Heinz-Übernahme: Über Ketchup, Kosten und Kredite

Nach Jahren schwacher M&A-Aktivitäten steigt das Interesse an Firmenübernahmen inzwischen wieder an. Gründe dafür sind sehr gute Unternehmensbilanzen sowie eine günstige Finanzierungslage.
Gastbeitrag von Stefan Isaacs, M&G Investments

Stefan Isaacs, M&G Investments
Stefan Isaacs, M&G Investments

Die bisher umfangreichste und prominenteste Transaktion in diesem Jahr ist die Übernahme des Ketchup-Konzerns Heinz durch die Finanzlegende Warren Buffet mit seiner Firma Berkshire Hathaway und die brasilianische Beteiligungsgesellschaft 3G Capital. Denn Heinz erfüllt genau die Kriterien, nach denen Buffett bei Unternehmen üblicherweise Ausschau hält: ein profitables Wachstum, eine sehr bekannte Marke sowie ein noch über Jahre hinweg zu erwartendes Wachstum an den Schwellenländermärkten.

Berkshire Hathaway und 3G Capital planen Heinz zu einem Preis von 72,50 US-Dollar pro Aktie zu erwerben. Bei der Bekanntgabe der Transaktion Mitte Februar entsprach dies einer Prämie von 19 Prozent auf das vorherige Rekord-Kurshoch der Heinz-Aktie. Bei gleichzeitiger Übernahme der Verbindlichkeiten beträgt der Kaufpreis für Heinz bis zu 29 Mrd. US-Dollar. Dabei investieren Berkshire und 3G jeweils 4,4 Mrd. US-Dollar in Aktien und finanzieren den Deal gleichzeitig über Kredite in Höhe von 12,2 Mrd. US-Dollar. Darüber hinaus erwirbt Berkshire Vorzugsaktien mit einer Rendite von 9 Prozent im Wert von 8 Mrd. US-Dollar.

Schlechteres Rating für neue Anleihen?

Zweifellos handelt es sich bei Heinz um ein ausgezeichnetes Unternehmen. Schließlich hat diese Firma in 31 aufeinanderfolgenden Quartalen ein organisches Wachstum verzeichnet, verfügt über stabile EBITDA-Margen, besitzt eine Reihe weltweit bekannter Marken und sollte darüber hinaus günstig positioniert sein, um zukünftig vom Wachstum der Schwellenländer zu profitieren. Trotzdem fragen sich einige Beobachter, ob Buffet nicht vielleicht zu viel für Heinz bezahlt. Ist der Preis also wirklich gerechtfertigt?

Die Antwort auf diese Frage verbirgt sich zumindest teilweise hinter den Kreditkosten. Bei den aktuellen Preisverhandlungen ist hinsichtlich der vorrangigen Anleihen momentan ein Niveau von 2,75 Prozent über dem Dollar-Libor (mit einer Deckelung bei 1 Prozent) sowie von 4,5 Prozent bei nachrangigen Papieren im Gespräch. Falls man sich auf dieses Niveau einigen sollte, würden die Zinskosten neu emittierter Anleihen dieses Unternehmens im Durchschnitt bei rund 3,9 Prozent liegen. Vor dieser Transaktion war Heinz mit einem Rating von Baa2/BBB+ als ein solides Unternehmen mit Investmentstatus eingestuft. Sofern die Übernahme tatsächlich umgesetzt wird, würden neu begebene nachrangige Anleihen wahrscheinlich nur noch mit B1/BB- und damit fünf Stufen unterhalb des derzeitigen Heinz-Ratings eingestuft werden. Darin würden sich dann eine wesentlich höhere Verschuldung sowie die strukturelle Nachrangigkeit dieser Papiere widerspiegeln.

Man sollte allerdings nicht übersehen, dass die 6,25-prozentigen Anleihen von Heinz mit einer Laufzeit bis 2030 trotz ihres seinerzeit wesentlich höheren Ratings und der geringeren Verschuldung der Firma im letzten Jahr auf einem Renditeniveau von 4 bis 5 Prozent gehandelt worden sind – obwohl angesichts der längeren Laufzeit dieser Papiere natürlich auch ein gewisses Laufzeitenaufgeld angemessen ist. Seitdem sind diese Anleihen wegen des höheren Risikos abverkauft worden – nach derzeitigem Stand werden sie wohl nicht abgerufen werden.

Vorzugsaktien sind die attraktivsten Anleihen

Wie sieht darüber hinaus ein Vergleich der Kosten der geplanten Kreditfinanzierung mit der Bewertung der Vorzugsaktien, die Berkshire Hathaway erwirbt, aus? Obwohl es sich dabei im Gegensatz zu allen anderen Verbindlichkeiten strukturell betrachtet um nachrangige Papiere handelt, haben diese immer noch Vorrang vor den Stammaktien im Wert von rund 8.240 Mio. US-Dollar. Gleichzeitig weisen die Vorzugsaktien einen Barkupon (der allerdings ausgesetzt werden kann) von 9 Prozent gegenüber dem oben erwähnten gewichteten Durchschnitt von 3,9 Prozent auf.

Tatsächlich wurde diese Transaktion so strukturiert, dass die Vorzugsaktien im Vergleich zu vorrangigen und nachrangigen Anleihen zumindest teilweise frühzeitig eingezogen werden. Dadurch wäre die Nachrangigkeit für viele Anleiheninhaber wesentlich weniger ausgeprägt als zu irgendeinem früheren Zeitpunkt. Meiner Meinung nach handelt es sich dabei um die wohl mit Abstand attraktivste (Quasi-) „Anleihe“ innerhalb der gesamten Kapitalstruktur. Das überrascht allerdings kaum, denn im Gegensatz zu Warren Buffett können nur wenige Investoren einen Scheck in dieser Höhe ausstellen.

Bonität von Unternehmensanleihen könnte leiden

Wenn sich der Markt für fremdfinanzierte Unternehmensübernahmen wieder überschlägt, um bekannten Firmen Geld zu leihen, werden die „Gewinner“ in diesem Segment wahrscheinlich die Private Equity-Unternehmen sein. Obwohl wir vom Niveau der großen Private Equity-Exzesse zwischen 2004 und 2007 noch weit entfernt sind, ist der Gesamtwert der 2013 getätigten Firmenübernahmen bereits deutlich höher als 2012. Nach dem jahrelangen Schuldenabbau auf Unternehmensebene könnten wir deshalb nunmehr in eine Phase wieder intensiverer M&A-Aktivitäten eintreten. Und wenn Manager trotz extrem niedriger Finanzierungskosten noch nicht bereit sind, wieder verstärkt Kredite aufzunehmen, werden das Investoren wie Buffett für sie übernehmen.

Für die Anleihenmärkte ist die Heinz-Übernahme allerdings ein weiterer Schuss vor den Bug. Eine steigende Verschuldung hat für die Kreditmärkte nämlich längerfristige Auswirkungen, durch welche die Bonität von Unternehmensanleihen beeinträchtigt wird. Dies betrifft zweifellos vor allem größere Firmen – eine Entwicklung, die wir sehr aufmerksam im Auge behalten werden.

Autor Stefan Isaacs ist Fondsmanager bei M&G Investments.

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