Gastkommentar Thomas Aigner: „In welcher Realität lebt die Bauministerin?“

Foto: Aigner Immobilien
Thomas Aigner: "Was wir erleben, ist populistische Symbolpolitik."

Nachlese von Thomas Aigner, Geschäftsführer der auf Wohnimmobilien ausgerichteten Aigner Immobilien GmbH aus München, zum Interview mit Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) beim Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung:

„Unter dem Motto ‚Zukunft gestalten in einer unberechenbaren Welt‘ trafen sich beim SZ Wirtschaftsgipfel 2025 in Berlin Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Besonders die Debatte zur Wohnungsbaupolitik hat verdeutlicht, wie groß die Diskrepanz zwischen politischem Anspruch und Realität in der Wohnungsbaupolitik ist. Ich habe das Gespräch mit Bundesbauministerin Verena Hubertz vor Ort verfolgt und ihre Aussagen lassen nur einen Schluss zu: Die Kluft zwischen politischen Schlagworten und der Realität im Wohnungsbau ist größer denn je.


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Die Vorstellung, ein Bebauungsplan könne in drei Monaten erstellt werden – wie es der sogenannte Bau-Turbo suggeriert –, wirft die Frage auf: In welcher Realität lebt die Ministerin? Wer die Praxis kennt, weiß, dass wir in Deutschland Jahre brauchen, um Baurecht zu schaffen – und genau hier liegt das Kernproblem. Solche Versprechen sind Augenwischerei und schaffen falsche Erwartungen.

Richtig ist ihr Eingeständnis, dass 16 Landesbauordnungen und überbordende Vorschriften die Baukosten immens in die Höhe treiben. Doch diese Erkenntnis ist weder revolutionär noch neu. Die Debatten um zu hohe Baukosten, Gebäudetyp E und schnellere Genehmigungen sind wichtig, aber sie lenken vom eigentlichen Engpass ab: dem fehlenden Bauland. Jahrzehntelange Fehlentwicklungen in der Stadtplanung haben dazu geführt, dass in den Metropolregionen schlicht kaum noch Flächen verfügbar sind. Wenn wir den Mangel an Wohnraum und die steigenden Mieten wirksam bekämpfen wollen, brauchen wir eine grundlegende Reform des kommunalen Planungsrechts. Statt kleinteiliger Zuständigkeiten muss eine übergreifende Regionalplanung für wachsende Metropolregionen etabliert werden. Nur so können wir die dringend benötigten Wohnungen schaffen.

Was wir stattdessen erleben, ist populistische Symbolpolitik: Mietpreisbremsen, Erhaltungssatzungen und Vorkaufsrechte für Bestandsgebäude sind politische Beruhigungspillen, die keine einzige neue Wohnung entstehen lassen. Sie kosten den Steuerzahler Milliarden und bringen Wählerstimmen, ohne das Problem zu lösen. Der Wohnraummangel ist kein Naturgesetz, sondern das Ergebnis politischer Fehlentscheidungen. Wir brauchen Mut zu echten Reformen – weniger Ideologie, mehr Realitätssinn.

Die Politik muss endlich die Rahmenbedingungen schaffen, die Investitionen in den Wohnungsbau ermöglichen. Dazu gehören schnellere Verfahren, eine Entbürokratisierung und vor allem eine strategische Flächenpolitik. Aber bitte keine Scheinlösungen wie den Bau-Turbo, der mehr PR als Praxis ist. Nur mit echten strukturellen Reformen können wir die Wohnungsnot in den Ballungszentren nachhaltig bekämpfen.“
 

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