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Immobilien übertragen statt vererben – so nutzen Familien legale Steuervorteile

Foto: JUHN Partner GmbH Steuerberatungsgesellschaft
Christoph Juhn

Wer Immobilien erst im Erbfall übergibt, riskiert oft hohe steuerliche Belastungen und verschenkt Gestaltungsspielräume, die zu Lebzeiten möglich wären. Denn wer frühzeitig plant, kann Freibeträge mehrfach nutzen, die Steuerlast deutlich reduzieren und zugleich festlegen, wie Rechte und Pflichten innerhalb der Familie verteilt werden. Gastbeitrag von Prof. Dr. Christoph Juhn, Kanzlei Juhn Partner.

Mit einer klugen Strategie lassen sich Vermögen sichern, Konflikte vermeiden und die nächste Generation gezielt entlasten. Dieser Beitrag zeigt, welche Modelle sinnvoll sind, wo Grenzen liegen und warum frühzeitiges Handeln so viel bewirken kann.

Warum Erben teuer werden kann

Im Erbfall steht nur ein einziger Freibetrag zur Verfügung. Bei stark gestiegenen Immobilienwerten reichen diese Grenzen oft nicht aus, sodass schnell hohe Steuerforderungen entstehen. Besonders Familien mit mehreren Kindern oder größeren Vermögen sind betroffen: Der Wert der Immobilie übersteigt häufig die Freibeträge, sodass im Erbfall fünf- bis sechsstellige Beträge fällig werden können.


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Fehlt zudem eine klare Nachfolgeregelung, drohen weitere Probleme. Erben streiten über Rechte und Pflichten, und im schlimmsten Fall muss die Immobilie verkauft werden, nur um die Steuer zu begleichen. Für viele Familien ist das ein vermeidbarer Verlust, denn mit frühzeitiger Planung ließe sich ein Großteil dieser Belastungen umgehen. Welche Möglichkeiten es dafür gibt, zeigt der Blick auf die wichtigsten Modelle.

Die wichtigsten Modelle zur steueroptimierten Übertragung

Familien können aus mehreren erprobten Modellen wählen, um Immobilien steuerlich vorteilhaft an die nächste Generation weiterzugeben. Jedes Modell hat eigene Stärken, je nachdem, wie viel Kontrolle die Eltern behalten möchten und wie flexibel die Nachfolge geregelt werden soll.

  • Schenkung mit Vorbehaltsnießbrauch:
    Die Immobilie geht auf die Kinder über, während die Eltern weiterhin dort wohnen oder Mieteinnahmen beziehen. Der Nießbrauch wirkt dabei wie ein steuerlicher Puffer: Sein Wert wird vom Immobilienwert abgezogen, wodurch sich der steuerpflichtige Schenkungswert oft erheblich reduziert. Für viele Familien ist dieses Modell der stärkste Hebel, um Vermögen zu übertragen und gleichzeitig Einkünfte zu sichern.
  • Übertragung über eine Familiengesellschaft:
    Die Immobilie wird in eine Familien-GbR oder eine GmbH & Co. KG eingebracht. Die Gesellschaftsanteile lassen sich nach und nach übertragen und die Freibeträge können gezielt genutzt werden. Gleichzeitig bleiben Entscheidungs- und Verwaltungsrechte flexibel gestaltbar.
  • Verkauf an Kinder oder an eine Familiengesellschaft:
    Statt einer Schenkung erfolgt ein Verkauf zu einem angemessenen Preis. Oft wird ein Darlehen einbezogen, das später ausgeglichen oder erlassen werden kann. Für Eltern bietet der Verkauf zusätzliche finanzielle Sicherheit für das Alter. Für die Kinder ergibt sich dabei die Möglichkeit, die Abschreibung der Immobilie, deren Wert im Laufe der Jahre meistens weiter gestiegen ist, erneut anzusetzen. In Verbindung mit etwaigen Finanzierungskosten können daraus weitere Steuervorteile entstehen.
  • Gestaltung der Bewertung:
    Die Bewertung der Immobilie spielt ebenfalls eine Rolle, da unterschiedliche Verfahren zu unterschiedlichen steuerlichen Ergebnissen führen können.

Diese Modelle unterscheiden sich in Bezug auf Kontrolle, laufende Einnahmen und Flexibilität. Welche Lösung passt, hängt von der Familiensituation, dem Vermögen und den langfristigen Zielen ab.

Worauf Familien bei der Übertragung achten müssen

So vielfältig die Gestaltungsmodelle sind, so wichtig ist eine rechtssichere Umsetzung. Besonders im Steuer- und Gesellschaftsrecht gibt es Details, die schnell zu unerwarteten Herausforderungen führen können. Ein zentraler Punkt ist die Grunderwerbsteuer. Bei Übertragungen an Kinder oder zwischen Ehepartnern entfällt sie, bei Übertragungen auf Kapitalgesellschaften hingegen nicht. Auch die Schenkungsteuer bleibt relevant: Zwar lassen sich Freibeträge gezielt nutzen, doch nur, wenn jede Teilübertragung korrekt gestaltet und dokumentiert ist.

Vereinbarungen zu Nießbrauch oder Wohnrechten müssen notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden. Fehler in diesen Verträgen können dazu führen, dass der steuerliche Vorteil nicht anerkannt wird. Ähnlich anspruchsvoll ist die Gründung einer Familiengesellschaft, denn jede Rechtsform hat eigene steuerliche Folgen und Gestaltungsspielräume. Oft wird dabei nur der elterliche Anteil an der Immobilie übertragen, was zusätzliche Flexibilität schafft, aber auch eine präzise Planung erfordert.

Bei Ehepaaren kann zudem die sogenannte Güterstandsschaukel sinnvoll sein. Dabei wird der Güterstand kurzfristig geändert, um Vermögen steuerfrei zwischen den Partnern zu übertragen. Die Gestaltung bietet Spielraum, ist rechtlich jedoch anspruchsvoll und muss sauber umgesetzt werden, um steuerlich anerkannt zu werden.

Ein weiterer kritischer Faktor ist die Bewertung der Immobilie. Je nach Bewertungsverfahren fällt der steuerliche Wert sehr unterschiedlich aus. Eine ungeschickte Wahl kann die Steuerlast unnötig erhöhen und auch innerhalb der Familie zu Diskussionen führen. Kurz gesagt: Wer die Übertragung professionell plant, schützt sich vor teuren Fehlern und schafft klare Verhältnisse. Eine individuelle Beratung ist hier fast immer unverzichtbar.

Wie eine faire und klare Nachfolge gelingt

Bei Immobilien geht es selten nur um Zahlen. Gerade innerhalb der Familie spielen Erwartungen, persönliche Beziehungen und der gefühlte Wert des Vermögens eine große Rolle. Damit die Übertragung nicht zu Spannungen führt, braucht es frühzeitige und offene Gespräche. Wer seine Pläne transparent macht, verhindert Missverständnisse und schafft Vertrauen.

Fairness lässt sich auch vertraglich sicherstellen. Wenn eine Immobilie an ein Kind übergeht, können Ausgleichszahlungen oder andere Vermögenswerte dafür sorgen, dass Geschwister gleich behandelt werden. Ebenso wichtig ist der Blick auf bereits erfolgte Schenkungen, damit alle Beteiligten nachvollziehen können, wie die Vermögensverteilung zustande kommt.

Auch die formale Seite trägt zum Familienfrieden bei. Klare Vereinbarungen über Wohnrechte, Nießbrauch oder Entscheidungsbefugnisse und eine korrekte Eintragung ins Grundbuch verhindern spätere Streitpunkte. Eine sorgfältige Bewertung der Immobilie sorgt dafür, dass alle dieselbe Grundlage haben – sowohl steuerlich als auch emotional. So entsteht ein verlässlicher Rahmen, der nicht nur steuerliche Vorteile nutzt, sondern auch den Zusammenhalt innerhalb der Familie bewahrt.

Gestärkt in die nächste Generation

Eine gut geplante Immobilienübertragung schafft gleich zweierlei: Sie senkt die steuerliche Belastung und sorgt für klare Strukturen, die der Familie langfristig Sicherheit geben. Wer früh beginnt, kann Freibeträge gezielt nutzen, Verantwortung sinnvoll verteilen und den Übergang Schritt für Schritt gestalten.

So entsteht eine Nachfolge, die nicht erst im Erbfall unter Druck entsteht, sondern bewusst und mit Blick auf alle Beteiligten gestaltet wird. Familien behalten die Kontrolle über ihr Vermögen, die nächste Generation erhält Orientierung, und mögliche Konflikte werden schon im Vorfeld entschärft. Mit einer durchdachten Gestaltung bleibt der Wert der Immobilie nicht nur erhalten, sondern wird zu einem Fundament, das auch künftigen Generationen Stabilität gibt.

Prof. Dr. Christoph Juhn ist Gründer und Geschäftsführer der Kanzlei Juhn Partner, einer auf Gestaltungsberatung spezialisierten Steuer- und Rechtsberatungskanzlei mit rund 120 Mitarbeitenden an fünf Standorten in Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Bonn und Dubai. Sein Schwerpunkt liegt auf steueroptimierten Unternehmens- und Vermögensstrukturen, insbesondere Holding-Konzepten zur Sicherung von Wachstum, Liquidität und Zukunftsfähigkeit.

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