Beinahe schon erwartungsgemäß ist Premierministerin Theresa May im britischen Parlament mit ihrem gemeinsam mit der EU ausgehandelten Abkommen für einen geordneten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union gescheitert.
Das britische Parlament hat das zwischen Brüssel und London ausgehandelte Brexit-Abkommen abgelehnt. Mit 432 zu 202 Stimmen votierten die Abgeordneten am Dienstagabend in London gegen den Deal von Premierministerin Theresa May.
Der Machtkampf zwischen der Regierung und dem Parlament über den Brexit-Kurs dürfte sich nun noch weiter verschärfen. Großbritannien will die Europäische Union bereits am 29. März verlassen. Gibt es bis dahin keine Einigung, droht ein Austritt aus der Staatengemeinschaft ohne Abkommen. Für diesen Fall wird mit chaotischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche gerechnet.
Mehr Kompromisse?
May wird nun möglicherweise versuchen, Brüssel noch Zugeständnisse abzuringen, um dann ein zweites Mal über den Deal abstimmen zu lassen. Bundesaußenminister Heiko Maas ist aber skeptisch, „dass das Abkommen grundsätzlich noch einmal aufgeschnürt werden kann“. Österreichs Kanzler Sebastian Kurz sagte im Europarlament in Straßburg: „Die EU hat sich bei diesen Verhandlungen mit Großbritannien nichts vorzuwerfen.“
Ähnlich argumentierte der Grünen-Spitzenkandidat für die Europawahl, Sven Giegold: „Wer der EU zu viel Härte in den Verhandlungen vorwirft, muss auch präzise sagen, was am Abkommen nicht fair sein soll“, sagte Giegold der Deutschen Presse-AgenturBundesfinanzminister Olaf Scholz bezeichnete den Brexit als „Warnsignal“. In vielen EU-Staaten hätten anti-europäische und populistische Strömungen an Zulauf gewonnen. Viele Bürger zweifelten daran, ob Europa Antworten auf zentrale Herausforderungen der Zukunft habe. Daher müsse die EU politischer werden, sagte der SPD-Politiker bei einer europapolitischen Konferenz im Auswärtigen Amt in Berlin.
Werben für Deal bis zuletzt
Noch am Montag hatte May versucht, die Abgeordneten mit einem leidenschaftlichen Appell umzustimmen. Nur die Zustimmung zu dem mit der EU ausgehandelten Abkommen könne einen ungeordneten EU-Austritt oder eine Abkehr vom Brexit verhindern, warnte May. „Geben Sie diesem Deal eine zweite Chance“, rief sie den Abgeordneten zu.
Plan B bis Montag
Nach dem Willen des Parlaments wird die Regierung jetzt bis zum kommenden Montag (21.1.) einen Plan B vorlegen, über den innerhalb von sieben Sitzungstagen abgestimmt werden soll – also spätestens am 31. Januar. Sollte das Parlament sich auch in den kommenden Wochen nicht auf ein weiteres Vorgehen einigen, droht ein Austritt ohne Abkommen mit dramatischen Folgen für fast alle Lebensbereiche. (dpa-AFX/fm)
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