
Akt III – Papier in Bestform, Geduld am Limit
Szene 7: Altersvorsorgedepot & Regulatorik
Kabinettssaal, triumphale Stimmung: Nach langem Ringen wird die Riester-Reform beschlossen. Aus der Riester-Rente wird das „Altersvorsorgedepot“. Ohne starre Garantien, dafür mit ETFs und einem neuen Förderturbomodell: 30 Cent staatliche Förderung je Euro bis 1.200 Euro im Jahr, darüber 20 Cent bis 1.800 Euro. SPD und CDU/CSU feiern „einen Durchbruch zu mehr Einfachheit und Transparenz“. Das Gesetz umfasst rund 200 Seiten und mehrere Förderstufen.
Off-Kommentar: Offenbar ist Einfachheit in Berlin eine Kategorie, die sich nicht in Seitenzahlen messen lässt, sondern in der geringen Zahl derer, die halbwegs verstehen, was man da eigentlich beschlossen hat. Parallel dazu treten neue Informationspflichten für Vorsorgeprodukte in Kraft. Die Politik betont, man habe „die Kundenperspektive konsequent in den Mittelpunkt gestellt“. Das Standardinformationsblatt umfasst nun zwölf Seiten statt zehn. Ein Vermittler fasst es so zusammen: „Die Kundinnen und Kunden wollen wissen, welche Lösung zu ihnen passt. Wir geben ihnen dafür jetzt noch mehr Text, den sie nicht lesen.“
Regieanweisung: Publikum lacht. Oder seufzt. Man ist sich nicht sicher.
Szene 8: Sondervermögen im Wartezimmer
Pressekonferenz zum Sondervermögen für die Infrastruktur: Die Regierung spricht immer noch von einem „historischen Signal“. Auf die Frage, wie viel Geld bereits verbaut wurde, verweist man auf „komplexe Planungs- und Genehmigungsverfahren“.Lebensversicherer signalisieren erneut Bereitschaft, langfristig in Infrastrukturprojekte zu investieren. Genau das, was Altersvorsorgekapital gut kann. In einem Pilotprojekt gelingt es, innerhalb von zwölf Monaten eine Genehmigung zu erhalten – für ein einzelnes Windrad. Fachleute sprechen von einem Durchbruch. Wer sich mit Infrastruktur in anderen Ländern beschäftigt, erkennt eher ein Experiment in Zeitlupe.
Off-Kommentar: Die Chance, stabile Renditen für die Altersvorsorge mit dem Ausbau des Landes zu verbinden, ist da. Sie sitzt im Wartezimmer der Bürokratie und zieht eine Nummer. Während des Wartens liest sie von Sten Nadolny: „Die Entdeckung der Langsamkeit“.
Szene 9: Publikumstest
Letzte Szene – eine Umfrage: Die meisten Menschen halten zusätzliche Vorsorge für notwendig. Das Vertrauen in die langfristige Leistungsfähigkeit der privaten Systeme ist grundsätzlich da. Das Vertrauen in die politische Umsetzungskraft sinkt. Gefragt, was sie sich wünschen, sagen viele: „Klare Ansagen, was nicht geht, was geht und dann bitte machen.“ Das klingt unspektakulär. In einem politischen Betrieb, in dem jede Maßnahme zuerst durch die Umfragefabrik geschickt wird, wäre es fast revolutionär.
Fortsetzung folgt…EPILOG












