Wie hat sich das Baufinanzierungsgeschäft der ING Deutschland im letzten Jahr entwickelt? Wie war der Jahresauftakt 2025?
Hein: Wir können uns nicht beklagen. Im Gegenteil. 2024 haben wir unser Bestandsvolumen auf über 96 Mrd. Euro erhöht. Das war – mit Blick auf das eher verhaltene Ergebnis in 2023 – aus Baufinanzierungssicht wieder ein sehr erfolgreiches Jahr. Und es scheint, als ob es so weitergeht. Auch 2025 hat für uns sehr vielversprechend gestartet.
Viele Marktteilnehmer rechnen aufgrund der Sondervermögen der nächsten Bundesregierung mit stark steigenden Bauzinsen. Zurecht?
Hein: Welche Auswirkung das Sondervermögen genau hat, ist aktuell schwer abzuschätzen. Dafür spricht auch, dass dieser Posten über zwölf Jahre investiert werden kann. Entsprechend wird sich auch die Darlehensaufnahme über zwölf Jahre strecken. Wie sich diese zusätzliche Verschuldung genau auf die Kapitalmarktzinsen auswirkt, bleibt abzuwarten. Allerdings gehen wir davon aus, dass sich die langfristigen Zinsen auf Zeit eher weiter nach oben bewegen. Kurzfristig sieht die Entwicklung dagegen anders aus. Die immer noch schwache Konjunktur und die US-Zölle werden die Europäische Zentralbank wohl noch zu ein oder zwei Leitzinssenkungen bewegen. Dann könnte es auch für die langfristigen Zinsen wieder etwas Luft nach unten geben.
Was empfehlen Sie Finanzierungspartnern in dieser Situation?
Hein: Grundsätzlich sollte man die Beratung an der individuellen Situation der Kundinnen und Kunden ausrichten. Natürlich spielen die Zinsen immer eine wichtige Rolle. Aber wenn man seine Traumimmobilie gefunden hat und sie in die finanziellen Verhältnisse passt, macht es keinen Sinn, mit dem Abschluss auf irgendwann einmal sinkende Zinsen zu warten. Da würde ich auch heute immer empfehlen, zügig abzuschließen.
Gibt es Möglichkeiten für Sie als Bank bei den Finanzierungsmodellen gegenzusteuern?
Hein: Wenn Sie damit die Zinssituation meinen, haben wir wenig in unseren eigenen Händen. Aber wir können natürlich schon bestimmte Themen forcieren. Gerade mit Blick auf die Klimaziele macht sich die ING Deutschland schon seit längerem für mehr Möglichkeiten stark. Mit unserer Baufinanzierung Green haben wir im Neubau-Markt ein Zeichen gesetzt und das energieeffiziente Investment unserer Kundinnen und Kunden mit 0,10 Prozent Zins-Rabatt honoriert. Diesen Weg wollten wir weitergehen. Seit ein paar Wochen haben wir mit der neuen Baufi Energy ein Modernisierungs-Darlehen im Programm, das sich speziell an die Menschen richtet, die eine Bestandsimmobilie kaufen und energieeffizient modernisieren wollen. Es ist absehbar, dass die Nebenkosten in nächster Zukunft stark ansteigen werden. Mit der Baufi Energy setzen wir Anreize, damit unsere Kundinnen und Kunden mit ihrer energetisch modernisierten Immobilie ganz entspannt auf die weitere Entwicklung der Nebenkosten blicken können.
Gibt es neue, Markt verändernde Finanzierungsmodelle oder Trends?
Hein: Ein Trend, der sich punktuell andeutet: Beim Neubau werden aufgrund der steigenden Kosten die Wohnflächen wieder kleiner. Wir sehen auch: Nicht mehr ganz so lange Zinsbindungen, der Fokus liegt eher auf Darlehenslaufzeiten von zehn Jahren. Insgesamt lässt sich sagen, dass die jüngsten Zinssenkungen die Stimmung in der Baufinanzierungsbranche deutlich verbessert haben. Am Ende ist das aber immer ein Tagesstatement, das am Tag der Veröffentlichung dieses Interviews vielleicht schon ganz anders formuliert werden müsste. Dazu kommt: Die Regierungskoalition steht noch nicht und es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen die neue Bunderegierung dann in welcher Zeit umsetzt, um Impulse sowohl für die Bestandsimmobilien als auch für den Neubau zu geben. Wir stehen auf jeden Fall bereit.
Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit in der Baufinanzierung – auch mit Blick auf die aktuellen politischen Herausforderungen?
Hein: Für die ING Deutschland ist das Thema nach wie vor ein wichtiger Faktor in der Baufinanzierung. Immerhin wird rund 1/3 der weltweiten CO2-Emission dem Gebäudesektor zugeschrieben. Und nach wie vor bleibt hier noch einiges zu tun. Auch für uns als Bank. Zum einen forcieren wir mit unseren Baufinanzierungs-Produkten Baufi Green und Baufi Energy die Umsetzung von energieeffizienteren Immobilien. Ein weiteres Beispiel: Gerade haben wir einen Zinsaufschlag für die Finanzierung von G- und H-Immobilien erhoben. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass wir gemeinsam mit unseren Vermittlerinnen und Vermittlern aber auch mit unseren Kundinnen und Kunden einen aktiven Beitrag zum Erreichen der deutschen Klimaschutzziele leisten wollen. Darüber hinaus nutzen wir natürlich auch die Möglichkeit, uns über unseren Standort in Berlin oder über einen gemeinsam mit der Hochschule für Technik Stuttgart verfassten Policy-Brief eng mit den politischen Stellen der Bundesregierung auszutauschen.
Wo sehen Sie aktuell das größte Potenzial?
Hein: Bei den Bestandsimmobilien. Wir merken es gerade besonders mit Blick auf unsere Baufi Energy mit 0,10 Prozent Zins-Rabatt, wenn die Immobilie durch eine energieeffiziente Modernisierung um mindestens eine Energieeffizienzklasse besser wird und die Energieeffizienzklasse F oder besser erreicht. Hier liegt noch viel Potenzial brach.
Sie haben vor rund 3 Jahren als eine der ersten Banken in Deutschland einen Nachhaltigkeitsbeauftragten im Vertrieb installiert. Ihr Resümee?
Hein: Mit unserem Nachhaltigkeitsbeauftragten haben wir es geschafft, dem Klimaschutz in der Finanzierungsberatung deutlich mehr Gewicht zu verleihen. Die Vermittlerinnen und Vermittler der ING haben das Thema genauso wie unsere eigenen Beraterinnen und Berater in ihrem Portfolio – und sie wissen, wenn es Fragen gibt, ist bei uns ein kompetenter Ansprechpartner an Bord. Natürlich konnten wir viele Themen mit seiner Unterstützung noch fokussierter vorantreiben: Ob das Angebot der Modernisierungs-Partner oder die Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen oder der Hochschule für Technik Stuttgart – wenn es um Innovationen am Bau geht, stehen wir auch dank unserem Nachhaltigkeitsbeauftragten verstärkt in der ersten Reihe. Gerne geben wir das Wissen auch weiter – in mittlerweile 5 Weiterbildungsangeboten rund um das Thema Energieeffizienz schulen wir unsere Vermittlerinnen und Vermittler gratis. Gleichzeitig laden wir unsere Kundinnen und Kunden mit sehr großer Resonanz zu entsprechenden Modernisierungs-Webinaren ein.
Lohnt sich der Fokus auf mehr Energieeffizienz in der Baufinanzierung auch für Ihre Vermittlerinnen und Vermittler?
Hein: Ein ganz klares: Ja. Menschen, die Bauen oder Kaufen sind natürlich daran interessiert, dass ihre Immobilie möglichst energieeffizient gestaltet wird und sie die Energiekosten längerfristig in den Griff bekommen bzw. im Griff behalten. Wer in der Beratung mit Wissen dazu punkten kann, hat mehr Kundinnen und Kunden als die, die das nicht tun. Das zeigt auch die hohe Weiterempfehlungs-Bereitschaft von der uns erfolgreiche Vermittlerinnen und Vermittler berichten. Übrigens. Ähnliches sehen wir auch bei den Digitalisierungsthemen, wo wir noch länger als zum Thema Nachhaltigkeit mit einem eigenen Berater für Serviceleistung und damit für mehr Relevanz bei den Vermittlerinnen und Vermittlern sorgen. Nebenbei bemerkt: Er platziert immer stärker auch das Thema Künstliche Intelligenz (KI).
Welche Rolle spielt KI in der Beratung?
Hein: Hier gibt es mittlerweile wirklich tolle Lösungen für die Text-, Film- und Bilderstellung. Wir sehen, dass unsere Vermittlerinnen und Vermittler sehr an der Unterstützung durch KI interessiert sind. Insbesondere zur Einschätzung der Abschlusswahrscheinlichkeit von Leads oder bei der Dokumentation steht KI hoch im Kurs. Ich bin sicher, da wird sich – Übereinstimmung mit den regulatorischen Vorgaben vorausgesetzt – in den nächsten Jahren gerade mit Blick auf die Interaktion mit unseren gemeinsamen Kundinnen und Kunden noch einiges tun.
Welche Wünsche haben die Finanzierungspartner derzeit an Sie?
Hein: Natürlich wünschen sie sich vor allem niedrigere Zinsen, worauf wir nur bedingt Einfluss haben. Viele nehmen draußen am Markt eine gewachsene Bedeutung der Immobilie als Kapitalanlage wahr und freuen sich, dass wir zu diesem Thema bereits in der Diskussion sind. Und mit dem günstigen Restnutzungsdauergutachten der Firma Sprengetter tatsächlich bereits ein gutes Angebot zur Verfügung stellen. Darüber hinaus? Sind unsere Finanzierungspartnerinnen und -partner aktuell ganz zufrieden mit uns.
Wie sieht die Zukunftsstrategie der ING Deutschland im Bereich der Baufinanzierung aus?
Hein: Klar ist: Wir wollen weiter wachsen – das natürlich mit dem entsprechenden Ertrag. Um die Klimaziele der Bank zu erreichen, werden wir unsere Aktivitäten in den Bereichen Modernisieren und Neubauten weiter intensivieren. Auch die Optimierung der Baufinanzierungsprozesse steht ganz oben auf der Agenda. Unsere Vermittlerinnen und Vermittler können auf uns als innovativen und zukunftsorientierten Finanzierungspartner auch in Zukunft vertrauen.
Dieser Artikel ist Teil des EXKLUSIV ING Deutschland. Alle Artikel des EXKLUSIV finden Sie hier.