EXKLUSIV

Warum Finanz- und Versicherungsverbände klare Grenzen zur AfD ziehen

Brandmauer AfD
Foto: Smarterpix/Pictograph
Bröckelt die Brandmauer zwischen Verbänden und der AfD?

Die AfD gewinnt an politischem Einfluss, zugleich wächst der Druck auf Unternehmen und Verbände, ihr Verhältnis zur Partei zu klären. Warum sich viele Organisationen inzwischen klar abgrenzen.

Nochmal kurz vorweg: Die AfD ist eine Partei, der Sicherheitsbehörden und Gerichte rechtsextreme bzw. verfassungsfeindliche Tendenzen attestieren. Sie vertritt Positionen, die Menschenwürde und Gleichheit aller Bürger relativieren, etwa durch einen ethnischen Volksbegriff und ihre „Remigrations“-Konzepte. Und sie delegitimiert systematisch demokratische Institutionen wie Medien, Gerichte und Verfassungsschutz und nähert sich damit autoritären Politikmustern an.

Umso erschreckender ist, dass all dies die bisherigen Wahlerfolge der AfD nicht verhindern konnte. Im Gegenteil: Im kommenden Jahr könnte sie nach den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sogar regieren. Damit stellt sich auch für die deutsche Wirtschaft mit einer immer größeren Dringlichkeit die Frage, wie sie mit der AfD umgehen sollte. Auf zwei Möglichkeiten heruntergebrochen: mit ihr sprechen oder sie ignorieren?

Wie man es am besten nicht macht, zeigte kürzlich der bis dahin eher unbekannte Verband „Die Familienunternehmer“, der zu einer Veranstaltung im Oktober auch Bundestagsabgeordnete der AfD eingeladen hatte. In einem Interview mit dem „Handelsblatt“ rechtfertigte Verbandspräsidentin Marie-Christine Ostermann zunächst den Schritt: Man wolle die Partei nicht mehr ausschließen und stattdessen inhaltlich stellen. Dies löste allerdings auch verbandsintern große Kritik aus. Vorwerk, die Drogeriekette Rossmann und der Limonadenproduzent Fritz-Kola verkündeten ihren Austritt. Jetzt will der Verband die AfD doch nicht mehr zu Veranstaltungen einladen. Ein Schlingerkurs, der auch die Präsidentin Ostermann schwer beschädigte.


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Klare Kante zeigt dagegen der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung – er führt keine Gespräche mit der AfD. „Die Gesamtpartei wird vom Verfassungsschutz intern als ‚gesichert rechtsextremistisch‘ bewertet, dies ist aber bis zur Gerichtsentscheidung ausgesetzt. Offiziell gilt sie weiterhin als ‚Verdachtsfall‘. Vier Landesverbände gelten als gesichert rechtsextremistisch, fünf weitere Landesverbände als Verdachtsfälle“, referiert AfW-Vorstand Frank Rottenbacher die Faktenlage. Der AfW führe Gespräche ausschließlich mit Parteien, die einen grundlegenden Konsens zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Marktwirtschaft und europäischer Stabilität teilen. „Die AfD vertritt programmatische Positionen, die diesen Grundlagen widersprechen. Daher sehen wir keine Basis für institutionellen Austausch“, betont Rottenbacher. Der Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen in Europa teilt auf Anfrage mit, man habe in der Vergangenheit keine Arbeitsebene zur AfD unterhalten und plane dies auch künftig nicht.

Nicht ganz so eindeutig klingt – zunächst – das Statement des Bundesverbands deutscher Versicherungskaufleute (BVK): „Aufgrund unserer parteipolitischen Neutralität berücksichtigen wir alle im Bundestag vertretenen Parteien bei der Erstellung unserer Wahlprüfsteine. Diese veröffentlichen wir dann im Nachgang zur Orientierung unserer Mitglieder in der Verbandszeitschrift“, erklärt BVK-Präsident Michael H. Heinz. Und weiter: „Ein Austausch mit der AfD wird vom BVK nicht aktiv gesucht.“ So weit, so gut. Doch was ist, wenn umgekehrt die AfD den aktiven Austausch mit dem BVK suchen sollte? Heinz stellt klar: „Ein Austausch mit der AfD findet nicht statt. Würde die AfD den BVK mit einer inhaltlichen Anfrage kontaktieren, würden wir diese auf fachlicher Basis beantworten, das ist aber bisher nicht vorgekommen. Eine Grundlage für einen institutionellen Austausch sehen wir nicht.“

Und wie steht der Gesamtverband der deutschen Versicherer (GdV), die Dachorganisation der privaten Versicherungsunternehmen in Deutschland, zur Frage, ob man mit der AfD sprechen sollte? Dort vermeidet Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen es zwar, die AfD explizit zu nennen, bekennt sich aber ansonsten zu einem klaren Grundsatz: „Wir führen den Dialog mit allen demokratischen Parteien und Kräften, die sich eindeutig zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Ein Schulterschluss mit Gruppen, die diese Ordnung in Frage stellen oder extremistische Positionen vertreten, egal ob von links oder von rechts, kommt für uns nicht in Betracht.“ Ein Grundsatz, der jedwede Gespräche mit der AfD ausschließen sollte.

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