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Tech-Branche: Investitionen sind ein gutes Zeichen

Foto: Union Investment
Alfano Vincenzo, Union Investment

Der Glanz ist den großen Technologieunternehmen zuletzt ein wenig abhandengekommen. Zunächst trat zu Jahresbeginn unerwartet starke Konkurrenz aus China in den Wettbewerb ein, danach schwand das Investorenvertrauen in die großen IT-Unternehmen. Zuletzt drohte auch noch der von US-Präsident Donald Trump ausgelöste Zollstreit, die Unternehmen in Bedrängnis zu bringen. Wie also ist die aktuelle Lage im Technologiesektor?

Wenn man sich die Zahlen der Tech Giganten zum Auftaktquartal anschaut, kann man festhalten: Die Lage ist sogar recht erfreulich. Die allermeisten Unternehmen im Technologiesektor haben die Erwartungen der Analysten hinsichtlich Umsatz und Gewinn übertroffen. Die vor allem zu Jahresbeginn an der Börse etwas abgestraften „Glorreichen Sieben”, also Nvidia, Microsoft, Alphabet, Apple, Meta, Amazon und Tesla überraschten zum großen Teil sogar.

Das bedeutet zwar nicht, dass mittlerweile die Lage völlig problemlos nicht. Es sind in den vergangenen Wochen immer wieder Faktoren aufgekommen, die den großen Tech-unternehmen durchaus das Leben schwer machen können. Das gilt vor allem für die US-Zölle. Was den Markt aber recht positiv stimmt, sind die geplanten Investitionen. Angesichts der ruppigen Kursbewegungen haben viele Marktbeobachter gedacht, dass die großen Namen ihre Investitionsbudgets kürzen würden. Das ist allerdings nicht der Fall, die Facebook-Mutter Meta stockt sogar die geplanten Ausgaben auf. Das werten wir als gutes Zeichen für den Zustand der Branche. Denn wenn die großen Namen weiter ordentlich Geld ausgeben, dann bedeutet das: Der Glaube an weiteres Wachstum in der Branche und damit verbunden an Geschäftspotenzial scheint trotz der Marktkorrektur vorhanden zu sein.

Klar ist aber auch: Die von den USA ausgehenden Handelsbarrieren können der Branche die Pläne durchaus verhageln. Aktuell ist noch nicht klar, wie die Zölle genau aussehen werden. Aber Anleger sollten differenzieren: Betroffen werden wohl vor allem Konzerne sein, die physische Produkte im Portfolio haben. Das können Halbleiter sein, aber eben auch Technologie wie etwa das iPhone. Wenn die US-Administration um Donald Trump mit den Zöllen die Produktion zurück in die USA verlagern will, dann sollte das Apple ziemlich treffen. Niemand kann prognostizieren, was ein iPhone Made in USA kosten würde, es dürfte aber substanziell teurer sein als die in China oder Indien produzierten Telefone. Ob die Kunden bereit sind, diese Mehrkosten zu stemmen oder ob das zulasten von Apples Marge geht, muss sich erst noch zeigen.

Software als relativer Gewinner

Natürlich gibt es aber auch in dieser Phase der Unsicherheit in der Tech-Branche relative Gewinner. Die Softwarekonzerne werden auf alle Fälle durch die Zölle kaum betroffen sein, da ihre Waren und Dienstleistungen immateriell sind und die Handelsbarrieren daher nicht greifen. Daher sind wir aktuell auch recht zuversichtlich, dass das Softwaresegment die Gewinne weiter ausbauen kann. Für Halbleiter und Hardware sind die Aussichten angesichts der hohen Unsicherheit in Zusammenhang mit der US-Handelspolitik aktuell eher durchwachsen. Hier sollten Investoren vor allem darauf achten, in Unternehmen mit starker Marktstellung zu investieren, die mögliche höhere Kosten durch die Zölle an die Kunden weiterreichen können.

Unter dem Strich lässt sich festhalten, dass die Branche in Gänze für Investoren durchaus attraktiv sein kann. Blicken wir mal einige Monate zurück: In der Phase des Höhenflugs haben alle sich beklagt, dass die Aktien der “Glorreichen Sieben” so exorbitant hoch bewertet waren und daher komplett überteuert. Nach der Korrektur stimmt jetzt das nicht mehr in demselben Ausmaß wie zuvor. Wer an die Branche und die Geschäftsmodelle glaubt, kann die aktuelle Phase auch als Einstiegsmöglichkeit sehen.

Schwerpunkt bleibt das Silicon Valley

Für Anleger, die sich regional diversifizieren und die USA als Anlageregion umgehen wollen, ist der Tech-Sektor allerdings nur bedingt geeignet. Es gibt in Europa vereinzelte Namen, die in ihren spezifischen Geschäftsfeldern gewichtige Rollen spielen, etwa SAP und Infineon. Aber das Silicon Valley ist immer noch das Maß aller Dinge, vor allem mit Blick auf die Dichte an hochqualifizierten Mitarbeitern. Und wenn das Thema Künstliche Intelligenz wieder richtig an Fahrt gewinnt, kann von den europäischen Namen fast keiner mehr mit den US-Adressen mithalten.

Autor Vincenzo Alfano ist Portfoliomanager bei Union Investment.

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