Mit welchen Entwicklungen im Bereich 3D-Druck rechnen Sie in den nächsten Jahren?
Smarsly: Ich denke, dass es in Richtung Multimaterialien geht, dass wir also verschiedene, auch nachhaltige Materialien einsetzen. Wir haben auch ein Exponat aus Lehmdruck mitgebracht. Das klingt auf den ersten Blick vielleicht etwas ungewöhnlich – schließlich assoziieren viele Lehm eher mit dem Sandkasten –, aber auch hier gibt es inzwischen spannende Fortschritte und ernsthafte Anwendungen.
Integrierte Sensorik ist ein weiteres Zukunftsfeld. Die Idee ist, intelligente Sensoren direkt während des Druckprozesses in die Bauteile einzubetten. Man wirft sie quasi mit in den Beton, und sie erfassen dann Feuchte, Temperaturwerte oder statische Daten, wie etwa Vibrationen. Gerade für die Gebäudesicherheit und die Zustandsbewertung ist dies enorm hilfreich.
Die Bewohner könnten dann zum Beispiel über ihr Smartphone jederzeit den Zustand ihres Gebäudes einsehen. Diese Integration von Sensorik halte ich für ein zentrales Thema – und das verknüpft mit sogenannten digitalen Zwillingen, also digitale Abbilder der Gebäude, die sich ständig aktualisieren. Dadurch lässt sich der Gebäudestatus in Echtzeit nachvollziehen.

Chmelnizkij: Die Integration von Sensorik ermöglicht auch ein vorausschauendes Agieren. Ein Gebäude kostet meistens mehrere Hunderttausend Euro. Wenn dort ein Schaden entsteht, ist es oft zu spät – und es wird sehr teuer. Dabei wäre es möglich, an den richtigen Stellen Sensoren anzubringen und diese mit dem vorhandenen WLAN zu koppeln. Auf diese Weise würde ein intelligentes System entstehen, das anhand wichtiger Strukturparameter Schäden frühzeitig erkennt und somit den Aufwand zu ihrer Behebung minimiert.
Ich denke, genau dorthin geht die Entwicklung. Ein weiteren Punkt betrifft die autonome Robotik. Ich glaube, auch in diesem Bereich wird es große Fortschritte geben. Derzeit forschen wir an Robotern, die Baustellen inspizieren und überwachen sollen. Sie sollen sich autonom über das Gelände bewegen und mithilfe verschiedener Sensoren unterschiedliche Analysen durchführen. Der nächste Schritt wäre, dass die Roboter nicht nur überwachen, sondern auch selbst bauen oder reparieren. Das ist bereits möglich. Für die Praxis müssen hier jedoch noch Fragen bezüglich Verantwortung und Haftung geklärt bzw. definiert werden. Aber zumindest als Assistenzsysteme sehe ich Roboter im Bauwesen ganz klar in der nahen Zukunft.

Schlagen wir mal die Brücke zur Baufinanzierung, Herr Hein. Welche Auswirkungen hat dieser 3D-Druck möglicherweise auf die Bewertung und auf die Finanzierung von Objekten, und machen Sie das überhaupt schon bei der ING oder ist das noch Zukunftsmusik?
Hein: Nein, wenn nachgewiesen ist, dass das Haus eine ausreichende Lebensdauer hat, dann sind wir natürlich auch bei der Finanzierung dabei. Das ist ja unser Kernthema: Wie lange ist die Restnutzungsdauer? Auch der Objektwert, den der Gutachter ansetzt, richtet sich daran aus. Ich finde es aber generell spannend, und deshalb glaube ich, dass in dieser Art des Bauens sehr viel Potenzial steckt – auch nüber den 3D-Druck hinaus. Wenn der sogenannte Bauturbo zündet und es richtig losgeht, werden wir erleben, dass uns die Kapazitäten fehlen. Es wird also wichtig sein, Wege zu finden, wie jemand schnell und effizient bauen kann. Und das muss in einem realistischen Zeitrahmen möglich sein.
Davon profitieren wir als Bank am Ende genauso wie die Vertriebe – vor allem unter dem Aspekt, dass die Nachfrage weiterhin bestehen bleibt. Am Ende geht es aber auch um weitere innovative Ansätze. In der Objektbewertung und -begutachtung müssen wir sicherlich vieles neu denken und neu lernen. Es könnten bald Häuser entstehen, die keine klassische Heizung mehr haben – wie wir sie heute kennen –, sondern etwa mit Infrarotwärme oder anderen energieeffizienten Wärmequellen arbeiten. Ich glaube, in diesem Bereich wird sich in den kommenden Jahren noch viel tun. Und hier hat Deutschland definitiv noch Nachholbedarf.