Immobilien: „Geldwäscheprävention ist Frage der gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung“

Tommas Kaplan
Foto: von Poll Immobilien
Tommas Kaplan, von Poll Immobilien

Geldwäsche kommt in einigen Branchen vor, so auch in der Immobilienbranche. Tommas Kaplan, Chief Compliance Officer und Head of HR bei von Poll Immobilien, über die Situation in Deutschland und eine neue Rechtslage seit dem 1. April 2023.

Aufgrund der hohen Investitionssummen, die im Immobiliensektor in der Regel üblich sind, steht die Branche immer wieder im Fokus, wenn es um das Einschleusen illegaler Gelder geht. Das Ende 2022 in Kraft getretene Sanktionsdurchsetzungsgesetz II bringt diverse Änderungen für das Geldwäschegesetz mit sich. Eine wesentliche Neuerung betrifft das ab dem 1. April 2023 geltende Barzahlungsverbot bei Immobiliengeschäften. Damit wird ein Verbot von Barzahlungen, Kryptowährungen, Gold, Platin oder Edelsteinen bei Immobiliengeschäften eingeführt.

Herr Kaplan, Hand aufs Herz – wo stehen wir angesichts der Geldwäscheprävention aktuell in Deutschland?

Kaplan: Deutschland steht unter starkem internationalen Druck, im Bereich der Geldwäscheprävention und -bekämpfung mehr zu tun. Die Financial Action Task Force, von den G7-Staaten 1989 gegründet und der internationale Standardsetzer für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, hat im Rahmen ihrer Überprüfung Deutschlands in den Jahren 2021 und 2022 festgestellt, dass die Gesetzgebung, also die „technical compliance“, gut aufgestellt ist. Die Umsetzung der gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Vorgaben, also die „effectiveness“, ist jedoch nur unzureichend. In einem Schulnotensystem ausgedrückt, würde Deutschland für die „technical compliance“ eine 1,7 und für die „effectiveness“ eine 3,9 erhalten. Leider verbessert der Gesetzgeber bisher nicht die Umsetzung durch die Aufsichts-, Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden sowie Verpflichtete, sondern erweitert die Regelungen und gesetzlichen Vorgaben – also den Bereich, der bereits gut bewertet wird. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Nun ist das Zweite Gesetz zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen Ende 2022 in Kraft getreten, ebenso das neue Barzahlungsverbot bei Immobiliengeschäften am 1. April 2023. Was heißt das genau?

Kaplan: Das Barzahlungsverbot bei Immobiliengeschäften hat zur Folge, dass Immobilientransaktionen ab einem Wert von 10.000 Euro ausschließlich per Banküberweisung oder über ein Notaranderkonto abgewickelt werden dürfen. Die Regelung erstreckt sich auch auf den Erwerb von Gesellschaftsanteilen, wenn Immobilien zum Gesellschaftsvermögen gehören. Die Kaufvertragsparteien haben gegenüber dem Notar nachzuweisen, dass der Kaufpreis in voller Höhe bargeldlos geleistet wurde. Als Nachweis kommen Zahlungsbestätigungen der an der Transaktion beteiligten Kreditinstitute des Verkäufers und des Käufers in Betracht, also Kontoauszüge oder Zahlungseingangsbestätigungen der kontoführenden Bank des Verkäufers.

Wer überprüft die Nachweispflicht?

Kaplan: Der Notar hat die Schlüssigkeit, die von den Kaufvertragsparteien vorgelegten Unterlagen zu prüfen. Erst nach positiver Schlüssigkeitsprüfung erfolgt die Eintragung in das Grundbuch. Liegt dem Notar innerhalb einer angemessenen Frist kein schlüssiger Nachweis vor und hat der Notar erfolglos zur Vorlage des Nachweises aufgefordert, muss er eine Verdachtsmeldung abgeben und die Transaktion für fünf Tage stoppen, bis die Financial Intelligence Unit (FIU) über das weitere Vorgehen entscheidet. Wenn die FIU oder eine andere Strafverfolgungsbehörde die Eigentumsumschreibung nicht verhindert, muss der Notar die Eigentumsumschreibung letztlich doch vornehmen. Daher belehrt der Notar die Kaufvertragsparteien über das Barzahlungsverbot, die zivilrechtlichen Folgen und die sich daraus ergebenden Nachweispflichten. Übrigens: Mehr Transparenz wird bereits durch die Verknüpfung von Immobiliendaten mit dem Transparenzregister geschaffen. Dabei werden die Grunddaten zu Eigentümer, Flurstück und Grundbuchblatt aus den Grundbüchern in das Transparenzregister übertragen, damit dort juristische Person, wirtschaftlich Berechtigter und Immobilienbesitz miteinander verknüpft werden können.

Aus geldwäscherechtlicher Sicht stellt ein höheres Eigenkapital eine besondere Herausforderung dar. Was raten Sie Immobilienmaklern?

Kaplan: Da Vollfinanzierungen aufgrund der aktuellen Zinsentwicklung und der niedrigeren Beleihungswerte der Banken seltener werden, rückt die Frage nach ausreichend Eigenkapital immer mehr in den Vordergrund. Daher sollte rechtzeitig geklärt werden, wie die Immobilie finanziert werden soll. Ein Fallbeispiel: Ein 27-jähriger Kaufinteressent möchte eine Wohnung für über 700.000 Euro erwerben. Er gibt an, über 500.000 Euro Eigenkapital zu verfügen. Er ist als Lehrer angestellt. Die Herausforderung besteht darin, herauszufinden, woher das eingesetzte Kapital stammt und wie er sein Vermögen aufgebaut hat. Es gibt einige Szenarien, die eine legitime Herkunft erklären könnten, aber auch Risiken einer unplausiblen oder illegitimen Herkunft. In unserem Beispiel konnte die Herkunft des Geldes plausibilisiert werden, da der Kunde nachweisen konnte, dass er das Eigenkapital aus einer Erbschaft erhalten hatte.

Und wie könnte es aussehen, wenn die Herkunft des Vermögens beziehungsweise des einzusetzenden Kapitals nicht plausibilisiert werden kann?

Kaplan: Wieder ein Beispiel: Ein 30-jähriger Kaufinteressent wollte ein Einfamilienhaus für 890.000 Euro kaufen. Er gab an, keine Fremdfinanzierung zu benötigen, da er über 400.000 Euro auf seinem Konto und über 18 Bitcoins im Wert von über 800.000 Euro verfüge. Zu diesem Zweck legte er einen Kontoauszug eines deutschen Bankinstituts sowie einen Auszug aus seiner Krypto-Wallet vor. Eine Nachfrage beim Kunden, wie er zu diesem Vermögen gekommen sei und vor allem aus welcher Geschäftstätigkeit die 18 Bitcoins stammten, blieb unbeantwortet. Auch ein Nachfassen blieb unbeantwortet, so dass davon auszugehen ist, dass der Kunde keine Aufklärung wünscht. In solchen Fällen ist die Geschäftsbeziehung zu beenden und eine Verdachtsmeldung an die FIU zu erstatten.

Sie sind neben Ihren Positionen als Chief Compliance Officer und Head of HR auch Geldwäschebeauftragter bei von Poll Immobilien. Zudem engagieren Sie sich als Co-Lead der AG 3 „Geldwäsche im Immobiliensektor“ in der Public-Private-Partnership AFCA (Anti-Financial-Crime-Alliance). Warum ist von Poll Immobilien bei der Geldwäscheprävention so aktiv und gut aufgestellt?

Kaplan: Das Engagement von von Poll Immobilien im Bereich der Geldwäscheprävention und Compliance verfolgt mehrere Ziele. Zum einen sind die Geldwäscheprävention und Compliance wichtige Säulen unserer gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung und damit auch ein ESG-Thema. Zum anderen ist es aufgrund der ständig wachsenden gesetzlichen Anforderungen wichtig, als Experte in den jeweiligen Gesetzgebungsverfahren zur Verfügung zu stehen. Aus diesem Grund ist von Poll Immobilien dem Bundesverband der Geldwäschebeauftragten (BVGB) beigetreten. Seit dem 6. März 2023 bin ich zudem Mitglied im Vorstand des BVGB, woraus sich bereits erste Gespräche mit Bundestagsabgeordneten ergeben haben. Daher kann ich allen Verpflichteten – vor allem Immobilienmaklern – nur empfehlen, dem BVGB beizutreten. Denn nur gemeinsam können wir sinnvolle und praxistaugliche Empfehlungen wirkungsvoll an die Politik und den Gesetzgeber adressieren.

Was bewegt Sie im Bereich der Geldwäscheprävention aktuell besonders?

Kaplan: Spannend ist zweifelsohne, dass auf europäischer Ebene eine Geldwäscheverordnung geplant ist, die nach ihrem Inkrafttreten für alle EU-Mitgliedstaaten einheitlich – im Sinne eines „Single Rulebook“ – gilt. Konkret heißt das, dass mit der Verordnung die geldwäscherechtlichen Pflichten für die Verpflichteten verschärft, komplexer und vor allem umfangreicher werden. Darüber hinaus ist vorgesehen, neue Verpflichtete wie Bauträger, Finanzierungsvermittler und Crowdfunding-Dienstleister zu bestimmen. Letztere bieten über Online-Plattformen sogenanntes Immobilien-Crowdfunding für größere Immobilienprojekte an. Hinzu kommt, dass die Schwellenwerte für Mietmakler von 10.000 Euro auf 5.000 Euro Kaltmiete gesenkt werden und ein unionsweites Bargeldverbot ab 7.000 Euro gelten soll. Die Verpflichteten haben allerdings drei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung Zeit, alle Anforderungen zu erfüllen. Da die Verordnung noch im Jahr 2023 in Kraft treten soll, endet die Umsetzungsfrist 2026.

Es gibt derzeit mehr als 300 Aufsichtsbehörden im Nichtfinanzsektor. Etwas unübersichtlich auf den ersten Blick, oder?

Kaplan: Ja, da stimme ich zu. Allerdings arbeitet das Bundesministerium der Finanzen bereits parallel an einem Gesetzentwurf zur Errichtung einer Bundesoberbehörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (BBF). In der BBF sollen drei weitere Behörden zusammengefasst werden: das Bundesfinanzkriminalamt, die FIU und eine Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor. Ziel der Zentralstelle ist es, eine einheitliche Aufsicht im Nichtfinanzsektor zu erreichen.
Unterm Strich machen beide genannten Vorhaben deutlich, dass sowohl die EU als auch Deutschland die Maßnahmen zur Geldwäscheprävention weiter verschärfen. Eine Herausforderung, die sich jeder Immobilienmakler stellen muss. Wer dem von Poll Immobilien Netzwerk angehört, hat dabei den Vorteil, dass er regelmäßig informiert wird und entsprechende Umsetzungshilfen erhält.

Zur von Poll Immobilien Website: https://www.von-poll.com/de

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