Weltwassertag: Unser Grundwasser – der unsichtbare Schatz

Foto: Shutterstock

Ein Kommentar zum Weltwassertag 2022 von Caroline Glatte, Sustainable Research der Ökoworld Lux S.A.



Wasser ist überall: sichtbar als Leitungswasser steht es uns in Deutschland jederzeit gebrauchsfertig und in gleichbleibender Qualität sekundenschnell zur Verfügung – einmal genutzt verschwindet es im Abfluss hin zur nächsten Kläranlage. Unsichtbar steckt es als sogenanntes virtuelles Wasser in allen Lebensmitteln und Produkten, die wir jeden Tag konsumieren. Immer sichtbarer werden allerdings die Folgen, die der landwirtschaftliche Anbau sowie die industrielle Herstellung von Nah- und Produkten auf den Zugang und die Qualität von Oberflächengewässern wie Bächen, Flüssen und Seen haben. Der Klimawandel sowie ein rasantes Bevölkerungswachstum verstärken diese Entwicklung. Weitestgehend unsichtbar sind bisher hingegen die Bedrohung und vor allem das Potenzial des Grundwassers. Woher kommt das verborgene Gut und was müssen wir tun, um es zu bewahren?

Wissen und Handeln

Der Weltwassertag jährt sich dieses Jahr zum 29. Mal und steht unter dem Motto „Groundwater – making the invisible visible“ – „Unser Grundwasser: der unsichtbare Schatz“. Während der Schutz von Oberflächengewässern schon lange im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert ist, wurde dem Grundwasser bisher wenig Beachtung geschenkt; dabei ist es das größte zusammenhängende Ökosystem der Erde – ein unterirdisches Weltmeer.
Der von der UN erstmals am 22. März 1993 ausgerufene Weltwassertag zielt darauf ab, über die Bedeutung der wertvollen Ressource Wasser zu informieren und für die damit verbundenen globalen Herausforderungen und Lösungen stärker zu sensibilisieren und zu mobilisieren.

Maßgebend ist die Einhaltung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Dazu gehört insbesondere das Nachhaltigkeitsziel 6 „Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen. Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten“.

Caroline Glatte, Ökoworld

Grundwasser – Anpassung an die Folgen des Klimawandels

Lediglich rund 2,5 Prozent der Wasservorkommen auf der Erde sind Süßwasser und mit knapp 70 Prozent ist der größte Anteil der globalen Süßwasserressourcen als Eis in den Gletschern gebunden. Von dem nicht gefrorenen Anteil macht das Grundwasser etwa 99 Prozent aus. Durchschnittlich rund die Hälfte des privaten Trinkwasserbe- darfs weltweit, mehr als 40 Prozent des Wassers, das für die Bewässerung in der Landwirtschaft genutzt wird, und ca. ein Drittel des Wasserverbrauchs der Industrie wird durch Grundwasservorkommen gedeckt. Auch das Leitungs- wasser in Deutschland besteht größtenteils, nämlich durchschnittlich zu ca. 60 Prozent, aus Grundwasser.

Grundwasser befindet sich unterhalb der Erdoberfläche in dem sogenannten Grundwasserleiter, ein Gesteinskörper mit Hohlräumen, und regeneriert sich überwiegend aus versickerndem Regenwasser und Schnee. Es fungiert wie ein Schwamm, der sowohl in der Lage ist, überschüssiges Wasser nach starken Niederschlägen aufzusaugen, als auch Wasserknappheit aufzufangen, indem es zuverlässig Quellen, Flüsse, Seen und Feuchtgebiete speist. Dies ist hin- sichtlich der drängenden Anpassung an die Folgen des Klimawandels – u. a. Veränderungen in der Dauer, Intensität und Verteilung der Niederschläge über die Jahreszeiten und Regionen hinweg – besonders wichtig.

Nicht zuletzt ist das Grundwasser ein belebtes Ökosystem mit hoher biologischer Vielfalt. Es ist eine Win-win-Situ- ation, denn das Grundwasser bietet den dort lebenden Organismen einen wichtigen Lebensraum und gleichzeitig sind die Mikroorganismen wie Krebse, Würmer und Milben dafür zuständig, das Grundwasser von Schadstoffen zu reinigen. Wichtige Voraussetzungen für die unentbehrlichen Funktionen des Grundwassers ist die Bewahrung der weltweiten Grundwasserreservoirs sowie ein funktionierendes globales Ökosystem.

Was an der Oberfläche passiert, hat Auswirkungen auf den Untergrund

Der weitaus kleinere Teil des auf der Erde vorhandenen flüssigen Süßwassers entfällt auf Oberflächengewässer. Die klimatischen Veränderungen, die stetig wachsende Weltbevölkerung und Urbanisierung, sowie die Übernutzung und Verschmutzung seitens der Industrie und Landwirtschaft bedrohen zunehmend die Verfügbarkeit und die Qualität von Bächen, Flüssen und Seen weltweit.

So werden zum Beispiel geschätzt 80 Prozent des Abwassers aus industrieller und kommunaler Nutzung weltweit ohne vorherige Klärung in Flüsse geleitet. Auch die Biodiversität und die Wasserqualität des Baikalsees in Sibirien, der älteste und tiefste Binnensee der Erde und das größte Süßwasser-Reservoir der Welt, leidet zunehmend unter der Erderwärmung sowie den Folgen des Massentourismus. In Usbekistan ist der Aralsee, die vor nur 50 Jahren noch größte Wasserquelle der Region, aufgrund einer ausbeutenden Nutzung durch die Baumwollindustrie, bereits weitestgehend ausgetrocknet. Lediglich der nördliche, in Kasachstan gelegene Teil des Sees konnte durch einen Staudamm gerettet werden.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von UN-Water und des World Water Assessment Programme der UNESCO – Herausgeber des UN World Water Development Report 2022 – warnen, dass Seen und Flüsse nicht länger als verlässliche Quelle für die Trinkwasserversorgung angesehen werden können.

Rund 1,6 Milliarden Menschen leben ohne regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser und rund 2,8 Milliarden haben keine Möglichkeit, Sanitäranlagen zu nutzen. Betroffen sind vor allem Menschen in Ländern mit wenigen Oberflächengewässern bzw. diejenigen, die besonders stark vom Klimawandel betroffen sind. Für rund 2,5 Milliarden Menschen ist Grundwasser die einzige Wasserquelle. In vielen Regionen Asiens und Afrikas müssen überwiegend Frauen und Kinder Wasser aus weit entfernten Trinkwasserbrunnen holen. Teilweise sind sie bis zu sechs Stunden unterwegs; in dieser Zeit haben sie keine Möglichkeit, selbstständig Einkommen zu erwirtschaften bzw. am Schulunterricht teilzunehmen. Diese Situation hat gravierende gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen.

Vor diesem Hintergrund gelangt die Gefährdung, aber auch das große Potenzial von Grundwasser immer mehr in den Fokus. Eine übermäßige Nutzung sowie das Eindringen überschüssiger Nährstoffe wie Nitrat und Phosphat über die Böden in das Grundwasser als Folge der Intensivlandwirtschaft sowie Verunreinigung durch Schadstoffe aus der Industrie stellen zunehmend auch das Gleichgewicht des Ökosystems Grundwasser auf die Probe. Global hat sich die Wasserentnahme aus Grundwasser in den letzten 100 Jahren mehr als versechsfacht. Heute sind rund 30 Prozent der größten Grundwassersysteme überbeansprucht. In den arabischen Wüstenstaaten wird bereits mehr Wasser entnommen, als sich erneuern kann; das Land mit dem höchsten Risiko für Grundwassermangel weltweit ist Katar.

Gleichzeitig nimmt Grundwasser jedoch auch eine entscheidende Rolle ein, wenn es darum geht, den globalen Wasserbedarf zu decken und damit die Lebensgrundlage auch für zukünftige Generationen bewahren zu können.

Was ist zu tun?

Der Fokus muss dringend auf ein nachhaltiges Management von Grundwasser gelenkt werden, um einer drohenden Erschöpfung des Grundwassers vorzubeugen. Denn der Schutz, eine verantwortungsvolle Nutzung und eine sinnvolle Verteilung der kostbaren Ressource sind essentiell für die menschliche Gesundheit, Nahrungsmittelsicherheit, Biodiversität und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels.

Dies bedarf sowohl der weiteren Erschließung von Grundwasser-Reservoirs als auch hoher Investitionen in die Wassernutzungseffizienz in allen Bereichen, bspw. durch geschlossene Wasserkreisläufe und Wasserrecycling, Tröpfchenbewässerung und Verbrauchsdatenerhebung sowie Messung der Grundwasserstände. Auch die Umstellung auf eine ökologische Landwirtschaft sowie eine weniger wasserintensive Lebensweise sind unerlässlich. Dazu gehört ebenfalls die Veränderung des eigenen Konsumverhaltens, z. B. eine überwiegend pflanzenbasierte Ernährung, die Verringerung von Lebensmittelabfällen und die verlängerte Nutzung von Textilien und weiteren Produkten.

Auf diese Lösungen setzt auch die ethisch-ökologische Fondsgesellschaft Ökoworld mit ihren Investitionen im Fonds Ökoworld Water for Life, und das bereits seit 2008.

Ökoworld und die Bewahrung des unsichtbaren Schatzes

Bei der Auswahl der Unternehmen für den Ökoworld Water for Life analysiert das hauseigene Sustainability Research sorgfältig, welche Firmen dazu beitragen, erneuerbare Frischwasserressourcen zu erhalten, um der drohenden Wasserknappheit weltweit entgegenzuwirken.

Ausgewählt werden für den Ökoworld Water for Life Unternehmen, die effiziente Produkte und Dienstleistungen aus den Bereichen Wasserversorgung, Wasseraufbereitung, Wasserinfrastruktur, Verbrauchsmessung, Boden- und Gewässerschutz anbieten und den strengen ökologischen, ethischen und sozialen Kriterien der Ökoworld entsprechen.

Das indische Unternehmen Jain Irrigation ist bereits seit Auflegung des Fonds Ökoworld Water for Life Teil des Ökoworld-Universums. Mehr als 90 Prozent des Grundwassers in Indien wird für die Bewässerung in der Landwirtschaft genutzt mit der Folge, dass die Kapazität von bereits mehr als die Hälfte aller Grundwasserquellen abgenommen hat. Grund ist die nicht regulierte Wassernutzung vieler Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sowie eine ineffiziente Nutzung des Wassers, da in den meisten Fällen die Felder geflutet werden. Mit Hilfe der Bewässerungssysteme von Jain Irrigation hingegen kann das Wasser tröpfchenweise und gezielt an die Pflanzen abgegeben werden.

Ökoworld Water for Life investiert auch in Unternehmen, die zur Förderung von nachhaltigem Konsumverhalten beitragen. Die schwedische Supermarktkette Axfood setzt beispielsweise einen Fokus auf pflanzenbasierte (Protein-) Alternativen sowie auf Bio-Produkte. Zudem verfolgt sie das Ziel, die Lebensmittelverschwendung bis 2025 zu halbieren. Bio-Lebensmittel weisen einen bis zu 15 Prozent geringeren Wasserfußabdruck auf als konventionell hergestellte Produkte; bei Fleisch sind es sogar über 25 Prozent. Das US-Unternehmen ThredUp bietet eine Online-Handelsplattform für Secondhandkleidung und ermöglicht damit, die Lebensdauer von Textilien zu verlängern und enorme Wassermengen einzusparen. Für die Herstellung von nur einer Jeans wird so viel Wasser verbraucht, wie ein Mensch für zehn Jahre zum Trinken benötigt.

Die Analyse- und Messsysteme des US-Herstellers Waters werden auch im Bereich der Wasseranalyse eingesetzt. Durch den Nachweis von Schadstoffen wie Pestizid- und Antibiotikarückständen trägt Waters zur Erhöhung der Trinkwasser- und Nahrungsmittelsicherheit weltweit bei.

Nicht zuletzt leistet auch der Schweizer Pionier Geberit einen positiven Beitrag durch die Herstellung von wasser- und energiesparenden Sanitär- und Rohrleitungssystemen. Bei der Produktentwicklung verfolgt das Unternehmen zudem einen Öko-Design-Ansatz und stellt dabei einen effizienten Umgang mit Energie- und Wasserressourcen sicher.

Am Weltwassertag soll auch genau auf solche Lösungen und Fortschritte aufmerksam gemacht werden, um ein Umdenken zu bewirken. Ausdrückliches Ziel des Weltwassertages 2022 ist es zu verdeutlichen, wie wichtig es ist, mehr Wissen über den unsichtbaren Schatz zu erlangen und miteinander zu teilen, um eine verantwortliche Bewirtschaftung der wertvollen Wasserquelle auf globaler Ebene sicherzustellen – denn Grundwasser kennt keine Ländergrenzen.

Caroline Glatte (Dipl.-Reg.-Wiss. (Lat.)) studierte Regionalwissenschaften Lateinamerika an der Universität zu Köln mit Schwerpunkt Politikwissenschaften. Bereits während des Studiums sammelte sie erste Erfahrungen im Bereich der Nachhaltigen Geldanlagen und Corporate Social Responsibility (CSR) durch die Erstellung von Unternehmensprofilen für den Natur-Aktien-Index (NAI). In der Folge beschäftigte sie sich mit den sozialen und ökologischen Auswirkungen von Unternehmensaktivitäten insbesondere im Rohstoffsektor Lateinamerikas sowie mit politischen Rahmenbedingungen für eine ethisch-ökologische Wirtschaftsweise.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments