Handelsvertreterausgleich bei Straffälligkeit des Handelsvertreters?

Tim Banerjee
Foto: Banerjee & Kollegen
Tim Banerjee

Auch wenn freie Handelsvertreter strafrechtlich belangt werden, kann ihnen die auftraggebende Gesellschaft in den allermeisten Fällen nicht den Handelsvertreterausgleich versagen. Darauf weist die Kanzlei Banerjee & Kollegen hin.

Subventionsbetrug bei Corona-Staatshilfen, Steuervergehen, Insolvenzverschleppung: Es existieren viele Gelegenheiten, in denen freie Handelsvertreter strafrechtlich verfolgt und entsprechend verurteilt werden können. Das kann viele negative Konsequenzen haben, auch über die reine Verurteilung zu einer Geld- oder sogar Freiheitsstrafe hinaus. Denn üblicherweise werden auftraggebende Gesellschaften versuchen, nicht nur den freien Handelsvertreter schnellstmöglich über den Weg der fristlosen Kündigung loszuwerden, sondern ihm auch den Handelsvertreterausgleich zu versagen. Unter dem Handelsvertreterausgleich versteht man die Vergütung, die zum Ende des Vertragsverhältnisses zwischen Handelsvertreter und einem Unternehmen gezahlt wird, um die Vorteile auszugleichen, die der Handelsvertreter dem Unternehmen eingebracht hat. Der Handelsvertreteraus-gleich ist rechtlich im Handelsgesetzbuch in Paragraf 89 b geregelt.

„Das müssen freie Handelsvertreter aber nicht hinnehmen. Für eine fristlose Kündigung ist ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens notwendig. Dies ist wohl durch eine strafrechtliche Verurteilung regelmäßig gegeben. Das Vertragsverhältnis kann von jedem Teil aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Dieses Recht kann nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden, heißt es entsprechend im Handelsgesetzbuch“, sagt Dr. Tim Banerjee, Rechtsanwalt und Partner von Banerjee & Kollegen, Kanzlei für Finanzdienstleistungsrecht aus Mönchengladbach. Banerjee berät auch regelmäßig im Wirtschaftsstrafrecht und weist auf einen Beschluss hin, mit dem sich das Oberlandesgericht Köln (01. März 2021, Aktenzeichen: 19 U 148/20) deutlich auf Seiten freier Handelsvertreter bei Streitigkeiten über den Handelsvertreterausgleich nach fristloser Kündigung positioniert und einiges zu den Rechten des Handelsvertreters in dieser Situation klargestellt hat. Banerjee hatte das Verfahren für den klagenden Insolvenzverwalter geführt.


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„Der Kläger war wegen Steuerhinterziehung zu 180 Tagessätzen verurteilt worden. Daraufhin hatte seine Auftraggeberin, eine Versicherung, ihn fristlos gekündigt und wollte den Ausgleich nach 14 Jahren Tätigkeit nicht zahlen. Die fristlose Kündigung war rechtmäßig, aber eben nicht der Entfall des Handelsvertreterausgleichs. Daher wurde die Versicherungsgesellschaft verurteilt, diese in einer sechsstelligen Höhe zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung bestätigt“, betont Banerjee.

Der Anspruch bestehe nur dann nicht, wenn die Gesellschaft das Vertragsverhältnis gekündigt und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorgelegen habe. Das bedeute aber in der Praxis, dass dieses schuldhafte Verhalten direkt mit der Tätigkeit des freien Handelsvertreters im Zusammenhang stehen müsse. „Somit reicht eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nicht aus, um den Handelsvertreterausgleich zu versagen. Bei einem Vermögensdelikt, das einen Kunden des freien Handelsvertreters betrifft, wäre eine Versagung beispielsweise aber sehr wohl möglich“, erklärt Banerjee.

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