Starkregen im Ahrtal, Überflutungen in Valencia oder Waldbrände in Südeuropa: Naturkatastrophen treffen längst nicht mehr nur weit entfernte Regionen, sondern auch die Mitte Europas. Für Versicherer bedeutet das wachsende Schadensummen und steigenden Druck, ihr Geschäftsmodell anzupassen. Sie tragen die Hauptlast bei der Bewältigung solcher Krisen, und sie müssen zugleich zeigen, dass sie auch künftig verlässlich bleiben.
Die klassische Versicherungslogik des Risikoausgleichs über Zeit, Kollektive und Regionen stößt an Grenzen, wenn Gefahren zunehmend systemisch auftreten. Dann entscheidet vor allem, wie flexibel und robust ein Unternehmen reagiert. Besonders Wohngebäude- und Sachversicherer stehen hier im Fokus: Sie müssen nicht nur aktuelle Schäden bewältigen, sondern auch frühzeitig auf neue Risikomuster reagieren. „Eine solide Kapitalausstattung allein reicht dabei nicht mehr, entscheidend ist, wie flexibel, vorausschauend und robust ein Unternehmen agiert“, betont Abdulkadir Cebi, Bereichsleiter der Assekurata Rating-Agentur.
Mehr als Kapitalstärke: Anpassungsfähigkeit im Fokus
Eine starke Kapitalbasis bleibt wichtig, reicht jedoch nicht mehr aus. Entscheidend ist, ob ein Versicherer Risiken aktiv steuert, Rückversicherungslösungen regelmäßig anpasst und neue Gefahrenlagen in seiner Tarifgestaltung berücksichtigt. Auch regulatorische Anforderungen wie Klimastresstests oder Offenlegungspflichten rücken stärker in den Vordergrund.
„Unabhängige Unternehmensanalysen, die neben harten Finanzkennzahlen auch weiche Faktoren wie Risikomanagement, Rückversicherungskonzepte oder Nachhaltigkeitsstrategien einbeziehen, sind hier von zentraler Bedeutung“, erklärt Cebi. Erst eine solche ganzheitliche Betrachtung zeige, wie solide ein Anbieter aktuell wirtschaftet und wie gut er für kommende Herausforderungen gerüstet ist.
Orientierung für Kunden und Investoren
Für Kunden, Vertriebspartner und Kapitalgeber seien solche Bewertungen ein wichtiges Signal, betont der Analyst. Sie geben Orientierung in einem Markt, in dem Unsicherheit und Komplexität zunehmen. Zugleich helfen sie Unternehmen selbst, ihre Position besser einzuschätzen und Handlungsfelder zu identifizieren.
Auch die Aufsicht drängt: Regulierungsbehörden wie EIOPA und BaFin fordern belastbare Informationen zum Umgang mit klimabezogenen Risiken. „Genau hier kann eine fundierte unabhängige Unternehmensbewertung eine Brücke schlagen. Sie ordnet die Vielzahl an Informationen und bewertet deren Relevanz und Umsetzungsqualität aus neutraler Sicht“, so Cebi.
Unternehmensqualität als strategisches Instrument
Der Klimawandel verändert die Spielregeln für die Versicherungsbranche grundlegend. Es geht längst nicht mehr um die Frage, ob extreme Ereignisse eintreten, sondern wie gut ein Unternehmen vorbereitet ist. „Verlässliche Bewertungen zur Unternehmensqualität sind dabei weit mehr als nur ein schmückendes Label: Sie sind ein strategisches Instrument“, sagt Cebi.
Sie schaffen Vertrauen, stärken die Widerstandskraft von Marktteilnehmern und können im Wettbewerb den entscheidenden Unterschied machen. Wer Risiken frühzeitig erkennt, aktiv steuert und in die strategische Planung einbezieht, verschafft sich einen klaren Vorteil – gerade in Zeiten, in denen Naturgefahren immer häufiger zum Stresstest werden.