Fahrgastrechte im Zugverkehr: Was Bahnreisende bei Verspätungen wissen müssen

ICE im Bahnhof
Foto: Smarterpix/aapsky
Fahrgäste, die ihre Reise trotz Verzögerung fortsetzen, haben Anspruch auf Entschädigung.

Verspätungen und Ausfälle gehören für viele Bahnreisende zum Alltag. Doch welche Rechte stehen Fahrgästen in solchen Fällen zu – und wie lassen sie sich durchsetzen?

Züge, die zu spät kommen oder ganz ausfallen, sind für Pendler wie für Reisende auf dem Weg in den Urlaub ein Ärgernis. Doch längst nicht alle Betroffenen kennen ihre gesetzlichen Ansprüche. Ab einer absehbaren Verspätung von mindestens 60 Minuten haben Fahrgäste verschiedene Möglichkeiten: Sie können sich den Fahrpreis erstatten lassen, die Fahrt zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen oder die Weiterfahrt auf einer alternativen Strecke antreten.


Das könnte Sie auch interessieren:

Auch ein Abbruch der Reise ist möglich. In diesem Fall erhalten Reisende den vollen Ticketpreis zurück, entweder für den nicht durchgeführten Teil oder – wenn die gesamte Reise sinnlos geworden ist – für die komplette Strecke. Wer sich unterwegs entscheidet umzukehren, kann zudem eine Rückfahrt zum Ausgangsbahnhof verlangen.

Entschädigungen bei fortgesetzter Reise

Fahrgäste, die ihre Reise trotz Verzögerung fortsetzen, haben Anspruch auf Entschädigung. Ab einer Verspätung von 60 Minuten erstattet das Bahnunternehmen 25 Prozent des Fahrpreises, ab 120 Minuten sind es 50 Prozent. „Diese Rechte gelten übrigens auch bei Streiks oder schlechtem Wetter“, betont Sabine Brandl, Juristin der Ergo Rechtsschutz Leistungs-GmbH.

Ausnahmen bestehen bei Ereignissen, die das Bahnunternehmen nicht zu verantworten hat, etwa Sabotage, Notarzteinsätze am Gleis, Naturkatastrophen oder Unfälle an Bahnübergängen. Auch wenn Reisende schon vor dem Ticketkauf über die Verspätung informiert waren oder der Entschädigungsbetrag unter vier Euro liegt, entfällt die Rückzahlung.

Besondere Regeln gelten für Zeitkarten. Bei der Deutschen Bahn erhalten Inhaber einer Bahncard 100 beispielsweise bei einer Verspätung von mindestens 60 Minuten eine pauschale Entschädigung von zehn Euro in der zweiten Klasse. Insgesamt ist der Ausgleich jedoch auf 25 Prozent des Zeitkartenwertes begrenzt.

Fristen und Anträge

Wer seine Ansprüche geltend machen will, sollte die Fristen im Blick behalten. Nach der EU-Fahrgastrechteverordnung gilt offiziell eine Frist von drei Monaten. Zwar zeigen sich viele Bahnunternehmen kulant und gewähren bis zu ein Jahr Zeit, doch Experten raten, Beschwerden frühzeitig einzureichen. Die entsprechenden Formulare sind online, beim Bordpersonal oder in DB-Reisezentren erhältlich.

„Wichtig ist, alle Belege zur Fahrt gut aufzubewahren“, rät Brandl. Nur so lassen sich Ansprüche zweifelsfrei nachweisen.

Andere Verkehrsmittel und Erstattungen

Schon bei einer absehbaren Verzögerung von mindestens 20 Minuten entfällt etwa bei der Deutschen Bahn die Zugbindung. Fahrgäste dürfen dann auf andere Nahverkehrszüge umsteigen. Wer einen höherwertigen Zug wie einen ICE nutzt, muss zwar ein neues Ticket kaufen, kann sich die Kosten aber beim Servicecenter für Fahrgastrechte erstatten lassen. Nicht erfasst sind stark ermäßigte Fahrkarten wie das Deutschland-Ticket oder Ländertickets.

Fernverkehrsreisende profitieren von größeren Freiheiten: Fällt die Zugbindung weg, können sie ihr Ticket in allen Fern- und Nahverkehrszügen der DB nutzen. Unter bestimmten Voraussetzungen erstattet die Bahn zudem Taxikosten bis zu 120 Euro, etwa wenn der letzte Zug des Tages ausfällt oder die Ankunft zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens mindestens eine Stunde verspätet ist. Wichtig: Die Erstattung gilt nur, wenn kein alternatives Verkehrsmittel angeboten wird und eine Rücksprache mit der Bahn nicht möglich war.

Betreuung am Bahnhof

Kommt es zu längeren Ausfällen, haben Reisende Anspruch auf Betreuung. Ab einer Stunde Wartezeit oder bei einem Zugausfall muss das Bahnunternehmen Mahlzeiten und Getränke in angemessenem Umfang bereitstellen, sofern dies möglich ist. Lässt sich die Weiterfahrt nicht am selben Tag fortsetzen, übernimmt die Bahn auch Hotelkosten – unter Umständen für bis zu drei Nächte. Voraussetzung ist, dass die Übernachtung mit dem Unternehmen abgestimmt wird.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments