Niedrigzinsumfeld lässt Anleger riskanter werden

Das Zinstief in Europa treibt Anleger nach Beobachtung des Frankfurter Privatbankiers Emmerich Müller vom Bankhaus Metzler in unnötige Risiken. „Anleger investieren in Dinge, in die sie nie investiert hätten – aus Mangel an Alternativen“, sagte der für das operative Geschäft zuständige Partner des 1674 gegründeten Traditionshauses der Deutschen Presse-Agentur.

Niedrige Zinsen machen den Anlegern zu schaffen.

Allerdings ist diese Entwicklung mit kaum zu unterschätzenden Gefahren verbunden: „Wenn in vielen Ländern Europas Altersvorsorgesysteme auf Dauer nicht mehr funktionieren, ist das ein gesellschaftliches Problem“, warnte Müller. „Wenn viele Menschen das Gefühl bekommen, diese Europäisierung geht zu ihren Lasten, birgt das erheblichen gesellschaftlichen Sprengstoff.“

EZB wird Geldhahn noch gut ein Jahr aufdrehen

Die Europäische Zentralbank (EZB) will die Märkte bis mindestens März 2017 mit billigem Geld fluten, die Zinsen sind zudem bei einem Leitzins von 0,05 Prozent quasi abgeschafft. Weitere Schritte der EZB zur Erhöhung der Preisdynamik könnten bei der Sitzung am 10. März folgen.

„Ich sehe nicht die Notwendigkeit, dass die EZB noch mal nachlegt. Ich glaube auch nicht, dass diese EZB-Politik uns noch lange weiterhilft“, sagte Müller. „Wir haben es mit einem Kartell der Schuldner zu tun, das ist unser Hauptproblem. Indem sie versuchen, die Zinslast tragbar zu machen, machen sich die Zentralbanken zu Gefangenen der Politik.“

Müller hat wenig Hoffnung, dass die EZB in naher Zukunft ihren expansiven Kurs zurückfahren wird. „Wir haben es aktuell in der Tendenz mit einem Auseinanderdriften Europas zu tun. Umso mehr ist die EZB in einer Situation, in der sie keine Trendwende einleiten wird.“

Banken leiden unter dem Zinsniveau

Das Zinstief macht auch den Banken zu schaffen. „Die Profitabilität von Banken in Deutschland ist im internationalen Vergleich viel zu gering“, konstatierte Müller, der derzeit auch Vorstandsvorsitzender des Bankenverbandes Hessen ist. „Im Moment versuchen alle Banken vernünftigerweise ihre Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln und die Abhängigkeit von der Zinsmarge zu verringern. Manche werden das vielleicht nicht schaffen.“

Entsprechend stehen die Aktien der deutschen Großbanken bei den Börsianern auf dem Frankfurter Parkett derzeit kaum auf der Kaufliste. In den vergangenen Monaten tendierten die Papiere der Deutschen Bank und der Commerzbank sogar deutlich schwächer. Zusätzlich macht den Gesellschaften die Vielzahl an neuen Firmen aus dem Fintech-Bereich zu schaffen, die den klassischen Banken Marktanteile abjagen wollen.

Quelle: dpa-Afx/tr

Foto: Shutterstock

 

 

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