Immer mehr Banken öffnen ihre Eigendepots für alternative Assets

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Ungeachtet der Zinswende am Kapitalmarkt und des Kriegs in der Ukraine setzen Primärbanken immer stärker auf Erträge aus ihrem eigenen Depot (Depot A). Dabei greifen sie zunehmend auf alternative Anlageklassen wie Private Equity, Private Debt, Real Estate oder Immobilien zurück, wie eine wissenschaftliche Erhebung bei 112 Sparkassen, Volksbanken und Raiffeisenbanken ergab.

58 Prozent der befragten Banken gaben an, dass das Eigengeschäft mit dem Depot A[1] wichtiger geworden sei als vor einem Jahr. Beim Zinsgeschäft mit Kunden lag dieser Wert angesichts der Zinswende mit 76 Prozent noch höher. Dagegen gaben nur 24 Prozent der Banken an, dass das Provisionsgeschäft mit Kunden heute wichtiger sei als vor einem Jahr.

Drei Viertel wollen Depot A stärker diversifizieren

Über drei Viertel der Banken sind derzeit nach eigenem Bekunden dabei, neue Anlageklassen (zum Beispiel alternative Assets) in ihr Depot A aufzunehmen, um so das Ertragspotenzial im Eigenhandel zu optimieren. Das erklärten 77 Prozent der befragten Anlage-Experten; vor zwei Jahren waren es noch 59 Prozent gewesen. 75 Prozent gaben an, an einer Diversifikation des Portfolios zu arbeiten, der Vergleichswert von 2020 liegt hier bei 63 Prozent. 56 (51) Prozent sind dabei, das Rendite-Risiko-Profil den veränderten Marktbedingungen anzupassen und 36 (29) Prozent legen insgesamt einen stärkeren Fokus auf das Depot A.

Mittlerweile haben fast drei Viertel der Banken (73 Prozent) alternative Assets in ihrem Depot A, vor zwei Jahren waren es noch 54 Prozent. Das entspricht einer Steigerung um 19 Prozentpunkte.

Größtes Interesse an Infrastruktur und Real Estate

Bei den alternativen Anlageklassen richtet sich das Interesse der Banken am stärksten auf Infrastruktur-Investments. 78 Prozent gaben an, diese Assetklasse in den kommenden Jahren stärker in ihrem Depot A berücksichtigen zu wollen. Ebenfalls stark im Trend liegt Real Estate (40 Prozent), gefolgt von Private Equity (23) und Private Debt (21). Das Interesse an Private Debt ist seit 2020 kontinuierlich gestiegen – allein zwischen April und August 2022 von 18 auf 21 Prozent. Experten führen diesen Trend auf die generell wachsende Attraktivität dieser Assetklasse, aber auch auf die in jüngster Zeit steigenden Zinsen am Markt zurück.   

Regulatorische Hürden bremsen alternative Investments

Wie schon in der Vorgängerstudie, so erwiesen sich auch diesmal regulatorische Hürden und Reporting-Vorschriften als Bremsen bei der Investition in alternative Anlageklassen. Eine große Mehrheit (93 Prozent) gab an, dass sie verstärkt in alternative Assets investieren würden, wenn Reporting und Regulatorik keinen Aufwand verursachen würden. Lediglich 7 Prozent der Befragten sehen keinen Einfluss des erhöhten Aufwands auf das Investitionsverhalten.

Nachhaltigkeit als wichtiger Faktor fürs Depot A

Nachhaltigkeit ist für die Mehrheit der Befragten (67 Prozent) ein wichtiger Einflussfaktor auf die Depot-A-Strategie. Dabei beurteilen 13 Prozent den Einfluss als sehr stark und weitere 54 Prozent als stark. Gut ein Drittel der Teilnehmer (34 Prozent) empfindet einen schwachen Effekt von Nachhaltigkeitsthemen wie Klimawandel, Umweltschutz, soziale Verantwortung und gute Unternehmensführung.

Das eigene Wissen über alternative Anlageklassen wird von den Studienteilnehmern sehr unterschiedlich eingeschätzt. Während 89 Prozent angaben, gute oder sehr gute Kenntnisse bei Real Estate zu haben, betrug dieser Wert bei Infrastruktur 40 Prozent und bei Private Equity 37 Prozent. Jeder zweite Teilnehmer (50 Prozent) räumte ein, schlechtes Know-how zum Thema Private Debt zu besitzen.

Ukraine-Krieg verkürzt Anlagehorizont

Eine Zusatzbefragung im August 2022 offenbarte – vor dem Hintergrund der Zinswende und des Ukraine-Kriegs – Änderungen in der Anlagementalität der Banken: So gab die Mehrheit nun an, der Anlagehorizont im Eigendepot sei eher kurzfristig, während man im Jahr des Covid-Ausbruchs noch von einer eher langfristigen Anlageperspektive ausgegangen war. Die Attraktivität alternativer Anlageklassen wurde dagegen als nach wie vor hoch eingeschätzt, hier gab es kaum Veränderungen im Vergleich zu 2020.

Robert Massing, Vorstand der SOLUTIO AG, sagte: „Die Studie bestärkt uns einmal mehr in unserer langjährigen Strategie, institutionellen Investoren wie Banken und Sparkassen bei der weiteren Diversifizierung ihrer Depots zur Seite zu stehen. Dass auch Covid-19 und der Ukraine-Krieg daran nichts Grundsätzliches geändert haben, ist eines der erfreulichen Ergebnisse der Untersuchung.“

Ralph Günther, bei PANTHEON für das Geschäft im deutschsprachigen Raum verantwortlich, sagte:„Alternative Assets wie Private Equity und Private Debt sind unverzichtbare Bestandteile eines breit diversifizierten Portfolios mit ausgewogenem Rendite-/Risiko-Verhältnis. Dass dies auch immer mehr Banken und Sparkassen erkennen und danach handeln, zeigt die vorliegende Studie.“ 

Prof. Dr. Jens Kleine, Leiter der Studie beim CFin: „Die Möglichkeit des Vergleichs mit 2020 macht den besonderen Reiz dieser Untersuchung aus. Indem wir die Daten aus dem Frühjahr und Sommer 2022 mit der Vorgängerstudie abgleichen konnten, erhielten wir wichtige Einblicke in die veränderte Anlagementalität nach Corona, der Zinswende und dem Beginn des Ukraine-Kriegs.“

Die Befragung wurde im Frühjahr und Sommer 2022 durchgeführt und ermöglicht den Vergleich mit einer ähnlichen Studie aus dem Jahr 2020, als die Covid-19-Pandemie ausgebrochen war. Beide Untersuchungen stammen vom CFin – Research Center for Financial Services (München) der Steinbeis-Hochschule und wurden von der SOLUTIO AG und PANTHEON unterstützt.

[1] Im Depot A (auch Eigendepot) befinden sich alle Wertpapiere, die im Eigentum der Bank sind. Das Depot A enthält somit alle Wertpapiere des Eigenhandels einer Bank. Daneben enthält das Depot A auch Papiere in fremdem Eigentum, für die der Eigentümer („Hinterleger“) ausdrücklich eine Weiterverpfändung im Namen der Bank zugelassen hat.

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