Zeit für die „Tech-Promis“ erwachsen zu werden

Nasdaq-Schriftzug auf einer Platine
Foto: PantherMedia/maxkabakov (YAYMicro)
Gibt es Licht am Ende des Tunnels für Tech-Aktien?

Obwohl die diesjährige Erholung der Technologiewerte erfreulich ist, bereitet die schwache Performance des Sektors im Jahr 2022 vielen Anlegern noch immer Kopfzerbrechen. Grund für den Ausverkauf im letzten Jahr war die Zinsanpassung, die den erwarteten Cashflow der Wachstumsunternehmen schmälerte. Wie es jetzt im Segment weitergeht

Ein weiterer Gegenwind kam jedoch aus der Branche selbst: Mehrere führende Technologie- und Internetunternehmen verstanden den pandemiebedingten Geschäftsaufschwung als neue Norm und bauten ihre Kapazitäten in Form von Neueinstellungen und Kapitalinvestitionen massiv aus. Als die Nachfrage nachließ, hatten viele dieser Unternehmen eine weitaus größere Kapazität, als die Marktlage erforderte.

Wahrscheinlich waren die Unternehmensmanager mit ihren ehrgeizigen Plänen zufrieden, weil sie sich in der Vergangenheit bewährt hatten. Aber die Zeiten haben sich geändert. Führungskräfte in reiferen Unternehmen – und Investoren – müssen erkennen, dass das Mantra „Investieren um jeden Preis“, das oft für aufstrebende und schnell wachsende Branchen gilt, für sie nicht mehr gilt. Stattdessen müssen diese Unternehmen nach klassischeren Maßstäben geführt – und von den Anlegern bewertet – werden, einschließlich Margenwachstum, Cashflow-Generierung und der Wertschöpfung für die Aktionäre.

Investieren in die Zukunft

Jeder technische Fortschritt, von Mainframes bis hin zum Cloud Computing, erforderte erhebliche Investitionen, damit sich die Unternehmen auf ihr Wachstum konzentrieren konnten. In den letzten Jahren hatten das Consumer-Internet, der Online-Handel und die Cloud jeweils ihre Chance, in Investitionszyklen voranzukommen.

Die Investoren folgten diesem Trend bereitwillig und tolerierten hohe Kundenakquisitionskosten und Investitionsausgaben (Capex) in Erwartung langfristig überdurchschnittlicher Renditen. Dies wurde während der Pandemie noch verstärkt, da die Unternehmen von niedrigen Zinsen und einem starken Nachfrageanstieg geködert wurden. Obwohl diese Ausgaben oft gerechtfertigt waren, da sich ein Großteil der Weltwirtschaft darauf einstellte, von zu Hause aus zu arbeiten und einzukaufen, erwiesen sich viele Erwartungen an das künftige Wachstum als falsch. Der Ausverkauf im letzten Jahr war ein Warnsignal des Marktes, dass die Technologieunternehmen besser mit dem Kapital der Anleger umgehen müssen.

Zeit, erwachsen zu werden

Viele der heutigen Technologie- und Internetgiganten begannen als wagemutige Neugründungen, die große Märkte erobern und oftmals völlig neue Branchen schaffen wollten. In diesem Entwicklungsstadium waren die Unternehmen in der Lage, über den Konjunkturzyklus hinweg zu investieren, da jeder kurzfristige makroökonomische Gegenwind durch eine höhere Marktdurchdringung mehr als ausgeglichen wurde.

So konnte Alphabet beispielsweise nach der globalen Finanzkrise massiv investieren, weil die Investoren das enorme Potenzial gezielter digitaler Werbung erkannten. Ebenso starteten Halbleiterausrüster trotz einer beispiellosen Rezession große Forschungs- und Investitionsprojekte, da sie die zentrale Rolle von Mikrochips für die Digitalisierung der Weltwirtschaft erkannten.

Für viele Unternehmen – und für Investoren, die die Chance erkannten – zahlte sich diese Strategie im Laufe des nächsten Jahrzehnts aus. Anpassung und Expansion führen jedoch häufig zu einem satten Wachstum. Die digitale Werbung ist mittlerweile ein eigener Markt und damit anfälliger für das Auf und Ab der Gesamtwirtschaft.

Gleiches gilt für E-Commerce. Amazon konnte stets massiv investieren – auch in Zeiten des Abschwungs – mit dem Ziel, Online-Shopping zum Mainstream zu machen. Da jedoch der E-Commerce-Anteil am Gesamtkonsum während der Pandemie gestiegen ist, können sich weder Manager noch Investoren den Luxus leisten, zyklische Faktoren zu ignorieren. Amazons jüngster Personalabbau und andere Schritte zur „richtigen Größe“ sind ein Beweis dafür.

Regeln des neuen Zeitalters

Die Fähigkeit bestimmter Technologiesektoren, über den gesamten Zyklus hinweg massiv zu investieren, nimmt ab. Daher müssen die Manager den Umfang ihrer Investitionsprogramme an die reifenden Märkte anpassen. Außerdem müssen sie die operationale Struktur priorisieren.

Das Ergebnis: Selbst Wachstumsunternehmen müssen nun ihre Fähigkeit zur Profitabilitätssteigerung nachweisen. Angesichts der Entwicklung auf dem Technologiemarkt werden Anleger zunehmend von den Managementteams erwarten, dass sie die Standardkennzahlen für die finanzielle Performance, einschließlich Margen, Kapitalrendite und Cashflow-Generierung, erfüllen. Die Halbleiterindustrie ist eine positive Fallstudie für das Management von reifem zyklischem Wachstum.

Dies bedeutet nicht, dass langfristige Investitionen nicht mehr wichtig sind. Vielmehr müssen die Unternehmen aufgrund der sektorspezifischen Dynamik ein Gleichgewicht zwischen Investitionen für künftiges Wachstum und kurzfristiger Profitabilität finden.

Im Technologiesektor sind Investitionszyklen unumgänglich, da die Unternehmen permanent innovativ sein müssen, um ihren Marktanteil zu halten oder auszubauen. Da die Endmärkte reifen und die Anleger verstärkt finanzielle Disziplin fordern, müssen Führungskräfte beweisen, dass sie ihr Kapital effektiv einsetzen. Wir sind davon überzeugt, dass eine umsichtige Kapitalallokation, eine dominante Marktposition und die Fähigkeit, ein schnelleres Gewinnwachstum als der breite Markt zu erzielen, die entscheidenden Faktoren dafür sein werden, welche Tech-Aktien eine Outperformance erzielen.

Lernprozess

Einige Technologieunternehmen haben die Botschaft bereits verstanden, wie eine Reihe von Stellenkürzungen zeigt. Meta beispielsweise hat 2023 zum „Jahr der Effizienz“ erklärt, nachdem die Anleger 2022 aus der Aktie ausgestiegen waren, weil sie das Unternehmen als „überexpansiv“ empfanden. Andere bislang wachstumsstarke Aktien schreiben vor, dass Manager Fortschritte mit sogenannten „Key Performance Indicators“ messen.

Es hängt also von der jeweiligen Branche ab, wie die Unternehmen das Gleichgewicht zwischen Investitionen und Profitabilität herstellen. Ausgereifte Unternehmen mit hohen Fixkosten und langen Investitionszyklen können sich nicht so schnell an eine sich abschwächende Wirtschaft anpassen. Manager in diesen Unternehmen müssen besonders clever sein, um keinen Fehltritt zu begehen. Während wir beispielsweise gute Wachstumschancen bei Software as a Service (SaaS) sehen, spüren diese Unternehmen bereits das Spannungsfeld zwischen Profitabilität und Wachstum. SaaS könnte sich jedoch in Zeiten der Konjunkturabschwächung als flexibler erweisen, da ein großer Teil der Kosten auf den Personalbereich entfällt.

Aus Anlegersicht halten wir diesen Reifungsprozess für eine positive Entwicklung. Aufgrund seiner Fähigkeit, die Produktivität zu steigern, glauben wir, dass der Anteil des Technologiesektors an den gesamten Unternehmensgewinnen in den nächsten zehn Jahren steigen wird. Dies führt zu anhaltendem Wachstum und damit zu Investitionen. Da jedoch das Wachstum in einigen Sektoren reifer und die Unternehmen anfälliger für Konjunkturschwankungen werden, erwarten die Anleger, dass die Profitabilität – und die Wertschöpfung für die Aktionäre – zu den neuen Prioritäten der Manager gehören. Ein gutes Zeichen ist, dass dies bereits der Fall ist, da viele Mega-Cap-Tech-Unternehmen ihre liquiden Mittel für Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe verwenden.

Autor Denny Fish ist Portfolio Manager bei Janus Henderson Investors.

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