Versicherungsombudsmann: Zahl der Beschwerden sinkt um 15,7 Prozent

Foto: Ombudsmann für Versicherungen e. V.
Dr. h. c. Wilhelm Schluckbier, Ombudsmann für Versicherungen.

Der Versicherungsombudsmann hat die neue Beschwerdestatistik vorgelegt. Insgesamt gab es 2022 11.898 zulässige Beschwerden. Ein Minus von 15,7 Prozent gegenüber 2021. Verantwortlich für den deutlichen Rückgang waren spürbar weniger Beschwerden in den Sparten Lebensversicherung und Rechtsschutz.

Das Jahr 2022 war von insgesamt rückläufigen Beschwerdezahlen gekennzeichnet. Nach Angaben von Constantin Graf von Rex, dem Geschäftsführer der Schlichtungsstelle, belief sich die Gesamtzahl der Eingänge auf 15.907, während es im Jahr 2021 noch 18.344 waren. Zulässig waren laut von Rex 11.898 Beschwerden. Gegenüber dem Jahr 2021 bedeute dies eine Abnahme von 15,7 Prozent. Insbesondere in den nach wie vor zahlenstärksten Sparten Lebensversicherung und Rechtsschutz waren deutlich weniger Schlichtungsanträge zu verzeichnen. Zugenommen haben hingegen die Beschwerdezahlen allerdings in den Kfz-Kaskoversicherungen und bei den sonstigen Versicherungen wie Reise-, Elektronik oder Tierkrankenversicherungen.

Quelle: Ombudsmann für Versicherungen

Die durchschnittliche Verfahrensdauer pendelte sich nach Angaben des Versicherungsombudsmanns Dr. h. c. Wilhelm Schluckebier bei 70,1 Tagen ein. Dies sei ab dem Eingang der Beschwerde gerechnet, so Schluckbier. Dieser Trend zum Rückgang der Beschwerdezahlen, der aufs Ganze gesehen noch im Rahmen üblicher Schwankungen liegt, war in ähnlicher Weise im Jahr 2022 auch bei anderen Verbraucherschlichtungsstellen festzustellen. Die Gründe dafür lassen sich nicht verlässlich feststellen. Allerdings fällt auf, dass im Berichtsjahr keine zahlenstarken Sondereffekte zu verzeichnen waren, wie das etwa mit jeweils mehreren hundert Beschwerden im Vorjahr der Fall war.

Quelle: Ombudsmann für Versicherungen e. V.

In der Lebensversicherung lag erneut ein Schwerpunkt bei den Fällen des Widerrufs von Vertragserklärungen mit dem Ziel der Rückabwicklung der Verträge. Weiter teilte Schluckebier mit, dass in der Lebens- und Rentenversicherung die in den jährlichen Standmitteilungen aufgeführten Kosten ebenso wie auch die prognostizierten Bewertungsreserven oft zu Irritationen bei den Beschwerdeführern geführt haben. In den Schlichtungsverfahren wurde – zum Teil unter Einschluss einer mathematischen Prüfung – abgeglichen, ob die berechneten Kosten mit den vertraglichen Regelungen in Einklang stehen. Insgesamt sei in diesem Zusammenhang feststellbar, dass das Bewusstsein der Versicherungsnehmer für die Höhe der Vertragskosten und deren Berechnung stark zugenommen habe.

Kaum Beschwerden wegen „Bernd“

Die Starkregenkatastrophe Tief „Bernd“ im Juli 2021 hat nach Aussagen von Schluckebier auch in 2022 zu keinem deutlichen Anstieg der Beschwerden geführt. Insgesamt seien bis zum Jahresende 2022 lediglich rund 150 Beschwerdeverfahren mit diesem Hintergrund festzustellen gewesen.

Quelle: Ombudsmann für Versicherungen

Dafür gab es einen bemerkenswerten Anstieg der Beschwerden in der Kfz-Versicherung und dort wegen des Schadenfreiheitsklassensystems. Es fehle oft das Bewusstsein dafür, dass beim Vorversicherer unternehmensgebundene Sondereinstufungen und lediglich individuell wirksame Rabattschutzvereinbarungen bestanden hätten, so der Experte. Die „Nicht-Mitnahme“ solcher Vergünstigungen im Fall des Versichererwechsels könne mitunter gegenüber den Kunden in den Verbraucherinformationen noch deutlicher kommuniziert werden. Auch falle auf, dass die Versicherer teils unterschiedliche Schadenfreiheitsklassentabellen hätten. Das erfordere immer wieder aufwendige Erklärungen, so Schluckbier.

Zahl der Diesel-Beschwerden geht zurück

Für die Rechtsschutzversicherung teilte Schluckebier mit, dass nach wie vor bei der Frage der Wirksamkeit von anwaltlichen Stichentscheiden zu den Erfolgsaussichten der beabsichtigten Wahrnehmung rechtlicher Interessen, für die der Rechtsschutzversicherer die Deckung versagt hat, ein Schwerpunkt liege. Beschwerdeträchtig waren unter anderem auch Risikoausschlussklauseln für verschiedene Kapitalanlagegeschäfte. Deutlich zurückgegangen sind im Jahr 2022 die Beschwerden in der Folge der sogenannten Diesel-Abgasaffäre, nachdem die Rechtsprechung des BGH zentrale, bis dahin umstrittene Fragen geklärt hat.

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