„Was bin ich?“ oder die Krux der Spezialisierung

Diesem Investitionsdilemma wird häufig mit Breite geantwortet: Man bietet den bestehenden Kunden einfach mehr Produkte an. Um das spröde Eingangsbeispiel noch einmal zu bedienen: Wenn der Mensch schon auf dem Zahnarztstuhl sitzt, dann kann ich ihm zusätzlich noch die Polypen entfernen und einen neuen Stromanbieter verkaufen.

Leider ist Breite ohne Fachtiefe schleichendes Gift, weil es einen Profi zu jemandem macht, der neben existenziellen Fragestellungen rund um Schutz und Sicherheit auch noch dafür sorgt, dass das Licht billig brennt. Das passt möglicherweise zusammen, aber dafür muss man ein wenig die Augen zusammenkneifen.

Eine Lösung für kleine Einheiten, die für ein Vollsortiment nicht die Ressourcen haben, ist die Spezialisierung. Entweder auf Zielgruppen oder Produkte. Es ist preiswerter, wenig zu bewerben als vieles.

Spezialisierung bedeutet „nein“ zu allem anderen

Wenn man sich beispielsweise auf Baufinanzierung konzentriert, wird man sein Akquisenetz nicht Richtung Versicherung auswerfen. Statt sich mit den Wünschen und Sorgen von „Allgemeinkunden“ zu befassen, wird man sich mit denen von „Finanzierungskunden“ beschäftigen.

Das führt üblicherweise zu mehr Kompetenz, Ausstrahlung von Kompetenz und Hinwendung zum Kunden. Was wiederum dazu führt, dass man „sein Thema“ konzentriert bewerben kann und dafür auch regional bekannt wird.

Warum machen das nicht mehr? Weil Spezialisierung nicht „ja“ zu etwas bedeutet, sondern „nein“ zu allem anderen. Spezialisierung erfordert, sich mit dem „Was bin ich“ und „Was will ich für wen sein“ auseinanderzusetzen. Und den klugen Spruch „auf einem Bein steht man schlecht“ durch die Metapher „man kann nicht zwei Hasen jagen“ zu ersetzen.

Autor Joachim Leuther ist Vorstand der BS Baugeld Spezialisten AG.

Foto: BS Baugeld Spezialisten AG

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