EXKLUSIV

Welche rechtlichen Risiken das Handelsabkommen zwischen EU und USA birgt

US-Präsident Donald Trump
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US-Präsident Donald Trump

Das Zoll-Abkommen stellt derzeit eine politisch abgestimmte, aber rechtlich nicht bindende Vereinbarung dar. Gastbeitrag von Ewald Plum, Matthias Amberg und Dr. Tatiana Vukolova, Rödl & Partner

Am 28. Juli 2025 veröffentlichten das Weiße Haus und die Europäische Kommission die abgestimmten Ergebnisse umfangreicher Handelsverhandlungen in Form eines offiziellen „Fact Sheets“ und begleitender Pressemitteilungen. Diese Dokumente enthalten die Schlüsselelemente des neuen Rahmens der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, darunter die Einführung von 15 -Prozent-US-Einfuhrzöllen auf eine breite Palette von EU-Waren sowie entsprechende Investitions- und Energieverpflichtungen der Europäischen Union.

Trotz des angekündigten Umfangs der Vereinbarungen ist hervorzuheben: Bis heute existiert kein rechtsverbindliches Abkommen, das von beiden Seiten unterzeichnet und ratifiziert wurde. Das vom Weißen Haus veröffentlichte Dokument stellt eine politische Absichtserklärung dar und entfaltet keine unmittelbare Rechtswirkung. Nach Angaben offizieller Vertreter könnte die rechtliche Ausarbeitung des Abkommens im Herbst 2025 erfolgen – nach Abstimmung des Textes in den EU-Institutionen und Konsultationen mit dem US-Kongress.


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Laut den veröffentlichten Informationen führen die Vereinigten Staaten einen einheitlichen Zollsatz von 15 Prozent auf Importe aus der EU ein, einschließlich:

  • Kfz-Teile und Personenkraftwagen,
  • Industriemaschinen und Elektronik,
  • Pharmazeutische Erzeugnisse (mit bestimmten Ausnahmen und Übergangsregelungen).

Die sektorspezifischen Zölle auf Stahl, Aluminium bleiben hingegen unverändert auf dem Niveau von 50 Prozent, was den allgemeinen Satz von 15 Prozent deutlich übersteigt. Die Europäische Union erklärt sich bereit, diese Zölle weiterhin zu akzeptieren. Die Parteien einigten sich darauf, die Diskussionen über die Sicherung stabiler Lieferketten für diese kritischen Metalle fortzusetzen.

Die Europäische Union verpflichtet sich ihrerseits:

  • den Bezug von amerikanischem Flüssigerdgas (LNG) und anderen Energieerzeugnissen bis 2028 auf ein Volumen von bis zu 750 Milliarden US-Dollar zu erhöhen,
  • mindestens 600 Milliarden US-Dollar in die US-Wirtschaft zu investieren, insbesondere im Rahmen von Infrastruktur- und Klimaprojekten. Entscheidender Punkt hierbei dürfte die Einkaufsabwicklung als auch die Vornahme der Investitionen in den USA sein. Dies kann nicht durch die EU- Kommission erfolgen, sondern dies muss durch die europäischen Unternehmen erfolgen. 

Die EU hat sich darüber hinaus verpflichtet, einen verbesserten Marktzugang für bestimmte Produkte aus den USA im Rahmen von Zollkontingenten zu gewähren:

  • für begrenzte Mengen von Fischereierzeugnissen wie Alaska-Seelachs, Lachs und Garnelen,
  • sowie für nicht sensitive Agrarprodukte im Wert von bis zu 7,5 Milliarden Euro, darunter Sojaöl, Saatgut, Getreide, Nüsse, Ketchup, Kakao und Kekse.
  • Ebenso sollen US-Autos künftig zollfrei in die USA importiert werden können.

Diese Maßnahmen zielen darauf ab, den bilateralen Handel ausgewogener zu gestalten.

Es ist wichtig hervorzuheben, dass die konkreten Warenverzeichnisse (HS-Codes), die unter die neuen Zollsätze fallen, bislang nicht veröffentlicht wurden, was zu einer gewissen rechtlichen Unsicherheit für Unternehmen führt. Ebenso ist derzeit unklar, ob es sich um finale pauschale Zollsätze oder um einen pauschalen Zuschlagszollsatz handelt – d.h. die 15 Prozent werden neben den normalen bestehenden Zollsätzen erhoben (zum Beispiel: normaler Zollsatz 2,5 Prozent + 15 Prozent oder nur 15 Prozent Zoll).

Zudem bestehen in den öffentlichen Erklärungen der Parteien Unterschiede in der Auslegung zentraler Bestimmungen:

  • Die EU beharrt auf einer vorübergehenden Ausnahme pharmazeutischer Produkte von den neuen Zöllen bis zum Abschluss der technischen Bewertung.
  • Die USA hingegen erklären die sofortige Anwendung des 15 -Prozent-Zolls auf sämtliche Einfuhren, außer bei ausdrücklich vorgesehenen nationalen Ausnahmen.

Es ist ferner anzumerken, dass kein konkretes Enddatum für die Geltungsdauer der Zölle festgelegt wurde. Angesichts der bis Ende 2028 terminierten Investitions- und Energieverpflichtungen ist jedoch davon auszugehen, dass die derzeitigen Zollregelungen mindestens bis zu diesem Zeitpunkt bestehen bleiben.

Das veröffentlichte „Fact Sheet“ vom 28. Juli 2025 ist damit nicht nur Ausdruck der aktuellen handelspolitischen Absichten der US-Regierung, sondern bestätigt zugleich den übergeordneten wirtschaftspolitischen Kurs: die gezielte Stärkung des US-Standorts durch ausländische Investitionen. Dieser Kurs wurde bereits mit der Verabschiedung des One Big Beautiful Bill Act (OBBA) am 4. Juli 2025 klar eingeschlagen.

Der OBBA brachte in den Vereinigten Staaten umfassende steuerliche Reformen mit sich, darunter die Streichung der ursprünglich vorgesehenen Section 899 – einer Strafbesteuerung gegenüber Staaten mit national umgesetzter OECD-Mindestbesteuerung (Pillar Two). Die USA bleiben somit faktisch von den Auswirkungen der globalen Mindestbesteuerung verschont, ohne dass Section 899 jemals in Kraft trat. Parallel dazu enthält der OBBA gezielte Investitionsanreize zur Stärkung des US-Standorts. So wurde die steuerliche Förderung für Halbleiterinvestitionen von 25  auf 35 Prozent angehoben und zudem wurde die vollständige Sofortabschreibung im Jahr der Anschaffung – die sogenannte 100 -Prozent-Sonderabschreibung – wieder eingeführt. Ergänzend dazu sind inländische Aufwendungen für Forschung und Entwicklung nun unmittelbar steuerlich abziehbar. Insbesondere technologieorientierte Unternehmen profitieren damit von spürbaren steuerlichen Entlastungen, die die Innovationskraft und Investitionsbereitschaft am Standort USA gezielt fördern sollen. Die US-Administration setzt damit konsequent auf einen steuerlich gestützten Standortvorteil, ergänzt durch handelspolitische Maßnahmen, die ausländische Investitionen gezielt in die US-Wirtschaft lenken sollen.

Fazit

Das Abkommen stellt derzeit eine politisch abgestimmte, aber rechtlich nicht bindende Vereinbarung dar, die noch einer rechtlichen Ausgestaltung sowie der Festlegung klarer Umsetzungs- und Streitbeilegungsmechanismen bedarf. Nach unserer Ansicht ist das Ergebnis des Deals nicht partnerschaftlich auf Augenhöhe, vielmehr stellt sich der Eindruck ein, dass die EU-Kommission klein beigegeben hat und somit nicht auf Augenhöhe verhandelt hat. Aus Sicht der europäischen Unternehmen bleibt die künftige Entwicklung abzuwarten, ebenso wie die Gespräche innerhalb des EU-Parlaments zum rechtsverbindlichen Handelsabkommen verlaufen. Es ist nicht auszuschließen, dass – abhängig vom Echo aus Europa – auch dynamische Reaktionen der Vereinigten Staaten folgen werden.

Bis zur Veröffentlichung verbindlicher Rechtsakte der zuständigen US- und EU-Behörden wird Unternehmen – insbesondere in Branchen mit hohen Zollsätzen – empfohlen, bei der Planung von Handelsgeschäften besondere Vorsicht walten zu lassen.

Diplom-Finanzwirt (FH/Zoll) Ewald Plum ist Partner bei Rödl & Partner und leitet den Bereich Zoll und Außenwirtschaftsrecht. Matthias Amberg ist Steuerberater und Certified Public Accountant (USA). Er ist Partner bei Rödl & Partner in Chicago und Präsident der Außenhandelskammer (AHK). Rechtsanwältin Tatiana Vukolova ist Associate Partnerin bei Rödl & Partner in Nürnberg. 

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