EU ja oder nein – das ist hier die Frage

Helmut Kurz, Leiter Immobilienaktien/REITs und Makrostrategie beim Stuttgarter Bankhaus Ellwanger & Geiger, über die optimale Anlagestrategie in Sachen EU-Referendum in Großbritannien.

Helmut Kurz, Ellwanger & Geiger
Helmut Kurz, Ellwanger & Geiger

Während es vor einer Woche noch so aussah, als ob das Rennen offen sei, wendete sich die Einschätzung nach dem schrecklichen Mord an einer britischen Pro-Europa-Abgeordneten wieder in Richtung „Bremain“, also dem Verbleib der Briten in der EU.

Die zynische Schlussfolgerung: Das Mitleid mit den Hinterbliebenen wird den Befürwortern eines Verbleibs in der EU helfen. Die Quoten bei den Buchmachern sprangen auf 3 zu 1 für einen Verbleib. Entsprechend gewannen britische Aktien, in Euro gerechnet, innerhalb von drei Tagen ganze acht Prozent hinzu. Das Ergebnis der mit unglaublicher Spannung erwarteten Abstimmung am Donnerstag wird am Freitag, spätestens im Laufe des Tages, bekannt werden.

Bei Austritt droht kurzer, aber heftiger Kurseinbruch bei britischen Aktien

Sollte es wider Erwarten zu einer Mehrheit für den Austritt kommen, wäre ein vermutlich kurzer, heftiger Kurseinbruch bei Pfund und britischen Aktien vorprogrammiert. In eine solche Schwäche hinein sollten gerade britische Aktien gekauft werden, weil die langfristige wirtschaftliche Entwicklung des Vereinigten Königreichs – allerdings nach einer kritischen Phase der Unsicherheit – durchaus positiv sein könnte. Zum einen wäre die Wirtschaft von der oft als Gängelung empfundenen EU-Bürokratie befreit und zum anderen käme es zu einer Abwertung des Pfundes, was der unter einem Mangel an Wettbewerbsfähigkeit leidenden britischen Industrie sehr helfen würde. Immerhin hätten EU und Großbritannien dann mindestens zwei Jahre Zeit, den in mehrerlei Hinsicht enormen Regelungsbedarf zu beiderseitigem Nutzen abzuarbeiten.

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Sollten die Kurse einen Freudensprung machen, bietet es sich an, einige Gewinne zu realisieren. Denn der politische Hürdenlauf für die Börsianer geht auch nach dem Votum am Donnerstag weiter: Am Sonntag wählen die Spanier eine neue Regierung. Zwei Szenarien werden erwartet: eine linke Mehrheit oder eine große Koalition. Letztere zu ermöglichen, müsste es aber Veränderungen beim Spitzenpersonal der Sozialisten und bei dem der Konservativen geben. Zu hoffen ist auf jeden Fall, dass dann wieder eine funktionsfähige Regierung entsteht, die dem Land in seiner durchaus positiven Einwicklung neue Impulse geben kann.

Foto: Ellwanger & Geiger

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