EXKLUSIV

Roundtable Arbeitskraftabsicherung: „Entscheidend ist, dass Kunden eine passgenaue Absicherung erhalten“

Neue Wege der Arbeitskraftabsicherung eröffnen sich durch die Integration der BU-Versicherung im Rahmen der bAV. Welche Potenziale sehen Sie hier?

Weigelt: Unsere Erfahrung zeigt: Betriebliche Vorsorge kann eine Schlüsselrolle spielen – wenn sie als personalpolitisches Instrument verstanden wird. Wir setzen dabei auf den Dreiklang aus bAV, bKV und bAKS. Gerade die betriebliche Arbeitskraftabsicherung gewinnt an Bedeutung: Der Verlust der Arbeitskraft ist auch für Arbeitgeber relevant und eröffnet Chancen zum Dialog mit Beschäftigten. Über Kollektivlösungen oder Belegschaftskonzepte entstehen attraktive Absicherungen, die vielen erst den Zugang ermöglichen. Vereinfachte Gesundheitsprüfungen oder Antragsverfahren senken zusätzliche Hürden. Modelle wie Entgeltumwandlung oder arbeitgeberfinanzierte Lösungen schaffen klare Vorteile. So ergänzt die bAKS die private Beratung sinnvoll und ist für uns heute ein zentraler Baustein, der Arbeitnehmern Sicherheit gibt und Arbeitgebern ein starkes Instrument.

Kock: Wir erleben eine sehr positive Resonanz der Arbeitgeber. Sie erkennen den Zusammenhang zwischen Fürsorge und Mitarbeiterbindung – und dass der Nutzen sofort wirkt, nicht erst in Jahrzehnten wie bei der Altersvorsorge. Für uns ist die bAV deshalb der spannendste Hebel, um Arbeitskraftabsicherung breiter zu verankern. Vier Punkte sind entscheidend: Erstens der Zugang – über Arbeitgeber erreichen wir Gruppen, die privat kaum Zugang hätten, etwa körperlich Tätige oder junge Menschen. Zweitens die Kollektivvorteile: vereinfachte Gesundheitsprüfungen und bessere Konditionen. Drittens die Arbeitgeberattraktivität im „War for Talent“. Und viertens der unmittelbare Nutzen für Arbeitnehmer durch steuerliche Förderung und einfachen Zugang. So wird die bAV zur strategischen Brücke für Marktdurchdringung – im Sinne der Branche und der Politik.

Ressel: Ich sehe darin eine klassische Win-Win-Win-Situation – für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und auch für den Vertrieb. Wir spüren hier ein starkes Wachstumsfeld. Besonders viel Potenzial liegt aus unserer Sicht noch im Mittelstand. Große Unternehmen sind bei der bAV oft schon sehr gut aufgestellt, wenn auch nicht immer mit BU. Aber gerade bei kleinen und mittelständischen Betrieben gibt es noch enormes Entwicklungspotenzial. Dort können Vermittler wirklich viel bewegen.

Stichwort Zielgruppen: Immer mehr Gesellschaften fokussieren sich auf Schüler und Studenten als neue Zielgruppe. Welche Rolle spielt dieser potenzielle Kundenkreis für Sie und wo liegen die Herausforderungen?

Weigelt: Das ist eine hochspannende Zielgruppe – mit Herausforderungen, weil es um ein lebenslanges Produkt geht. Deshalb müssen gute Optionen eingebaut sein. Seit 2013 haben wir mit BU4U einen Tarif für Schüler, Studierende und Auszubildende. Bei dieser enormen Gruppe reden wir über einen riesigen Wachstumsmarkt, was sich auch im niedrigen Durchschnittsalter unserer Kundinnen und Kunden zeigt. Es geht nicht nur um die Absicherung der Jugendlichen, sondern indirekt auch um den Schutz der Eltern. Solche Lösungen lassen sich zudem gut in Branchenkonzepte integrieren. Wichtig bleibt, dass das Konzept finanzierbar ist und den Übergang in eine lebenslange Absicherung mit Nachversicherungsgarantien schafft.

Ressel Für uns ist diese Zielgruppe strategisch wichtig. Man gewinnt langfristige Verträge mit hoher Stabilität, die weniger stornoanfällig sind. Wer als Schüler eine BU bei uns hat, bleibt in aller Regel Kunde. Entsprechend hart umkämpft ist das Feld: Immer mehr Gesellschaften bieten eigene Lösungen an. Wir sprechen Schüler ab zehn Jahren an und das seit fast einem Jahrzehnt. Unser Tarif bietet vollständigen BU-Schutz mit vereinfachten Gesundheitsfragen zu einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Beiträge starten niedrig und steigen schrittweise an. Später erfolgt die Einstufung nach neuer Tätigkeit – ohne erneute Gesundheitsprüfung. Ein großer Vorteil, um auch Berufe abzusichern, die sonst kaum versicherbar wären– etwa künstlerische Tätigkeiten.

Kock: Für uns ist die junge Zielgruppe – Schüler, Studierende, Auszubildende, Berufseinsteiger – strategisch wichtig. Ob es ein harter Kampf ist, sei dahingestellt, aber wir alle wollen diese Gruppe stärker erschließen. Das ist nicht trivial: Sie hat geringes Risikobewusstsein, ist preissensibel und scheut komplexe Anträge. Gefragt sind einfache, schnelle Lösungen und zugleich lebenslange Begleitung. Eine BU muss flexibel sein und mit dem Lebensweg mitwachsen. Genau hier setzen wir mit „FUTURE 2 Go“ an – vereinfachte Gesundheitsprüfung und erleichterter Einstieg. Über den „UpgradeJoker“ können Kunden später unkompliziert eine neue Berufseinstufung vornehmen, ergänzt um die Möglichkeit, eine Beitragsdynamik einzuschließen oder zu erhöhen, oder eine Leistungsdynamik einzuschließen. Mit „KarrierePlus“ sind Nachversicherungen bis 6.000 Euro monatlicher BU-Rente möglich – oft genug für komplette Absicherung. Unser Dreiklang lautet: einfacher Zugang, Anpassbarkeit und ausreichende Höhe ohne neue Risikoprüfung. So bleiben junge Kunden langfristig, egal ob bei der Conti, der Swiss Life oder bei HDI. Und dann müssen wir nicht von einem harten Wettbewerb sprechen, sondern davon, dass der Markt insgesamt gute Lösungen für Berufseinsteiger bereithält.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung gehört zu den wenigen Produkten, die der Kunde oder die Kundin bestenfalls 45 Jahre oder länger im Bestand haben und nie umgedeckt. Die Herausforderung besteht also darin, es so maßzuschneidern, dass es auch nach Jahrzehnten noch passt. Welche Klauseln und Bausteine haben Sie in ihre Tarife integriert, damit sie den beruflichen und privaten Steps folgen können?

Ressel: Für mich beginnt es klar mit der BU-Rente: In der Praxis sehen wir oft nur 500, 1.000 oder 1.500 Euro – für viele eine zu niedrige Absicherung. Daher bieten wir eine angemessene Absicherung bis zu 90.000 Euro Jahresrente an. Flexible Bausteine sind ebenso zentral. Nachversicherungsoptionen müssen praxisnah nutzbar sein, ereignisunabhängig wie ereignisabhängig ohne erneute Risikoprüfung. Zusätzlich unterstützen wir die Flexibilität mit unserem Karrierepaket, der unter anderem einen Rabatt auf Nachversicherungen oder einer Verdoppelung der BU-Rente anbietet. Wichtig sind auch Dynamikoptionen – Leistungs- und Beitragsdynamik, bei uns sogar optional am Verbraucherpreisindex orientiert. Dazu kommen Regelungen für Teilzeitphasen und Hilfen bei Zahlungsschwierigkeiten: Beitragsfreistellung bis 24 Monate, Herabsetzung auf wenige Euro, Wiederaufnahme ohne neue Risikoprüfung. Rund 60 Prozent der BU-Fälle sind nicht dauerhaft – Sofort- und Kapitalleistungen helfen direkt, zum Beispiel bei Umbauten, Wiedereingliederung oder Krankheit eines Kindes. Und nicht zuletzt zählt die Finanzkraft und Beitragsstabilität des Versicherers: Eine BU läuft oft 40 bis 50 Jahre – ohne Stabilität nützt das beste Bedingungswerk nichts.

Weigelt: Es ist nicht leicht, hier völlig neue Punkte zu setzen – was zeigt, wie ausgereift die BU-Absicherung ist. Umso wichtiger ist es, zentrale Themen bewusst hervorzuheben. Ein lineares Berufsleben gibt es kaum noch: Karrieren verlaufen unterschiedlich, Teilzeitphasen oder Sabbaticals werden normal. Deshalb brauchen Verträge flexible Klauseln, die schon bei Schülern greifen und auch später Schritt halten. Entscheidend ist nicht nur, was in den Bedingungen steht, sondern wie im Ernstfall geprüft wird. Wir sind seit über 130 Jahren im BU-Markt – es geht um ein langfristiges Geschäft. Teilzeitklauseln, Nachversicherungsgarantien und ähnliche Mechanismen bleiben zentral, weil Lebenswege nicht linear verlaufen. Produkte müssen so gestaltet sein, dass die Leistungs- und Beratungsversprechen eingehalten werden können.

Kock: Ich würde das in vier Punkte zusammenfassen. Erstens brauchen wir ein Top-Preis-Leistungsverhältnis. Alle genannten Optionen gehören dazu – entscheidend ist aber, dass sie wirklich genutzt werden. Hier liegt Verantwortung bei Vermittlern und Beratern: Kunden begleiten und aktiv darauf hinweisen, wann es sinnvoll ist, Optionen zu ziehen, sonst bleiben sie ein bloßes Marketingversprechen. Zweitens: Es braucht einen breiten Zugang. Hohe Annahmequoten sind entscheidend, denn eine BU ist ein 30- bis 50-jähriges Versprechen, das Vertrauen verlangt. Drittens: Wir müssen Leistungsstärke beweisen. Am Ende zählt, ob der Versicherer im Ernstfall wirklich zahlt. Hier spielen Leistungsquoten eine zentrale Rolle. Junge Leute wollen ein verlässliches Leistungsversprechen – und sie schauen genau hin, ob dieses Versprechen im Ernstfall eingelöst wird. Und viertens: Die Prozessquote. Sie ist ein guter Indikator dafür, wie streitfreudig eine Branche ist. Denn in der Regel entscheidet der Kunde, ob er eine ablehnende Entscheidung akzeptiert oder den Versicherer verklagt. Eine niedrige Prozessquote signalisiert, dass Entscheidungen nachvollziehbar und fair getroffen werden. Wenn man diese vier genannten Punkte zusammenführt, schafft man die Grundlage dafür, dass junge Kunden den Weg mitgehen.

Stichwort Höhe der BU-Rente. Viele BU-Renten sind viele zu niedrig. Hinzu kommt, dass etliche Berater die Kunden nach dem Abschluss nie wieder beraten. Stichwort Nachversicherungen. Etwas, was Analysten deutlich kritisieren. Muss da der Vertrieb sensibilisiert werden?

Weigelt: Der von Ihnen angesprochene Punkt ist ein zentraler Kritikpunkt der Branche. Als B2B-Versicherer haben wir nur mittelbaren Einfluss – genau dort setzen wir an. Wir unterstützen Partner gezielt, etwa mit Kampagnen zu Nachversicherungsoptionen, die wir vertrieblich und prozessual so vorbereiten, dass Berater sie einfach nutzen können. So geben wir den Anstoß und erleichtern die Anwendung. Uns ist bewusst, dass Kunden heute von vielen Beratern kontaktiert werden. Trotzdem muss Beratung über den Abschluss hinausgehen und dauerhaft begleiten. Auch die BaFin achtet stärker auf Kundennutzen und Langfristigkeit. Unsere Aufgabe ist es, den Vertrieb so zu unterstützen, dass Optionen nicht auf dem Papier bleiben, sondern beim Kunden ankommen.

Kock: Wir arbeiten ebenfalls sehr intensiv daran, unsere Vertriebspartner zu sensibilisieren. Gerade im Maklermarkt ist das genau die richtige Formulierung. Wir können die Berater nicht steuern, aber wir können den Dialog suchen und deutlich machen, wie wichtig es ist, Kunden auch nach Vertragsabschluss weiterzubegleiten. Konkret heißt das: Wir geben gezielt Hinweise, wann Nachversicherungsoptionen gezogen werden können – insbesondere in den freien Phasen, in denen das besonders einfach möglich ist. Das heißt, wir arbeiten sehr stark daran, dieses Leistungsversprechen auch umzusetzen, indem wir den Vertriebspartnern die nötigen Hinweise geben, dass die eine oder andere Option gezogen werden sollte oder gezogen werden kann. Das ist, glaube ich das, was man in der Beratung ganz deutlich herausstreichen muss.

Seite 3: „Wer in unseren Bedingungen nach dem Wort „Verweisung“ sucht, wird es nicht finden“

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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