„In Europa drohen zinsseitig japanische Verhältnisse“

Der globale Rentenfonds HI des Düsseldorfer Vermögensverwalters Artus Direct Invest AG hat Anfang des Jahres seine Anlagestrategie grundlegend verändert. Cash. zieht mit Vorstand Klaus Hinkel und Fondsmanager Marius Hoerner eine erstes Fazit.

Anleihen
Klaus Hinkel und Marius Hoerner, Artus Direct Invest AG

Cash.: Wie hat sich der Fonds seit seiner Umstellung entwickelt?

Hoerner: Wir sind ausgesprochen zufrieden. Im laufenden Jahr liegen wir bei einer Performance von mehr als neun Prozent. Natürlich gibt es Corporate-Bond-Fonds, die erfolgreicher waren.

Allerdings haben diese Produkte, anders als bei uns, in der Regel keine Laufzeitbegrenzung in den Anleihen. Wir haben bewusst die Entscheidung getroffen, dass wir nur Papiere auswählen, die eine Durchschnittslaufzeit von unter fünf Jahren aufweisen.

Darüber hinaus finden sich in unserem Fonds keine Anleihen aus den südeuropäischen Krisenländern, die natürlich einen höheren Performance-Beitrag leisten würden, aber auch ein sehr viel höheres Ausfall-Risiko bergen.

Cash.: Wie wirkt sich die Veränderung des Anlagekonzepts konkret aus?

Hoerner: Das Motto für den Strategiewechsel könnte lauten: Back to the roots. Wir fokussieren uns ausschließlich auf die Zinsanlage und setzen dazu auf in Euro denominierte Anleihen, mischen aber auch Papiere aus Nicht-Euroländern bei.

Zur ersten Gruppe zählen wir vor allem Anleihen deutscher, niederländischer, finnischer und französischer Unternehmen. Euroländer wie Portugal, Spanien, Italien oder Griechenland sind derzeit kein Thema für uns.

Cash.: Wie groß ist das Anlageuniversum und wie sieht die Allokation aus?

Hoerner: Wir haben ständig bis zu 200 Anleihen unter Beobachtung. Dabei beschränken wir uns ausschließlich auf Unternehmensanleihen sowohl von großen Industrieunternehmen als auch von mittelständischen und inhabergeführten Unternehmen.

Zu diesem Schritt haben uns nicht zuletzt die neuen Eigenkapital-Richtlinien der Banken bewogen, wodurch es für viele Unternehmen immer schwieriger werden dürfte, an Kredite heranzukommen.

Eine Finanzierung über den Kapitalmarkt ist dann der einzig gangbare Weg. Im Schnitt liegt die Gewichtung je Anleihe bei 2,5 Prozent oder darunter. In Einzelfällen wie etwa aktuell bei Thyssen kann der Wert auch schon einmal knapp drei Prozent erreichen.

Cash.: Waren Sie einmal in Südeuropa investiert?

Hinkel: Lediglich für eine gute Woche hatten wir einmal eine portugiesische Staatsanleihe im Portfolio, weil bei ihr aus nicht erkennbarem Grund der Kupon 150 Basispunkte höher lag als bei den vergleichbaren Anleihen.

Ansonsten passten Investments in europäische Schwachwährungsländer nie in unsere grundlegende Anlagestrategie. Damit wollten wir uns bewusst gegenüber den Wettbewerbern positionieren.

Cash.: Sind Staatsanleihen überhaupt ein Thema?

Hoerner: Nein, wir sind ausschließlich auf Corporate Bonds fokussiert und dort vor allem zu 50 bis 60 Prozent in deutsche Papiere investiert, gefolgt von Frankreich.

Cash.: Stichwort Frankreich. Was passiert, wenn sich die Zahl der Schwachwährungsländer weiter erhöhen sollte? Gerade unsere französischen Nachbarn sind ja auch nicht mehr die feste Burg, die sie mal waren.

Hoerner: In 1995 haben etliche europäische Staaten wieder damit begonnen, 30-jährige Anleihen auszugeben, allen voran Frankreich.

Standard & Poor’s hat damals eine Studie veröffentlicht, in der der Schluss gezogen wurde, dass diese Anleihen bei der derzeitigen wirtschaftlichen Verfassung und erkennbaren Entwicklung der emittierenden Staaten am Fälligkeitstag Junk-Bonds sind.

Damals haben viele Marktteilnehmer darüber geschmunzelt. Heute ist indes klar, eine Entwicklung in diese Richtung hat sich sehr viel schneller vollzogen als vorhergesagt.

Cash.: Was bedeutet das für den Fonds?

Hoerner: Wir beobachten die Entwicklung in den Ländern generell sehr genau. Für das Beispiel Frankreich registrieren wir natürlich, wohin die Gelder fließen.

Allerdings sind wir dort auch verglichen mit den anderen Positionen des Fonds in Anleihen investiert, die eine extrem kurze Laufzeit aufweisen. Deshalb präferieren wir in Ländern wie Frankreich eher Papiere von größeren Gesellschaften.

Seite 2: Keine starren Bonitätsparameter

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