Rente ab 63: Kommt die Sparer ein Denkfehler bald teuer zu stehen?

Die Diskussion um die Rente der Babyboomer nimmt in den Medien deutlich zu. Die große Sorge dabei: Was ist, wenn die Rentenversicherung die Rentenhöhe anpassen muss? Eher unbeachtet blieb die Erwerbsstruktur in Ostdeutschland. Wieso die steigende Anzahl an Rentenanträgen nun zum Problem werden kann.

Jeder dritte Rentner macht Gebraucht von der abschlagsfreien Rente ab 63. Sie gilt für alle Personen, die vor 1964 geborgen sind. Das einst von der SPD eingeführte ANgebot erlaubt es Personen nach 45 Arbeitsjahren abschlagsfrei in Rente zu gehen.

Von 784.000 neuen Rentnern im Jahr 2018 machen 244.000 Personen von dieser Regel Gebrauch. Ein näherer Blick auf die Zahlen weist jedoch regionale Unterschiede auf: Nutzt im Westen kaum jeder Dritte diese Möglichkeit, ist es im Osten fast jeder Zweite. 

„Die rennen uns die Bude ein“

Jörg Beßler, Geschäftsführer der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland, sagte auf Nachfrage der dpa dazu: „Die Leute rennen uns die Bude ein.“ Grund dafür ist die Erwerbsbiografie. Ist es heute üblich erst mit über 20 Jahren am Berufsleben teilzunehmen, entspricht dieser aktuelle Trend keiner Dauerhaftigkeit.

Personen, die von dieser Regel Gebrauch machen, sind teilweise bereits mit 15 Jahren in das Berufsleben gestartet. Sie beginnen nach der Volksschule ihre Ausbildung und können damit früher in Rente gehen.

Wenn Eins und Eins nicht Zwei ergibt

Schwierig könnte dies werden, wenn man die einst von Frau Nahles genannte Rechengrundlage berücksichtigt. So schreibt Hendrik Munsberg für die Süddeutsche Zeitung, dass Andrea Nahles von etwa 200.000 Anträgen pro Jahr ausgeht. Diese werden in den vergangenen Jahren immer wieder deutlich übertroffen. Zwar wird der Höchststand von 2015 derzeit noch nicht wieder erreicht.

Bei gleichbleibender Entwicklung ist jedoch ein Anstieg zu erwarten. Grund dafür ist neben der geschilderten Möglichkeit vor allem die Situation der Erwerbstätigen. Eine Auswertung der Franktion Die Linke im Bundestag wirft einen traurigen Blick auf die im Vergleich prekäre Situation.

„Sonderarbeitsmarkt Ost?“

Neben höheren Wochenarbeitszeiten und einem niedrigeren Lohn bringt der direkte Vergleich zwischen Ost und West vor allem einen Verlust für die Arbeitnehmer. Ursprünglich liegt der Unterschied des Durchschnittslohns bei über 9.000 Euro.

Derzeit beträgt er 4.846 Euro. Sabine Zimmermann, Die Linke, kommentiert die Ergebnisse mit der Frage, ob es einen Sonderarbeitsmarkt Ost gebe, der sich durch schlechtere Bedingungen auszeichne. 

Tatsächlich wirken sich strukturelle Unterschiede in der Fläche deutlicher aus. Wo wenig Industrie angesiedelt ist, da kann auch wenig Gehalt bezahlt werden. Somit liefert das Berufsleben keinen Anreiz dafür über die eigentliche Lebensarbeitszeit hinaus tätig zu sein. Dieser Effekt bestärkt die geschilderte Entwicklung überdies. 

Was zu erwarten ist

Zwar handelt es sich um ein Übergangsangebot, das sich nur an bestimmte Jahrgänge richtet. Trotzdem steht zu erwarten, dass ein Anstieg der Personen deren Renteneintritt abschlagsfrei bei 63 Jahren liegt zu Problemen führt. 

Dabei liegt das Problem nicht in der Höhe der zu erwartenden Rente, sondern in den durch Rentenbeginn entgangenen Zahlungen an das Versichertenkollektiv. Als Rücklage gedachte Gelder müssen somit bereits früher als geplant eingesetzt werden, um die Renten dauerhaft zu bezahlen.

 

Foto: Shutterstock

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
1 Kommentar
Inline Feedbacks
View all comments