MDK-Reform: Mehr Taktieren statt mehr Qualität

Jens Spahn legt das „Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen“ (MDK-Reformgesetz) im Bundestag vor. Der Gesetzentwurf bringt erhebliche Einschränkungen der Gestaltungsautonomie der sozialen Selbstverwaltung mit sich und bedeutet eine schwerwiegende Neuordnung der Krankenhaus-Abrechnungsprüfung.

Am Ende wird das Gesetz nicht zu einer Entspannung der Abrechnungssituation beitragen, sondern zu einem weiteren Aufrüsten bei Kassen und Kliniken führen, schätzt Martin Spegel, Leiter Stationäre Versorgung in der SBK. 

Was sind aus ihrer Sicht die Knackpunkte im Gesetzentwurf?

Zunächst ist gegen den Gedanken, die aktuell überkomplexe Abrechnung zwischen Kliniken und Krankenkassen zu vereinfachen und den MDK unabhängiger und transparenter zu gestalten, absolut nichts einzuwenden. Dass Kliniken zukünftig Rechnungen nicht mehr nachträglich ändern dürfen, sehe ich zum Beispiel positiv.

Das erzeugt etwas mehr Rechtssicherheit. Gleichzeitig halte ich die Maßnahmen im Bereich der Komplexbehandlungen und der ambulanten Abrechnung für grundsätzlich sinnvoll, auch wenn noch unklar ist, ob diese Maßnahmen tatsächlich umsetzbar sind und die politisch erwartete Wirkung entfalten.

Deutlich kritischer sehe ich das Aufrechnungsverbot und die Einführung quartalsbezogener Prüfquoten. Meine Einschätzung: Es wird auf beiden Seiten noch mehr Taktieren geben als vorher. Gleichzeitig wird die Handlungsfähigkeit der Kassen gegen fehlerhafte Abrechnungen eingeschränkt. Gewonnen ist damit nichts – im Gegenteil.

Wie hat die SBK das Thema Aufrechnung bisher gehandhabt?

Grundsätzlich gilt: Wir zahlen jede Klinikrechnung zunächst zu 100 Prozent. Der Eindruck, dass Kliniken auf Geld warten müssten und dadurch in ihrer Liquidität beeinträchtigt sind, ist falsch. Auffällige Abrechnungen geben wir – sofern es sich nicht um formale Fehler handelt – an den MDK, da Kassen kein Einblick in die Behandlungsakten erlaubt ist.

Bestätigt das Gutachten des MDK unseren Verdacht, fordern wir zu viel gezahlte Beträge wieder vom Krankenhaus zurück. 70 bis 80 Prozent der Kliniken zahlen falsch abgerechnete Beträge, zum Beispiel in Form von Gutschriften, freiwillig zurück. Für mich zeigt das: Man kann hart in der Sache sein, aber trotzdem eine gute Gesprächsbasis finden und auf diesem Weg zu einer Einigung kommen.

In 20 bis 30 Prozent der Rückforderungen kommt das Krankenhaus unserer Aufforderung nicht nach. Dann rechnen wir unsere Forderung mit neuen, unstrittigen Rechnungen des Krankenhauses auf. Ein in der Wirtschaft alltägliches Verfahren. In nur ca. 200 Fällen jährlich führt die SBK Gerichtsverfahren mit Kliniken in diesem Abrechnungskontext – bei über 260.000 Abrechnungsfällen pro Jahr.

Mit dem Aufrechnungsverbot wird uns der unbürokratische Weg der Aufrechnung genommen. Ich gehe davon aus, dass Kliniken fehlerhafte Abrechnungen künftig deutlich später zurückzahlen werden. Von unkooperativen Kliniken wird die SBK den Fehlabrechnungsbetrag über den Weg der Klage erstreiten müssen – auch bei kleineren Beträgen. Das volle Prozessrisiko liegt dabei bei uns als Krankenkasse, auch wenn es ein erhebliches Informationsgefälle zu unseren Ungunsten gibt.

 

Seite 2: Wie es langfristig weiter geht

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