezug auf Nachhaltigkeit fehlt. Den staatlichen Auftrag – Geldflüsse zu lenken- und unseren Beitrag zu mehr Klimaschutz zu leisten, bedarf sehr viel Fortbildung, Engagement und Ausdauer. Ich finde gerade diese Herausforderung jedoch großartig, da wir Tag für Tag mit unserem Beruf die Welt etwas besser machen können.

Ist das Thema ESG nach wie vor ein Thema bei ihren Kunden, oder zeigen sich bereits Ermüdungserscheinungen?
Burmeister: Eine leichte rückläufige Tendenz auf sehr hohem Niveau ist festzustellen. Wenn wir vor zwei Jahren bei 85 bis 90 Prozent lagen, liegen wir aktuell bei 80 bis 85 Prozent derer, die Interesse daran haben, nachhaltig ihr Geld anzulegen. Der ein oder andere Produktgeber hat vielleicht etwas übertrieben in der Vergangenheit mit ESG-Bezeichnungen im Fondsnamen / Produktbeschreibungen; das hat schon leicht inflationäre Tendenzen gehabt. Der Megatrend ist aber ungebrochen – es dreht sich weiter…


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Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen?
Hickmann: Die Anlageberatung hat eine neue Dimension mit dem Thema Nachhaltigkeit erhalten. Neben Rendite, Wachstum und Sicherheit kommt jetzt additiv das Thema ESG hinzu; wobei Sicherheit und ESG im Sinne der Risikominimierung nahe beieinanderliegen. Unsere Vertriebspartner haben seit Anfang dieses Jahres mit unserem RWS WEBDEPOTS ein Tool an die Hand bekommen, Fonds nach den Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden zu selektieren. Vielfach nehmen wir in der Branche die Tendenz wahr, „keine Nachhaltigkeitspräferenzen“ zu dokumentieren, was in der Regel nicht dem wirklichen Kundenwunsch entspricht. Wir sind hier anders aufgestellt. Schon vor Beginn der rechtlichen Verpflichtungen sind wir pro aktiv eine Partnerschaft mit dem WWF-Deutschland, Abteilung Sustainable Finance, Herrn Matthias Kopp eingegangen. Herr Kopp ist auch Mitglied im Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung. Seine Expertise nutzen wir, um erstens das Thema bei unserem Vertrieb zu vertiefen und zweitens, uns und den Fondsmanager DJE Kapital AG im Anlageausschuss zu beraten. Diese Strategie trägt Früchte und wurde im Oktober von ihrem Fachmagazin „Cash.“ mit dem Innovationspreis 2023/2024 ausgezeichnet.

Es ist Zeit, dass sich was dreht, in der Einstellung vieler Marktteilnehmer, in der Beratung und in der Wirkung jedes Einzelnen. Auch im Bewusstsein der Berater muss sich etwas dahingehend ändern, dass sie mit dem Thema ESG etwas positiv verändern können und auch selbst beeinflussen können, wohin Geldflüsse gelenkt werden. Denn jede Investitionsentscheidung hat eine Wirkung, indem der Kunde entscheidet, ob die Investition für oder entgegen von sozial-ökologischen Themen wirken soll. Es ist unsere Aufgabe die Kunden auf eine mögliche Nachhaltigkeitswirkung hinzuweisen.

Die Nachhaltigkeitsthemen wie soziale Ungleichheit, Biodiversität, Klimaerwärmung und faire Arbeitsbedingungen sollten nicht nur Gegenstand der Anlageberatung sein, ich selbst sollte mich als Berater dazu auch bekennen.

Wie meinen Sie das?
Hickmann: Glaubwürdigkeit und Authentizität ist in unserem Metier enorm wichtig. Ich kann nicht über öko-faire Produkte beraten und selbst nicht danach handeln. Daher verstehen wir unsere Mission dahingehend, nur öko-faire Produkte zu empfehlen, die der Erde und dem Menschen dienen. Damit verbessern wir die Lebensqualität unserer Kunden ohne die Lebensqualität nachfolgender Generationen zu gefährden.

Wieso sind sie dem Bündnis Klimaneutral beigetreten?
Hickmann: Das meine ich mit Glaubwürdigkeit. Wie kann ich Kunden nachhaltig beraten, ohne selbst einen Beitrag zu leisten? Bis zum Jahr 2035 wollen wir mit unserem Unternehmen klimaneutral sein. Deshalb sind wir diesem Bündnis beigetreten. Wir bewirken etwas, indem wir u.a. einen Energieberater beauftragt haben, einen digitalen Zwilling von unserer RWS-Zentrale zu erstellen, um anschließend Maßnahmen der Emissionsreduzierung zu definieren. Darüber hinaus bauen wir unsere Digitale Beratung aus. Ich persönlich nutze fast ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel um zur Arbeit zu kommen und weiche nur selten auf meinen Dienstwagen aus, der, so wie ein Großteil unserer Flotte, ein E-Auto ist.

Im August veranstalten wir für unsere Mitarbeiter, Vertriebspartner, Kunden und befreundeten Unternehmen einen Nachhaltigkeitstag. An diesem Tag wollen wir rund um das Thema Nachhaltigkeit informieren, mobilisieren und sensibilisieren

Verspüren Sie Gegenwind auf ihrem Nachhaltigkeitsweg? Ziehen die Beschäftigten und der Vertrieb an einem Strang?
Burmeister: Der Schlüssel ist Kommunikation, Kommunikation und Kommunikation.
Niemand unserer Partner oder Mitarbeiter wird gezwungen, sein Verhalten zu verändern. Vielmehr bieten wir Anreize, sich in Richtung klimaneutral zu positionieren. Für Vertriebspartner haben wir einen Nachhaltigkeitsbonus ins Leben gerufen und für Mitarbeiter und Vertriebspartner haben wir ein Nachhaltigkeitsbonusprogramm aufgelegt, welches auf alle ESG Themen einwirkt.
Ende September diskutieren wir im Rahmen unserer Herbstmesse mit Prof. Christian Klein, der den Lehrstuhl Sustainable Finance an der Universität Kassel innehat und mit Herrn Kopp vom WWF Deutschland über nachhaltige Geldanlagen. So begeistern wir immer mehr Kunden, Mitarbeiter und Vertriebspartner für das Thema ESG.

Wie wirkt sich die Unternehmensstrategie auf die Vertriebspartnergewinnung aus?
Burmeister: Viele junge Menschen kündigen ihre Jobs- was oft Climate quitting genannt wird. Diese jungen Menschen stellen fest, dass sie mehr machen möchten, als nur das Privatleben anzupassen. Größter Hebel ist die Arbeitszeit.

Für 81 Prozent der 20-29-Jährigen in Deutschland ist die Haltung eines potentiellen Arbeitgebers oder Geschäftspartners zum Klima ein wichtiges Kriterium. Für 18% hat dieser Aspekt sogar oberste Priorität, wie aus dem aktuellen Climate Survey der europäischen Investitionsbank hervorgeht. Durch unsere Positionierung sprechen wir diesen Personenkreis explizit an, und machen damit den Unterschied zu unseren Mitbewerbern.

Interview: Frank O. Milewski, Cash.

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