Der Handelskonflikt zwischen den USA und China ist im April eskaliert, als US-Präsident Donald Trump Zölle in Höhe von 145 Prozent auf chinesische Waren angekündigt hat. Nach der Annäherung in Genf im Mai beruhigte sich die Lage. Doch schon Mitte August endet der 90-tägige Burgfrieden. Nach dem Ende der Schonfrist erwarten wir, dass die US-Zölle auf chinesische Waren schrittweise ansteigen von aktuell 50 Prozent auf ein Niveau von etwa 80 Prozent. Die USA verfolgen das strategische Ziel einer harten Entkopplung von China – daran hat die Annäherung in Genf nichts geändert. Es ist klar: Der Trump‘sche Zollhammer kommt. Er wird nur später auf die chinesische Wirtschaft niederprasseln als gedacht.
Derzeit läuft es in China wirtschaftlich recht solide. Die Exportzahlen sind in der Summe nach wie vor gut – eine Entwicklung, die auf den ersten Blick verwundert. Allerdings sind massive Verzerrungen am Werk, die auf Dauer nicht von Bestand sein werden. Die chinesischen Ausfuhren in die USA sind im Mai auf Jahressicht um mehr als 30 Prozent eingebrochen. Überkompensiert wurde diese Entwicklung durch steigende Exporte in andere asiatische Länder wie Vietnam oder Indonesien. Trumps Handelspolitik hat hier also zu Vorzieh- und Umleitungseffekten geführt.
Trumps Ziel: Harte Trennung von China
Doch so dürfte es nicht weitergehen. Trump will eine harte Trennung der USA von China herbeiführen und den Rest der Welt dazu zwingen, sich für eine Seite zu entscheiden. Konkreter ausgedrückt: Einen US-Marktzugang ohne Zoll wird es nur für die Länder geben, die sich von China, zumindest teilweise, lossagen beziehungsweise isolieren. Und die Vereinigten Staaten haben als größter Absatzmarkt der Welt den zentralen strategischen Vorteil auf ihrer Seite. Insofern dürfte die Entscheidung asiatischer Länder in den meisten Fällen zugunsten der USA ausfallen.
Dieser außenwirtschaftliche Sturm, der sich gerade zusammenbraut, wird die chinesische Volkswirtschaft bis ins Mark treffen. Zu sehr hat sich das Reich der Mitte in den vergangenen Jahren auf die Förderung der Industrie konzentriert und auf den Export verlassen. Die binnenwirtschaftliche Entwicklung, allen voran der private Konsum, konnte mit diesem Tempo nicht mithalten. Strukturelle Probleme wie der kriselnde Immobilienmarkt und die Alterung der Gesellschaft potenzieren die Probleme.
Mit dem Druckmittel Seltene Erden schneidet sich China ins eigene Fleisch
China versucht, sich vor diesem Sturm zu wappnen. Ein Druckmittel sind seine Seltenen Erden. Denn China ist der größte Exporteur Seltener Erden, die in vielen Industriezweigen händeringend gebraucht werden. Im April wurden Exportkontrollen für sieben Seltene Erden und für daraus gefertigte Magnete eingeführt. Bis dato läuft die Vergabe der Exportlizenzen schleppend. Aktuelle Zahlen zeigen, dass die Ausfuhr von Magneten im Mai um mehr als 70 Prozent zurückgegangen ist. Der erschwerte Zugang zu Seltenen Erden ist aber nicht nur für die USA ein riesiges Problem, sondern auch für den Rest der Welt. Sie werden vor allem in der Verteidigungsindustrie, sowie im Auto-, Energie- und Technologiesektor gebraucht. Und bei den Magneten verfügt China nahezu über ein Monopol. Kurzfristig ist das ein gutes Druckmittel, langfristig schneidet sich Peking aber ins eigene Fleisch.
Denn entegegen ihres Namens sind Seltene Erden gar nicht so selten, sondern lediglich sehr aufwendig und umweltschädlich zu fördern. Daher haben sich viele Länder bis dato auf China verlassen. Wenn aber das Reich der Mitte kein zuverlässiger Partner mehr ist, werden sich die Abnehmerländer nach Alternativen umschauen. Länder wie Australien, Brasilien oder Indien haben ebenfalls nennenswerte Vorkommen. Solche neuen Partnerschaften wären dann langfristiger Natur, und China würde herausgedrängt.
Das Druckmittel der Seltenen Erden ist somit langfristig keine gute Strategie. Und auch die noch recht solide verlaufende konjunkturelle Entwicklung Chinas wird nicht von langer Dauer sein. Die Verschlechterung der außenwirtschaftlichen Lage wird die wirtschaftliche Entwicklung im Reich der Mitte abwürgen. Das heißt auch: Die Wachstumsraten der nächsten Jahre werden nicht nur unter dem Niveau der Vorjahre, sondern auch unterhalb des offiziellen Fünf-Prozent-Ziels Pekings liegen. Für 2025 gehen wir von einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 4,4 Prozent aus, 2026 rechnen wir mit 3,7 Prozent. Klar ist: China wird der Hauptleidtragende unter der Trump‘schen Zollpolitik sein.
Autor Marco Weber ist Volkswirt bei Union Investment.