Rottenbacher: “Die Umstellung auf Online-Beratung funktioniert”

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Frank Rottenbacher

Cash.-Interview mit Frank Rottenbacher, Vorstand Bundesverband Finanzdienstleistung AfW und Going Public Akademie für Finanzberatung, über die Folgen der Corona-Pandemie für die Branche.

Cash.-Interview mit Frank Rottenbacher, Vorstand Bundesverband Finanzdienstleistung AfW und Going Public Akademie für Finanzberatung, über die Folgen der Corona-Pandemie für die Branche.

Die Coronakrise trifft nahezu alle Branchen mit ungeheurer Wucht. Mit welchen Folgen rechnen Sie für die Finanzvermittler?

Rottenbacher: Das ist zur Zeit noch überhaupt nicht einzuschätzen. Im Gegensatz zur Gastronomie oder Veranstaltungsbranche haben wir regelmäßige Einnahmen, die weiterlaufen. Das hilft natürlich extrem. Von flächendeckenden Umsatzeinbrüchen hören wir derzeit nichts. Im Gegenteil: Teilweise melden Maklerpools ja sogar Rekorde. Auf der anderen Seite müssen wir vorsichtig bleiben, denn wir wissen nicht, ob sich diejenigen, die Umsatzrückgänge erleiden, nicht vielleicht einfach kommunikativ zurückziehen und abwarten. Die entscheidende Frage ist, wie lange die Einschränkungen nun noch gelten werden und wie sich dann das gesellschaftliche Leben wieder normalisiert. In einer AfW-Onlineumfrage zur Coronakrise antworteten unsere Mitglieder auf die Frage, wie sie die kommenden vier Wochen geschäftlich einschätzen würden, letztlich 50:50: Die eine Hälfte hat sehr schlechte oder schlechte Erwartungen, die andere Hälfte geht von einem unveränderten bis sogar positiven Szenario aus. Die wichtige Frage ist somit: Wie erreichen wir, dass die Vermittlerinnen und Vermittler mit den negativen Zukunftserwartungen ihr Geschäftsmodell zumindest vorübergehend so anpassen können, dass sie auch in diesen Zeiten erfolgreich arbeiten können?

Marktteilnehmer wie Oliver Pradetto, Geschäftsführer des Maklerpools Blau Direkt, erwarten einen massiven Einbruch in den Bereichen Altersvorsorge und private Krankenversicherung. Erwarten Sie das auch?

Rottenbacher: Die Coronakrise führt dazu, dass wir wieder unsere eigene Verletzbarkeit erkennen. Damit meine ich nicht nur das Thema Gesundheit, sondern auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Und Versicherungen sind letztlich die passende Antwort auf diese Verunsicherung. Die Krise wird daher aus meiner Sicht dazu führen, dass viele ihre Einstellung zur Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Versicherungen überdenken werden und dann positiver dazu eingestellt sind. Ein Drittel der Umfrageteilnehmer geht davon aus, dass es beim Thema Altersvorsorge nach der Krise zu einem Nachfrageanstieg kommen wird. Sogar 50 Prozent der Vermittler mit Versicherungsschwerpunkt sehen das für den Bereich Biometrie voraus. Vermittler mit dem Schwerpunkt Fondsvermittlung nach Paragraf 34f Nr. 1 Gewerbeordnung gehen zu 83 Prozent davon aus, dass die Nachfrage nach offenen Investmentvermögen nach der Krise ansteigen wird.

Persönliche Kundentermine werden in nächster Zeit eher die Ausnahme sein. Was können Makler jetzt tun?

Rottenbacher: Die Versicherungsmakler werden weiterhin selbstverständlich gebraucht. Sie müssen ihren Kunden – vor allem den Gewerbekunden – aktiv zur Seite stehen und können sicherlich auch gut aus dem Homeoffice arbeiten. In den ersten Wochen sind laut der AfW-Umfrage 45 Prozent der Kundentermine weggebrochen. Dieser Wert wird sich meiner Einschätzung nach kontinuierlich erholen, weil immer mehr auf technische Hilfsmittel umgestellt wird. Wer da noch nicht technisch gut aufgestellt ist, muss das jetzt natürlich so schnell wie möglich nachholen. Automatisierung und Digitalisierung ist das Gebot der Stunde. Das klassische Neugeschäft stellt viele Vermittlerinnen und Vermittler aufgrund der Kontaktsperre natürlich vor Probleme. Auch hier gilt es, sich eine digitale Strategie zu überlegen.

Wird die Pandemie den digitalen Wandel in der Branche deutlich beschleunigen?

Rottenbacher: Ganz sicher: Ja. Wir merken das ja in allen Lebensbereichen und das wird auch den Wandel in unserer Branche beschleunigen. Wir alle merken, wie schnell wir Video-Konferenzen in unseren Alltag eingebaut haben. Natürlich sind wir weiterhin soziale Wesen, die sich treffen wollen und den direkten Austausch brauchen. Die verstärkte Nutzung von Video-Konferenzen wird aber bleiben. Insbesondere, wenn sich die Parteien bereits kennen und das Vertrauen bereits hergestellt wurde. Insgesamt werden die Anforderungen an digitale Prozesse steigen. Kunden werden immer mehr erwarten, dass alles digital abläuft und einen Medienbruch nicht mehr akzeptieren.

Die Fragen stellte Kim Brodtmann, Cash.

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