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Alphawave: Warum die Modelle nicht von Konjunkturzyklen abhängen

Quantitative Modelle gelten als weitgehend unabhängig von Konjunktur- und Marktzyklen. Doch was bedeutet das in der Praxis – und wie funktionieren solche Ansätze im täglichen Einsatz? Cash.Online sprach mit Alphawave darüber, warum kurzfristige Marktmechanismen oft wichtiger sind als volkswirtschaftliche Trends und welche Rolle Forschung, Daten und Technologie dabei spielen.

Cash.Online: Herr Krüger, viele Anleger und Berater orientieren sich bei Investmententscheidungen stark an Konjunkturzyklen. Warum spielt dieser Faktor für quantitative Handelsmodelle wie Ihre eine untergeordnete Rolle? 

Alphawave: Quantitative Modelle arbeiten nicht mit volkswirtschaftlichen Prognosen, sondern mit Marktdaten, die unmittelbar aus der Kursbildung entstehen. Unsere Systeme reagieren auf kurzfristige Muster wie Preisbewegungen, Liquiditätsveränderungen und Marktverzerrungen. Diese Effekte treten unabhängig davon auf, ob eine Volkswirtschaft wächst oder schrumpft.

Cash.Online: Bedeutet das, dass Makrotrends und Konjunkturdaten irrelevant sind? 

Alphawave: Nicht irrelevant, aber sie sind nicht der Treiber unserer Modelle. Während traditionelle Strategien versuchen, Konjunkturphasen zu antizipieren, analysieren wir Phänomene, die täglich entstehen: Überreaktionen, kurzfristige Ungleichgewichte, algorithmische Marktbewegungen. Diese Mechanismen basieren auf menschlichem Verhalten, Liquidität und Markttechnik, nicht auf dem BIP oder dem Einkaufsmanagerindex. 

Cash.Online: Können Sie ein Beispiel nennen? 

Alphawave: Überreaktionen sind ein gutes Beispiel. Wenn sich viele Marktteilnehmer gleichzeitig positionieren, können Kurse in kurzer Zeit über ihr Gleichgewicht hinausschießen. Diese Muster gibt es in Boomphasen genauso wie in Rezessionen. 

Für quantitative Modelle spielt es daher weniger eine Rolle, warum der Markt sich bewegt – wichtiger ist wie. 

Cash.Online: Viele Anleger verstehen unter Trading automatisch „Long gehen“. Wie positionieren sich quantitative Systeme? 

Alphawave: Unsere Modelle nutzen Long- und Short-Positionen. Das bedeutet: Wir können von steigenden und fallenden Kursen profitieren. Dadurch entsteht eine weitgehend richtungsneutrale Ausrichtung. 

Der Vorteil ist, dass das Modell nicht davon abhängig ist, ob Märkte über längere Zeit steigen. In Phasen, in denen Aktienmärkte schwächeln, bleiben unsere Modelle operativ ebenso aktiv wie in Aufschwungphasen. 

Cash.Online: Was ist der Grundgedanke hinter dieser Unabhängigkeit? 

Alphawave: Der wichtigste Punkt ist: 
Wir treffen unsere Entscheidungen nicht manuell und auch nicht aufgrund subjektiver Einschätzungen. 

Unsere Modelle arbeiten mit statistisch validierten Regeln, die in Millisekunden umgesetzt werden. Emotionen, Stimmungen oder makroökonomische Erwartungen spielen keine Rolle. Ein Modell reagiert auf Daten und nicht auf Meinungen. 

Cash.Online: Besteht nicht das Risiko, dass ein Modell in einem bestimmten Marktumfeld versagt? 

Alphawave: Ja, und deshalb verlassen wir uns nicht auf ein einzelnes Modell. Wir nutzen mehrere unabhängige Ansätze, die verschiedene Marktmechanismen abbilden.

Wenn ein Modell in einer bestimmten Phase weniger effizient ist, können andere weiterhin funktionieren. Diese Diversifikation auf Prozessebene ist ein zentrales Element der Robustheit. 

Cash.Online: Kritiker argumentieren, dass quantitative Modelle in ähnlichen Marktsituationen oft gleich reagieren und dadurch neue Risiken entstehen können. Teilen Sie diese Einschätzung?

Alphawave: Dieses Risiko besteht grundsätzlich, deshalb ist Modellvielfalt entscheidend. Wenn viele Marktteilnehmer identische Signale nutzen, kann es zu Verstärkungseffekten kommen. Genau deshalb setzen wir nicht auf ein einzelnes Modell oder eine einzige Logik. Unsere Ansätze basieren auf unterschiedlichen statistischen Mechanismen, Zeitfenstern und Markteigenschaften.

Zudem sind unsere Modelle so konstruiert, dass sie zunächst auf kurzfristige Marktverzerrungen reagieren und in Phasen von Über- oder Unterreaktionen tendenziell stabilisierend wirken. Auf dieser bereinigten Preisbasis können sich anschließend neue, tragfähige Trends entwickeln, an denen unsere Modelle ebenfalls systematisch partizipieren.

Cash.Online: Sie testen Modelle über lange Zeiträume. Welche Rolle spielt das für die Konjunkturunabhängigkeit? 

Alphawave: Eine sehr große. Unsere Modelle wurden über 16 Jahre historischer Daten getestet. Diese umfassen: 

  • Finanzkrise 
  • Niedrigzinsphase 
  • lange Seitwärtsmärkte 
  • inflationsgetriebene Volatilität 
  • algorithmische Marktphasen 

Wenn Modelle in all diesen Regimen funktionieren, ist das ein Hinweis darauf, dass sie nicht von spezifischen makroökonomischen Bedingungen abhängig sind. Zugleich führen wir umfangreiche Robustheitstests durch, etwa mit Out-of-Sample-Daten, bei denen nur ein Teil der Historie zur Optimierung genutzt wird. Das erhöht die Aussagekraft, weil Modelle nicht auf vollständige Vergangenheitsdaten abgestimmt werden. Die bisherigen Live-Erfahrungen bestätigen grundsätzlich die Struktur, die wir in den Backtests sehen. Die Backtests basieren auf rund 22.000 Trades, was eine hohe statistische Aussagekraft bietet. Dabei rechnen wir bewusst konservativ und simulieren auch ungünstige Ausführungskurse. Seit dem Start des Live-Handels haben wir bereits rund 2.000 Trades umgesetzt, demnach etwa 10 % der Backtest-Grundlage. Dies macht uns sehr optimistisch, entscheidend bleibt jedoch immer die langfristige Beobachtung im Echtbetrieb.

Cash.Online: Backtests zeigen oft überzeugende Ergebnisse. Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Unterschiede zwischen Simulation und realem Handel?

Alphawave: Der entscheidende Unterschied ist die Marktfriktion. Im Backtest gibt es keine Verzögerungen, keine Liquiditätsengpässe und keine Ausführungsrisiken. Im realen Handel spielen Slippage, Orderbuchdynamik und Ausführungsgeschwindigkeit eine zentrale Rolle.

Deshalb legen wir großen Wert auf realistische Annahmen in der Modellprüfung und auf lange Testzeiträume, die unterschiedliche Marktregime abbilden. Dennoch bleibt der Live-Handel der entscheidende Prüfstein. Backtests können Strukturen und Zusammenhänge validieren, ersetzen aber nicht die Beobachtung im Echtbetrieb, selbst dann nicht, wenn wir versuchen, reale Handelsbedingungen so genau wie möglich zu simulieren. Entsprechend rechnen wir bewusst vorsichtiger und vermeiden optimistische Annahmen.

Cash.Online: Was ist aus Ihrer Sicht der größte Vorteil konjunkturunabhängiger Modelle? 

Alphawave: Sie sind flexibel und anpassungsfähig. Da wir nicht darauf angewiesen sind, einen Makrotrend korrekt vorherzusagen, können wir uns auf wiederkehrende Muster konzentrieren, die unabhängig vom Wirtschaftsumfeld auftreten.

Das ermöglicht eine kontinuierliche Aktivität, auch in schwierigen Marktphasen, in denen traditionelle Strategien manchmal auf Sicht fahren müssen. 

Cash.Online: Wo sehen Sie künftig den größten Mehrwert quantitativer Ansätze? 

Alphawave: In der Verbindung von Daten, Technologie und Prozessdisziplin. Je stärker Märkte automatisiert werden, desto wichtiger werden systematische Methoden, die unabhängig von subjektiven Einschätzungen arbeiten. Die Fähigkeit, Muster in Echtzeit zu erkennen und regelbasiert darauf zu reagieren, wird in vielen Bereichen des Asset Managements an Bedeutung gewinnen.

Cash.Online: Viele Anbieter sprechen heute von KI und quantitativen Ansätzen. Wo sehen Sie selbst die Grenze zwischen Marketingbegriff und echtem systematischem Investieren?

Alphawave: Für uns ist der entscheidende Punkt nicht, ob ein Modell als „KI“ bezeichnet wird, sondern ob es regelbasiert, testbar und reproduzierbar ist. Ein echtes quantitatives System trifft Entscheidungen nach klar definierten Regeln und lässt sich statistisch überprüfen.

Marketing beginnt dort, wo Begriffe verwendet werden, ohne Transparenz über Daten, Methodik und Risikologik zu schaffen. Ob dabei klassische statistische Verfahren oder maschinelles Lernen eingesetzt werden, ist für uns zweitrangig. Entscheidend ist die Disziplin im Prozess und die Belastbarkeit der Modelle im realen Einsatz. Maschinelles Lernen unterstützt uns dabei vor allem operativ, etwa indem es die Durchführung umfangreicher Parameter-Optimierungsläufe deutlich beschleunigt.

Cash.Online: Welche Rolle können konjunkturunabhängige, quantitative Modelle aus Ihrer Sicht im Portfolio von Anlegern oder institutionellen Investoren spielen?

Alphawave: Solche Modelle können eine eigenständige Rolle im Portfolio einnehmen, insbesondere als diversifizierender Prozess. Da sie nicht auf langfristige Marktbewegungen oder Konjunkturprognosen angewiesen sind, bleiben sie auch in Phasen erhöhter Unsicherheit aktiv. In unseren historischen Auswertungen zeigen sie ihre größte Stärke häufig gerade dann, wenn klassische Marktmechanismen unter Druck geraten.

Wichtig bleibt dennoch eine realistische Erwartungshaltung: Quantitative Modelle sind kein risikofreier Ersatz für andere Anlageformen, sondern ein zusätzlicher Prozess mit eigener Risikostruktur. Ihr Mehrwert liegt in der systematischen Unabhängigkeit von Marktmeinungen und in der Fähigkeit, auch in Marktverwerfungen handlungsfähig zu bleiben.

Über Alphawave

Alphawave ist ein in Düsseldorf ansässiges, quantitatives Investmentunternehmen. Seit 2016 entwickelt das Team vollständig automatisierte Handelsmodelle, die auf statistischer Analyse, Forschung und regelbasierten Entscheidungsprozessen beruhen. Der Fokus liegt auf kurzfristigen Marktineffizienzen und einer systematischen, emotionsfreien Umsetzung über liquide Märkte hinweg.

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Weitere Informationen von Alphawave: 

  • www.alphawave.fundHilfreich: Investor-Relations-Bereich mit Dokumenten und Hintergrundinformationen

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