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Marlene Waske, Arete Invest: „Mein Rat: Hört auf Eure Werte“

Marlene Waske, Ethik-Analystin, Arete Ethik Invest
Marlene Waske: "Mein Rat: Hört auf eure Werte."

Dr. Marlene Waske, Arethe Ethik Invest, spricht im Interview über strukturelle Hürden, die Macht der Sichtbarkeit und darüber, wie nachhaltige Geldanlage helfen kann, den Gender Pension Gap zu verringern. Cash. traf die Ethik-Analystin auf dem Gender Equal Pension Symposium in Köln.

Frau Dr. Waske, als Ethikanalystin erleben Sie täglich, wie Kapital gesellschaftliche Wirkung entfalten kann. Wie könnte nachhaltiges Investieren helfen, dem Gender Pension Gap entgegenzuwirken?
Waske: Unternehmen können an dieser Stelle sehr viel bewegen. Im Analyseprozess sehen wir oft, dass Frauen arbeiten wollen, aber an strukturellen Hürden scheitern – etwa an fehlender Kinderbetreuung. Ich selbst habe drei Kinder und bin auf die Flexibilität meines Arbeitgebers angewiesen. Das heißt konkret: Ich arbeite entweder früh morgens oder spät abends – je nachdem, wie es familiär passt. Dafür braucht es Vertrauen und Spielraum auf Unternehmensseite. Und den Mut von Frauen, diese Flexibilität auch einzufordern. Oft stehen uns aber auch tradierte Rollenbilder im Weg. Wenn Unternehmen diese aktiv hinterfragen und moderne Modelle vorleben, kann das sehr viel verändern.

Viele Frauen investieren zurückhaltender und meiden Aktien. Woran liegt das – und wie lässt sich diese Zurückhaltung überwinden?
Waske: Frauen brauchen vor allem eines: einen geschützten Raum. Ich bin im Vorstand des Forums Nachhaltige Geldanlagen und wir haben dort gemeinsam mit den FondsFrauen ein Projekt initiiert, das genau das schafft. Wenn die Mehrzahl im Raum Frauen sind, fällt es viel leichter, Fragen zu stellen, auch solche, bei denen man sich vielleicht unsicher fühlt. Finanzthemen gelten in vielen Köpfen noch immer als „männlich“. Das schreckt ab. Deshalb ist es wichtig, dass wir solche Räume schaffen, in denen sich Frauen ernst genommen und sicher fühlen.


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Sie arbeiten selbst in einer stark männlich geprägten Branche. Welche Rolle spielt Sichtbarkeit für mehr weibliche Teilhabe an Finanzen und Altersvorsorge?
Waske: Sichtbarkeit ist essenziell. Wenn Frauen im Vertrieb und in anderen Schlüsselpositionen präsent sind, fühlen sich andere Frauen besser verstanden und vertreten. Es geht um Repräsentation und darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Frauen sicher fühlen, Fragen zu stellen. Das funktioniert besser, wenn nicht nur Männer im Raum sind, sondern die Gruppe mindestens zur Hälfte weiblich ist. Dann entsteht eine ganz andere Gesprächskultur, offener, ehrlicher, zugänglicher.

Wenn Sie jungen Frauen einen einzigen Rat für ihre finanzielle Zukunft mitgeben dürften – insbesondere im Hinblick auf die Rentenlücke – wie würde er lauten?
Waske: Macht euch klar, welche Themen euch bewegen, sei es Ökologie, Soziales oder Gleichstellung – und investiert in Unternehmen, die diese Werte mittragen. Denn niemand will sein Geld in Strukturen stecken, die genau das Gegenteil dessen verkörpern, was einem wichtig ist. Warum sollte ich als Frau Unternehmen unterstützen, die durch und durch patriarchal geprägt sind, wenn mir Gleichberechtigung am Herzen liegt? Und wenn ich gegen den Klimawandel bin, warum sollte ich dann fossile Industrien finanzieren? Mein Rat: Hört auf eure Werte – und investiert dort, wo ihr euch inhaltlich und ethisch wiederfindet.

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