Umfrage: Bankenvertrieb bestätigt hohen Verkaufsdruck

Der hohe Vertriebsdruck in Banken wird häufig als Grund für schlechte Beratung angeführt. Doch wie schätzen die Berater selbst ihre Lage ein? Einer Umfrage zufolge bewertet fast die Hälfte die eigenen Absatzvorgaben als schwer erreichbar oder unrealistisch.

Vier von zehn der knapp 1.500 vom PFI Private Finance Institute der EBS Business School befragten Berater sprechen sogar von starken bis sehr starken persönlichen Belastungen durch die Vertriebsziele seitens ihres Arbeitgebers.

Dagegen halten 48 Prozent ihre Vertriebsziele zwar für anspruchsvoll, aber erreichbar und sieben Prozent für gut bis sehr gut erreichbar. Sechs von zehn befragten Beratern spüren kaum bis keine persönlichen Belastungen durch die Vertriebsvorgaben seitens ihres Arbeitgebers.

Großbanken setzen die höchsten Absatzziele

Bei der Umfrage zeigte sich zudem, dass vor allem Berater von Großbanken über einen vergleichsweise hohen Vertriebsdruck klagen. Hingegen kommen Berater von Sparkassen und Genossenschaftsbanken insgesamt eher mit ihren Vertriebszielen zurecht.

Die Berater von Großbanken beurteilen die Erreichbarkeit ihrer Vertriebsziele deutlich negativer als die Berater von Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Der bei Großbanken vergleichsweise hohe Vertriebsdruck führe auch zu einer stärkeren persönlichen Belastung der Berater, so die Studienmacher von der EBS.

Neben institutsgruppenspezifischen Unterschieden zeigen sich auch bei den Kundensegmenten signifikante Abweichungen in Bezug auf den wahrgenommenen Vertriebsdruck der Berater. Insgesamt verspüren Berater im Retail Banking einen tendenziell höheren Vertriebsdruck als im Private Banking. Insbesondere im Retail Banking bestehen eher explizite Vertriebsziele, bei deren Formulierung der einzelne Berater kaum Mitspracherechte hat.

Im Private Banking werden Vertriebsvorgaben eher als Leitlinien und Empfehlungen verstanden. Der einzelne Berater hat hier größeren Einfluss auf die Formulierung der Vertriebsziele.

Interessenskonflikte zwischen Kunde und Kreditinstitut

Die Interessen der Kreditinstitute in Form von gesteigertem Produktabsatz und höheren Provisionserlösen sind nicht immer mit den Interessen der Kunden in Form adäquater und ganzheitlicher Beratung zu vereinen. Während 14 Prozent der befragten Berater Kollisionen zwischen bankseitigen Vertriebsvorgaben und Kundeninteressen gänzlich ausschließen, gibt fast die Hälfte der befragten Berater seltene Konflikte an.

Immerhin 34 Prozent der befragten Berater machen häufige Interessenskollisionen zwischen Kunde und Bank aus; fünf Prozent der befragten Berater sehen fortwährende Konflikte.

Trotz aller geäußerten Interessenskonflikte steht das Kundeninteresse bei der Herleitung der Anlageempfehlung deutlich an erster Stelle. Indes steigt mit zunehmendem Vertriebsdruck die Relevanz von Bruttoertrag und Vertriebsvorgaben bei der Herleitung von Anlageempfehlungen.

Auf Ebene der Institute lässt sich feststellen, dass insbesondere die befragten Berater von Großbanken Konfliktpotenzial zwischen Kunden- und Bankinteressen ausmachen. Auf Ebene der Kundensegmente wird dieses Konfliktpotenzial insbesondere im Retail Banking konstatiert. (hb)

Foto: Shutterstock

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