Infrastruktur: Grünanlagen für die Zukunft

Luftaufnahme an der Seeschleuse ijmuiden, den Niederlanden
Foto: PantherMedia
Luftaufnahme an der Seeschleuse ijmuiden, den Niederlanden

Weltweit fließen Billionensummen in den Auf- und Umbau einer nachhaltigen Infrastruktur. Anleger können gezielt in die klimaneutrale Wirtschaft von morgen investieren und damit eine aktive Rolle bei der Erzielung sozialer und ökologischer Renditen spielen.

Ob Tunnel, Brücken, Autobahnen, Schienennetze oder Wasserleitungen: Der Bedarf an Investitionen in die marode Infrastruktur ist enorm – nicht nur hierzulande. In den meisten Staaten setzte eine Wende ein. Versäumtes nachzuholen. Da zugleich die Energiewende vorangetrieben werden soll, bedarf es gigantischer Investitionen.

Weltweit sind bis zum Jahr 2040 rund 94 Billionen US-Dollar erforderlich, damit die Infrastruktur mit dem Wirtschaftswachstum mithalten kann und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen erreicht werden. So lautet die Prognose des Global Infrastructure Hub der G20-Staaten, das eigens gegründet wurde, um rund um den Globus nachhaltige Infrastruktur zu fördern. Eine Studie von McKinsey taxiert die notwendigen Investitionen für das Erreichen einer emissionsfreien Weltwirtschaft bis 2050 gar auf 275 Billionen Dollar. Dies entspricht 7,5 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts. „Klimaschutz und Energiewende sind undenkbar ohne entsprechende Infrastruktur“, bringt es Christoph Gisler, Head Infrastructure Equity beim Schweizer Versicherer Swiss Life.

Schon jetzt fließen beträchtliche Summen: Der im August vergangenen Jahres von US-Präsident Joe Biden verabschiedete Inflation Reduction Act etwa sieht in den kommenden zehn Jahren 369 Milliarden Dollar in Energiesicherheits- und Klimaschutzprogramme vor. Auch auf dem Alten Kontinent steht eine Zeitenwende bevor: Das europäische Pendant, der sogenannte Green Deal, stellt umgerechnet rund 600 Milliarden Dollar aus Steuergeldern zur Verfügung, mit denen der Übergang zu einer ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft gefördert werden soll.

Als Treiber dieser Entwicklung ortet Alexander Koch, Leiter des Drittvertriebs bei Amundi in Deutschland neben steuerlichen Anreizen durch die Regierungen und dem technologischen Fortschritt vor allem „signifikante demografische Veränderungen wie das Wachstum der Mittelschicht in den Schwellenländern und die Urbanisierung“.

Gute Chancen für das blaue Gold

Anleger können an dieser Entwicklung teilhaben. „Der Löwenanteil der Investitionen wird vom privaten Sektor kommen müssen“, meint Johannes Maier, Portfolio Manager für globale Infrastruktur-Aktien beim Vermögensverwalter Bantleon. „Dadurch rücken Unternehmen mit der notwendigen Expertise, eine kohlenstoffarme Welt von morgen zu gestalten, ins Rampenlicht.“ Sparern spielt dabei in die Karten, dass diese Investments gleich mit mehreren Vorzügen punkten. Weil Infrastrukturanlagen häufig auf Jahrzehnte ausgelegt sind und teilweise über staatliche Konzessionsvereinbarungen verfügen, sind die Projekte vergleichsweise unabhängig vom Auf und Ab der Konjunktur und erwirtschaften verlässliche und planbare Erträge. Nicht zuletzt erschweren hohe Barrieren den Eintritt neuer Marktteilnehmer. „Die Branchen sind hochgradig reguliert, mitunter gibt es sogar Monopole, der Wettbewerb ist minimal“, unterstreicht Bantleon-Portfoliomanager Maier. Shane Hurst, Portfoliomanager des Infrastructure Value Fonds der Franklin Templeton-Tochter ClearBridge Investments sieht einen weiteren Vorteil in deren geringen Korrelation zu den Launen der Börsen: „Wasser, Gas und Strom werden selbst dann konstant nachgefragt, wenn die Aktienmärkte schwächeln.“ Meist handele es sich gar nicht um neue Themen, ergänzt Andreas Görler, Vermögensberater und zertifizierter Fachmann für nachhaltige Investments bei Wellinvest Pruschke & Kalm: „Die Unternehmen sind schon extrem lange am Markt, haben ein gutes Management und auch schon die ein oder andere Krise überstanden.“ Als Beispiel nennt er den größten börsennotierten Wasser- und Abwasserversorger der Vereinigten Staaten, USA American Water Works, der 1886 gegründet wurde. Überhaupt sieht Görler gute Chancen für das blaue Gold: „Das Thema Wasser wird weiter an Wichtigkeit zunehmen. Die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und die Aufbereitung und Reinigung von Abwasser sind essentiell für die Menschheit.“

Um die Einzelrisiken solcher Infrastrukturunternehmen zu reduzieren, bietet es sich für Anleger ihr Erspartes in breit streuende aktive oder passive Fonds zu investieren. Der ClearBridge Infrastructure Value Fund etwa investiert mindestens 15 Prozent seines Portfolios in nachhaltige Anlagen. „Da sich die verschärften finanziellen Bedingungen auf die Wirtschaft und die Unternehmensgewinne auszuwirken beginnen, tendieren wir zu defensiveren Sektoren“, erklärt Portfoliomanager Shane Hurst. Er sieht nach wie vor einige Bereiche, in denen sich der Aufschwung nach der Coronakrise fortsetzt – etwa in Japan, wo das Schienenverkehrsaufkommen zunimmt. Attraktiv bewertet sieht Hurst nicht zuletzt US-Versorgungsunternehmen. Knapp die Hälfte der Anlagemittel des Ende 2016 aufgelegten Fonds flossen zuletzt in die USA. Zu den am höchsten gewichteten Titeln zählten neben dem größten Versorger der Vereinigten Staaten, PG&E, der Eurotunnel-Betreiber Getlink und der US-Energieversorger NextEra Energy.

Gut gemischt in erneuerbare Energien investieren

Im Bantleon Select Infrastructure bleibt laut Fondsmanager Johannes Maier die Energiewende die wichtigste Säule der Investmentstrategie. Der traditionelle Energiesektor spielt für ihn generell keine Rolle. Attraktive Wachstumsprofile attestiert er unabhängige Produzenten von erneuerbaren Energien wie Greenvolt, Grenergy und Voltalia. Zudem dürften seiner Einschätzung zufolge spezialisierte Recyclingunternehmen wie Umicore und Befesa weiter an Bedeutung gewinnen. „In beiden Segmenten spiegelt sich bislang noch wenig Optimismus in den Aktienpreisen, was deren Potenzial zeigt“, glaubt Maier. Gute Chancen attestiert er darüber hinaus Mautstraßenbetreibern wie Vinci oder Transurban, die er für hervorragend aufgestellt hält, um auch in den kommenden zehn Jahren die Inflation zu schlagen.

Der KBI Global Sustainable Infrastructure Fund kombiniert die Zukunftsthemen Infrastruktur und Nachhaltigkeit über Engagements in den Bereichen erneuerbare Energie, intelligente Stromnetze, Wasserinfrastruktur, Abfallwirtschaft/ Recycling, digitale Infrastruktur sowie die Lagerung und den Transport von Nahrungsmitteln. Einige der traditionellen Infrastruktursektoren wie Flughäfen, Öl- und Gaspipelines sowie Mautstraßen klammert das Fondsmanagement hingegen bewusst aus. „Unser Engagement im Bereich der erneuerbaren Energien ist zwar gut diversifiziert, aber stärker auf europäische Erzeuger ausgerichtet, die eine Schlüsselrolle bei der Energiewende spielen werden“, erläutert Alexander Koch, der bei der KBI-Muttergesellschaft Amundi den Drittpartner-Fondsvertrieb verantwortet. Mit fünf Prozent am schwersten gewichtet im von Morningstar mit fünf Sternen bewerteten Fonds war zuletzt dennoch der US-Energieversorger NextEra Energy. Auf den Plätzen folgten mit SBA Communications einer der führenden Betreiber von Mobilfunk-Türmen in Nord-, Zentral- und Süd-Amerika sowie der Essener Energieversorger RWE.

Der Schroder ISF Global Sustainable Food and Water ist nach Artikel 9 klassifiziert. Er verfolgt damit eine explizite Nachhaltigkeitsstrategie und zählt zu den sogenannte dunkelgrünen oder Impact-Fonds. Im Morningstar-Nachhaltigkeitsrating erhielt der Fonds mit fünf Globen die Bestnote. Das Fondsmanagement-Trio um Mark Lacey konzentriert sich ausschließlich auf Unternehmen, die sich an mindestens einem der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung in den Bereichen Klimawandel, Gesundheit und Ernährung orientieren. Zuletzt entfielen 43,6 Prozent des Portfolios auf Unternehmen aus der Basiskonsumgüter-Branche, knapp 29 Prozent waren Rohstofffirmen. Die größten Einzelpositionen waren der französische Einzelhandelsriese Carrefour, der norwegische Düngerhersteller Yara und der Berliner Kochboxenanbieter Hellofresh.

Politische Unsicherheiten und regulatorische Änderungen als potenzielle Risiken

Eine Alternative zu aktiv gemanagten Aktienfonds sind börsengehandelte Indexfonds. Ein Beispiel ist der Xtrackers S&P Global Infrastructure ETF, der den 75 Firmen umfassenden S&P Global Infrastructure-Aktienindex widerspiegelt. Er setzt sich aus den 75 weltweit größten Unternehmen im Infrastrukturbereich zusammen. Der geografische Schwerpunkt dieses Barometers liegt mit knapp 40 Prozent auf den Vereinigten Staaten. Größtes Unternehmen im Fonds ist Aena, ein spanisches Unternehmen, das weltweit Flughäfen betreibt. Im Vergleich zu den aktiv gemanagten Produkten ist der ETF mit laufenden Kosten von 0,60 Prozent deutlich günstiger. Auf Rang zwei findet sich der australische Mautstraßenbetreiber Transurban Group. Mit jährlichen Kosten von 0,60 Prozent ist der ETF deutlich kostengünstiger als aktiv gemanagte Fonds. Die Wertentwicklung von 4,3 Prozent in den vergangenen fünf Jahren reicht allerdings nicht an die besten aktiven Anlagepools heran.

Wo Licht ist, gibt es auch Schatten – auch im Bereich der grünen Infrastruktur. Stephanie Schimmer, Portfoliomanagerin bei TOP Vermögen in Starnberg, rät, die Transparenz und Glaubwürdigkeit der von Emittenten und Fondsmanagern bereitgestellten Nachhaltigkeitsinformationen zu hinterfragen – zumindest so lange, bis es eine in der ganzen EU geltende Taxonomie gibt. Als weiteren Aspekt nennt sie das Risiko-Rendite-Profil sowie die Qualität nachhaltiger Infrastrukturinvestments.

„Hier gab es in der letzten Zeit große Schwierigkeiten bei Siemens Gamesa und Siemens Energy mit finanzintensiven Qualitätsproblemen bei den Turbinen für Windkraftanlagen“, gibt Schimmer zu bedenken. Nicht zuletzt sollten Anleger auch mögliche Risiken wie politische Unsicherheiten, regulatorische Änderungen oder technologische Entwicklungen sowie die Wettbewerbssituation berücksichtigen. Das beste Beispiel ist für die Starnberger Vermögensverwalterin die Solarindustrie: „Deutschland war mit der Technologie führend und wurde dann von China überholt. Inzwischen stammen sämtliche Solarpanels aus China.“

Autor Christian Euler ist Buchautor und Wirtschaftsjournalist.

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