Rentenversicherung: Koalitionsplan gegen Altersarmut keine gute Idee

Die Pläne der Koalition zur Aufwertung kleiner Renten sind nach Ansicht der Rentenversicherung ungeeignet im Kampf gegen Altersarmut.

Rente

Von „keiner guten Idee“ sprach der Forschungsleiter der Rentenversicherung Bund, Reinhold Thiede, am Freitag in Berlin. Die Rentenversicherung stützt sich auf eine neue Studie in ihrem Auftrag. Nur 6,1 Prozent der Rentner mit einer Rente bis zu 600 Euro – also 319.000 Personen – beziehen demnach die aus Steuermitteln finanzierte Grundsicherung im Alter.

Bei den Männern seien es 13,7, bei den Frauen 4,4 Prozent. Denn Frauen hätten häufiger einen Mann mit höherem Einkommen an ihrer Seite. Folglich würde eine Aufstockung kleiner Renten möglicherweise knapp 94 Prozent dieser Kleinrentner zugutekommen, ohne dass es hier tatsächlich entsprechenden Bedarf gebe.

Bedarf an Grundsicherung regional sehr unterschiedlich

Die geplante Aufstockung kleiner Renten gegen Altersarmut hätte wohl „große Streuverluste“, sagte Studienautor Bruno Kaltenborn. Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) hatte angekündigt, mit der so genannten Lebensleistungsrente solle erreicht werden, dass jene, die ein Leben lang Vollzeit gearbeitet haben, mehr haben sollen als die Grundsicherung im Alter.

Kaltenborn sagte: „Es ist verdammt schwierig, innerhalb des Rentensystems Grundsicherungsbedürftigkeit zu vermeiden.“ Der Bedarf an Grundsicherung sei regional sehr unterschiedlich, vor allem je nach Wohnkosten. Laut der Rentenversicherung bekommen vor allem jene Menschen mit „erwerbsfernen Biografien“ kleine Renten. Das Problem, dass jemand lebenslang gearbeitet hat und trotzdem nur auf eine kleine Rente kommt, sei heute in Wahrheit relativ klein.

Maßnahmen innerhalb der Rentenversicherung „nicht sehr zielgenau“

Thiede sagte: „Zur Bekämpfung von Altersarmut sind Maßnahmen innerhalb der Rentenversicherung nicht sehr zielgenau.“ Dass in allen Lebenslagen die Rente reicht, könne nicht Aufgabe der Versicherung sein. Es könne auch nicht ihre Aufgabe sein, Bedürftigkeit zu prüfen. „Wir wollen nicht, dass die Menschen sagen: Die Rentenversicherung schnüffelt in meinen Konten herum.“

Nahles hatte eingeräumt, dass aus dem Rentenbescheid nicht ablesbar sei, ob eine Kleinrente vielleicht nur eine Ergänzung eines guten Partnereinkommens sei. Partnereinkommen müssten bei der Lebensleistungsrente folglich berücksichtigt werden. Derzeit erhalten 536.000 Menschen Grundsicherung im Alter, etwas mehr als 3 Prozent der Über-65-Jährigen. Die Zahl dürfte weiter steigen.

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Die CSU-Landesgruppe schlägt statt der Lebensleistungsrente Zuschläge auf die Grundsicherung im Alter vor, wie die „Passauer Neuen Presse“ (Freitag) unter Berufung auf ein Diskussionspapier berichtete. „Wir wollen einen Vorsorgebonus von 100 Euro auf den individuellen Grundsicherungsbedarf einführen für Menschen, die sich ein Leben lang angestrengt haben und für das Alter vorgesorgt haben.“ Experte Kaltenborn sagte, es gebe Reformbedarf bei der Grundsicherung. Denn nicht alle Bedürftigen meldeten ihren Bedarf heute tatsächlich an. Konkrete Vorschläge machte er nicht. (dpa-AFX)

Foto: Shutterstock

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