Blockchain: Verschläft die Branche ihre Zukunft?

Was offenbar kaum jemand in der klassischen Sachwertbranche registriert hat: Mit Ausnahme der Blockchain-Technik handelt es sich bei der Exporo-Emission um eine herkömmliche Sachwertanleihe, die einem Fonds zudem nicht unähnlich ist.

So fließt der Emissionserlös von rund drei Millionen Euro einer Exporo-Zweckgesellschaft zu, die damit und mit zusätzlichem Bank-Fremdkapital den Kauf eines Ärztehauses im Hamburger Stadtteil Poppenbüttel finanziert, das längerfristig in ihrem Besitz bleiben soll. Die Zahlungen der Anleger erfolgen ebenso wie die späteren Auszahlungen nicht etwa in Bitcoin oder einer anderen Krypto-Währung, sondern in Euro.

Mietüberschüsse als „Zinsen“

Als „Zinsen“ erhalten die Anleger (Anleihegläubiger) die anteiligen Mietüberschüsse. Wenn das Objekt verkauft wird, sind sie auch an der Wertentwicklung beteiligt und dürfen über den Verkauf sogar abstimmen. In wirtschaftlicher Hinsicht unterscheidet sich die Emission damit kaum von einem Immobilienfonds.

Ebenfalls bemerkenswert: Obwohl der eng bedruckte und nicht bebilderte Wertpapierprospekt für das Ärztehaus Poppenbüttel nicht weniger als 123 (reale) Seiten umfasste, war die Emission nach Angaben von Exporo innerhalb weniger Stunden voll platziert. Aufgrund dieses Erfolgs will das Unternehmen künftig vermehrt solche Krypto-Immobilienanleihen emittieren, kündigt Exporo-Chef Simon Brunke gegenüber Cash. an.

Die Politik ist um Längen voraus

Obwohl sich hier eine technische Revolution anbahnt, die womöglich dem Umstieg vom Pferdewagen auf das Auto gleicht, begegnen einem in der Sachwertbranche auf die Frage nach Blockchain und Token meistens nur fragende Blicke oder von Halbwissen geprägtes Gerede über Bitcoin.

Die Möglichkeiten und Chancen der Technik scheint kaum jemand zu kennen oder gar für sich nutzen zu wollen. Noch ist das für Publikums-AIFs zwar nicht unmittelbar möglich, doch das wird sich bald ändern. Höchst bedenklich ist insofern auch, dass nicht nur die Crowd-Konkurrenz, sondern auch die Politik den klassischen Sachwert-Managern offenbar um Längen voraus ist.

Verschläft die Branche also ihre Zukunft? Das ist nicht auszuschließen – jedenfalls dann nicht, wenn die KVGen nicht endlich das Klein-Klein um die Online-Zeichnung und das ewige Lamento über die rechtlichen Hürden beiseite legen. Und wenn sie nicht bald ein neues Wort lernen: „Tokenisierung“.

 

Lesen Sie den ganzen Artikel über die Digitalisierung der Sachwertbranche in der Cash.-Ausgabe 10/2019 (aktuell im Handel).

Stefan Löwer ist Geschäftsführer der G.U.B. Analyse Finanzresearch GmbH und betreut das Cash.-Ressort Sachwertanlagen. G.U.B. Analyse gehört wie Cash. zu der Cash.Medien AG.

Foto: Florian Sonntag

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