Die Krux mit dem Verfallsdatum

Auch für den Vertrieb, sofern ein solcher eingebunden war, kann es diesem Fall unangenehm werden. Eine Stichprobe bestehend aus drei der wenigen verfügbaren Prospekte aktueller Bürger-Energieprojekte ergab: Bei keinem der drei Projekte ist das Platzierungsrisiko abgesichert, etwa durch eine Schließungsgarantie oder eine Regelung zur schadenfreien Rückabwicklung.

Vielmehr schildern alle drei das Totalverlustrisiko, falls die Vollplatzierung nicht gelingt. Wichtiger noch: In keinem der Risikokapitel wird auf die Zwölf-Monats-Frist hingewiesen, obwohl sie dieses Risiko enorm erhöht. In punkto Prospekt- und Vertriebshaftung dürfte das – trotz BaFin-Prospektprüfung – tödlich sein.

Vermittler auf dünnem Eis

Ebenfalls auf sehr dünnem Eis bewegen sich Vermittler, wenn sie den Prospektablauf ignorieren. So warnte die BaFin letzte Woche auf ihrer Website mit Hinweis auf die Verfalls-Vorschrift, ihr lägen „Anhaltspunkte dafür vor“, dass die Autark Invest GmbH, Olpe, Nachrangdarlehen öffentlich anbietet, obwohl der betreffende Prospekt „nicht mehr gültig“ sei.

Waren dort Vermittler involviert, haben sie nun womöglich ein Problem. Zwar begründet ein Verstoß gegen das Aufsichtsrecht allein in der Regel keinen zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch (so denn ein Schaden entstanden ist), worauf auch Rechtsanwalt Dr. Ferdinand Unzicker, Kanzlei Lutz Abel, unlängst auf dem Cash.-Branchengipfel hinwies.

Aber ob die Gerichte das auch im Fall eines „nicht mehr gültigen“ Prospekts so sehen, ist ungewiss. Und wie die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung des Vertriebs in einem solchen Fall reagiert, ist ebenfalls offen.

Abgelaufener Prospekt zivilrechtlich korrekt?

Jedenfalls ist sicher davon auszugehen, dass ein abgelaufener Prospekt allenfalls dann zivilrechtlich zur korrekten Information der Anleger ausreichen könnte, wenn er wirklich (noch) vollständig und richtig ist. Wenn ein Emittent die Zwölf-Monats-Frist wohl noch nicht einmal kannte, scheint dies nicht besonders wahrscheinlich zu sein.

Insgesamt ist die Vorschrift zum Prospekt-Verfallsdatum im VermAnlG also eine ziemliche Krux: Lästig für die Anbieter, gefährlich für die Anleger und haftungserhöhend für die Vertrieb. Die einzig richtige Konsequenz wäre deshalb: weg damit! Das jedoch ist nicht zu erwarten.

Der Vertrieb von Vermögensanlagen ist insofern bis auf Weiteres gut beraten, nicht nur die Risikohinweise im Prospekt auf die Zwölf-Monats-Frist zu überprüfen, sondern auch den Startermin einer Emission stets im Auge zu behalten. Sonst droht womöglich einmal mehr am Ende ein böses Erwachen.

 

Die komplette Marktübersicht der aktuellen Sachwert-Emissionen lesen Sie in der Cash.-Ausgabe 11/2017 (seit 19. Oktober im Handel).

Stefan Löwer ist Chefanalyst von G.U.B. Analyse und betreut das Cash.-Ressort Sachwertanlagen. Er beobachtet den Markt der Sachwert-Emissionen als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst insgesamt schon seit mehr als 25 Jahren. G.U.B. Analyse gehört wie Cash. zu der Cash.Medien AG.

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