EXKLUSIV

Raus aus der Großbank: Wie Private Banker den Sprung in die Selbstständigkeit schaffen

Foto: Inno Invest / Meike-Lesley Creative
Stefan Schmitt, Inno Invest.

Viele Angestellte im Private Banking sind unzufrieden, aber kaum einer zieht Konsequenzen. Woran liegt das und wie gelingt der Absprung, ohne die eigene Karriere und ihre finanzielle Sicherheit gefährden? Gastbeitrag von Stefan Schmitt, Inno Invest

Spricht man mit Private Bankern in Deutschland, zeigt sich ein klares Bild: Der Frust wächst, die Perspektive schwindet. Zwischen Reportings, Produktvorgaben und ständigen Chefwechseln haben sie kaum Raum für ihre eigentliche Aufgabe: Kunden individuell zu beraten und deren Vermögen zu managen. Doch trotz wachsendem Leistungsdruck, einschränkenden Zielvorgaben und ausgehöhlter Beratungskultur verharren sie in einem System, das längst gegen sie arbeitet.

Private Banking – einst Synonym für Exklusivität – ist vielerorts zu einem „mcdonaldisierten“ Konzernprodukt geworden. Persönliche Beratung gilt als Kostenfaktor, der die Bilanz stört. Großbanken suchen heute ihr Heil in der Prozessstandarisierung von Beratungsgesprächen – auch im Private Banking. In seiner ursprünglichen Form existiert das Berufsbild des Private Bankers kaum noch.


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Doch wer einmal Teil einer Großbank war, weiß auch: Die Großbank versteht es, ihre Mitarbeiter zu binden. Bonusmodelle, Statussymbole, bAV, Dienstwagen und Teamstrukturen – all das schafft ein trügerisches Gefühl von Sicherheit. Doch der sichere Hafen ist kein Ersatz für Sinnhaftigkeit.

Verlorene Identität eines Berufsstandes

Private Banking hat seine Identität verloren, weil Berater kaum noch unternehmerisch handeln dürfen. Entscheidungen werden zentral getroffen, Budgets zugeteilt, Produktkampagnen diktiert und stark eingeschränkt. Wer nach Individualität strebt, stößt schnell an Grenzen. Dabei wären die Voraussetzungen für einen Neuanfang besser denn je: Kunden wünschen sich Transparenz, digitale Lösungen und Berater, die unabhängig denken und agieren.

Laut der Global Wealth Management Study 2025 von EY haben 20 Prozent der vermögenden Bankkunden den Eindruck, dass ihr Berater ihre Bedürfnisse nicht ausreichend berücksichtigt. Das ist ein alarmierender Wert. Er zeigt, dass sich das vorherrschende Beratungsmodell der Großbanken für sie überlebt hat. Trotz der Unzufriedenheit auf beiden Seiten fällt es den meisten hochrangigen Kundenberatern schwer, sich von ihrem Arbeitgeber zu lösen. Sie sind gefangen im Netz von Loyalität, Angst und Komfort.

Wie der Absprung trotzdem klappt

Der Ausstieg aus dem Bankensystem muss kein Sprung ins kalte Wasser sein. Moderne Haftungsdächer machen den Schritt in die Selbstständigkeit kalkulierbar. Sie ermöglichen es erfahrenen Beratern, ihre Kunden unabhängig weiter zu betreuen – mit voller regulatorischer Absicherung und technischer Infrastruktur, aber ohne die Fesseln eines Konzerns.

Ein Haftungsdach übernimmt die aufsichtsrechtliche Verantwortung nach Paragraf 3 Abs. 2 WpIG und stellt Beratern die notwendige Lizenz, IT-Umgebung und Compliance-Struktur zur Verfügung. Was früher monatelange Antragsverfahren und immense Fixkosten bedeutete, lässt sich heute innerhalb weniger Wochen realisieren.

Vor allem digitalisierte Haftungsdächer – oft als Wealthtech-Plattformen organisiert – gehen weit über klassische Lizenzmodelle hinaus. Sie integrieren Beratungs-, Reporting- und Order-Tools, automatisieren regulatorische Pflichten und ermöglichen hybride Modelle aus persönlicher und digitaler Betreuung in Kooperation mit zahlreichen Depotbanken. Für ehemalige Bankberater stellen sie eine echte Alternative dar. Unter dem Haftungsdach können Private Banker unabhängig und rechtssicher beraten und ihre Leistung skalieren.

Viele Berater, die diesen Schritt gegangen sind, erfahren in der Selbstständigkeit mehr Freiheit, mehr Verantwortung und auch mehr Sinn.

Trennung mit System

Wer über den Ausstieg aus der Großbank nachdenkt, sollte strategisch vorgehen. Mit Plan, aber ohne Trotz.

  • Kundenbeziehungen prüfen: Welche Kunden folgen mir und nicht dem Logo auf meiner Visitenkarte?
  • Regulatorik sichern: Welches moderne Haftungsdach bietet mir den rechtlichen Rahmen, in dem ich sofort weiterarbeiten kann?
  • Technologie nutzen: Wie mache ich mich vertraut mit den digitalen Tools für Vermögensberatung, Protokollierung und Reporting. Sie sind heute Pflicht, nicht Kür.
  • Unternehmerisch denken: Freiheit bedeutet auch, Verantwortung zu übernehmen für Kosten, Prozesse und Qualität.
  • Familie und Freunde einbeziehen: Gerade beim Aspekt Sicherheitsdenken ist dies nicht zu vernachlässigen.

Der Weg in die Selbstständigkeit ist machbar. Am Anfang steht die Selbstreflektion: Will ich weiter der Zuschauer meiner beruflichen Erosion sein?

Fazit: Die Zukunft gehört den Machern und Mutigen

Private Banking braucht wieder Menschen, die beraten dürfen und nicht nur verkaufen sollen. Die eigentliche Revolution in der Vermögensberatung ist keine technologische, sondern eine kulturelle: weg vom Konzerngehorsam, hin zu echter Eigenverantwortung und Unabhängigkeit, über die Rente hinaus.

Haftungsdächer sind keine Nischenlösung mehr, sondern ein Fundament. Sie geben Beratern den rechtlichen und technologischen Rückhalt, damit sie sich auf das Wesentliche konzentrieren können: auf Kunden, Qualität und Vertrauen.

Wer den Absprung wagt, verliert vielleicht ein Logo, aber gewinnt seinen Beruf zurück.

Autor Stefan Schmitt ist Geschäftsführer des Vermögensverwalters und Haftungsdachs Innovative Investment Solutions GmbH, kurz Inno Invest.

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