Sechs Themen, die für Aktienanleger 2026 relevant sind

Foto: SmarterPix/welcomia

Robustes Wachstum, geopolitische Spannungen und ein tiefgreifender Strukturwandel an den Kapitalmärkten prägen den Ausblick für 2026. Nach einem überraschend widerstandsfähigen Jahr 2025 identifizieren die Aktienstrategen von Wellington Management sechs zentrale Themen, die Anleger künftig stärker berücksichtigen sollten. Sie zeigen, warum Diversifizierung, Disziplin und ein genauer Blick auf Risiken wichtiger werden.

„Unterstützt durch eine Lockerung der Haushalts- und Geldpolitik, Deregulierung sowie Investitionen in künstliche Intelligenz dürfte das Wachstum auch im Jahr 2026 robust bleiben und eine Vielzahl globaler Anlagechancen eröffnen“, schreiben Makro-Stratege Nicolas Wylenzek und s Andrew sHeiskell von Wellington Management. In ihrem Aktienausblick 2026 identifizieren die beids sen Experten  vor dem Hintergrund des trotz geopolitischer Unsicherheiten widerstandsfähigen Wachstums im Jahr 2025 rund um den Globus – sechs Themen, die das neue Aktienjahr prägen dürften:

  1. die Beständigkeit des KI-Investitionszyklus
  2. die Verbreiterung des Gewinnwachstums über Mega-Caps hinaus
  3. der Wert einer internationalen Diversifizierung angesichts sich verändernder Korrelationen
  4. der Übergang Europas und Japans zu einer binnenorientierten Wirtschaftspolitik
  5. die mögliche Erholung der Emerging Markets
  6. die wachsende Notwendigkeit für Aktienanleger, ihre Risikoabsicherung über Anleihen hinaus zu überdenken.

Bei der Positionierung für das kommende Jahr sollten Anleger daher eine Reihe dynamischer Faktoren berücksichtigen: das richtige Gleichgewicht zwischen Begeisterung für KI und Disziplin, Erhöhung des Engagements in vernachlässigten Sektoren oder Regionen, Diversifizierung über verschiedene Regionen hinweg, Bewertung von Chancen in Europa, Japan und den Emerging Markets sowie Erweiterung ihres Instrumentariums zur Risikominderung.


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Lesen Sie im folgenden ausführlicheren Kommentar, wie die Aktienexperten von Wellington den Markt für 2026 einschätzen und welche Checkliste Anleger hinsichtlich einer möglichen KI-Blase im Blick halten sollten:

„Es wäre eine übertriebene Vereinfachung, 2025 als Jahr zu bezeichnen, in dem ‚die Reichen noch reicher geworden sind‘: Die führenden Mega-Cap-Technologieunternehmen haben sich weiterhin hervorragend entwickelt, aber auch die bisher übersehenen Wirtschaftsbereiche haben ‚weniger schlecht‘ abgeschnitten. Die Behauptung, dass die Märkte sehr eng sind, mag für die USA zutreffen. Blickt man über diese Landesgrenzen, ist die Marktführerschaft bereits breit gefächert. Mit Blick auf 2026 schlagen sich die Aktienmärkte in Anbetracht der erhöhten geopolitischen Unsicherheit weiter gut. Unterstützt durch fiskal- und geldpolitische Lockerungsmaßnahmen, Deregulierung und den KI-Investitionszyklus erwarten wir für das neue Jahr eine fortgesetzte Ausweitung des Wirtschaftswachstums.

Wir beobachten dabei sechs Themen ganz genau:

1. Keine KI-Blase… oder zumindest noch nicht? 

Unserer Meinung nach dürfte es 2026 gute Gründe geben, in Bezug auf KI optimistisch zu sein. Fortschreitende technologische Entwicklungen könnten nicht nur zu einer Beschleunigung der Investitionen führen, sondern auch bedeutende Produktivitätssteigerungen und Wirtschaftswachstum mit sich bringen. Trotz dieser positiven Aussichten sehen wir jedoch auch einige Warnsignale wie steigende fremdfinanzierte Investitionen, vermehrte Transaktionen und Finanzierungen zwischen verbundenen Unternehmen sowie spekulativere Aktivitäten in Bereichen des Aktienmarktes mit hohem Beta.

Bislang wurden die meisten der durch KI ausgelösten Bewegungen am Aktienmarkt von starken fundamentalen Trends getragen. Anders als beim schuldenfinanzierten Ausbau der Telekommunikationsnetze Ende der 1990er Jahre wurden die meisten KI-Investitionen aus dem freien Cashflow finanziert, auch wenn sich dies allmählich zu ändern beginnt.  Auch wenn wir derzeit keine Blase unmittelbar am Horizont erkennen können, sollten Anleger auf mögliche Anzeichen achten. Es wird immer wichtiger zu verstehen, ob Unternehmen mit Investitionen in KI entsprechende Erträge erzielen, ob die derzeitige, nachfragegetriebene Angebots- und Nachfragedynamik günstig bleibt und ob die Geldpolitik sowie die finanziellen Rahmenbedingungen expansiv bleiben und so Investitionen und die Kreditvergabe weiterhin unterstützen.

2. Wird sich die Verbreiterung weiter ausweiten?

In den letzten drei Jahren war das Gewinnwachstum weitgehend auf die Mega-Caps beschränkt. Im Jahr 2025 lagen US-Large-Caps weiterhin an der SpitzeIn den letzten Monaten gab es jedoch Anzeichen für eine Ausweitung des Gewinnwachstums sowohl hinsichtlich der Marktkapitalisierung als auch der Regionen. Positive Korrekturen des Gewinns pro Aktie (GpA) bei Large-, Mid- und Small-Caps in den USA, Japan sowie einigen Emerging Markets – insbesondere in Taiwan und Südkorea – deuten darauf hin, dass sich die Gruppe der Nutznießer vergrößern könnte. Dieser Trend dürfte sich in einem breiteren makroökonomischen Wachstumsumfeld weiter verstärken.

Das Gewinnwachstum breitet sich über die Mega-Caps hinaus aus. Es gibt positive Gewinnkorrekturen in allen Regionen und Marktkapitalisierungssegmenten. Wir sehen Potenzial für eine Wiederbelebung des Gewinnwachstums in Europa und den Emerging Markets im Allgemeinen. Dies deutet darauf hin, dass Anleger sich möglicherweise für stärker diversifizierte Wachstumsquellen positionieren sollten.

3. Sich ändernde Korrelationen erhöhen den Wert einer internationalen Diversifizierung

In der Vergangenheit hat die Globalisierung zu einer stark korrelierten und synchronisierten globalen Wirtschaftsentwicklung geführt. In einer Welt, die sich tendenziell im Gleichklang bewegte, waren die Märkte stark koordiniert, während Volatilität, Inflation und Zinssätze niedrig blieben. Im Zuge der Deglobalisierung – oder zumindest einer gewissen Neuordnung – ändert sich dies nun. Wir beobachten zunehmend größere konjunkturelle Unterschiede zwischen den Ländern, was die Zentralbanken zu unterschiedlichen Reaktionen zwingt. Dies hat einen umgekehrten Effekt zur Folge: niedrigere Korrelationen, weniger Synchronisation, erhöhte Volatilität und Inflation sowie strukturell höhere Zinssätze.

Die sinkende Synchronisierung der Aktienmärkte, die sich 2025 deutlich zeigte und sich 2026 voraussichtlich fortsetzen wird, unterstreicht die Vorteile einer Diversifizierung über Regionen, Branchen, Stile und Faktoren hinweg. Hinsichtlich der einzelnen Anlagestile könnte der massive Rückstand von Qualitätswerten im Jahr 2025 im Vergleich zur Stärke von Beta- und Momentum-Werten einen attraktiven Einstiegspunkt darstellen: In einem volatileren, weniger synchronisierten globalen Umfeld können Qualitätstitel sowohl offensive als auch defensive Eigenschaften bieten.

4. Europa und Japan setzen den Übergang zu einem neuen Umfeld fort 

Der US-Markt wird vom KI-Boom angetrieben. Ausnahmsweise haben jedoch auch Europa und Japan ihre eigenen spezifischen Triebkräfte. Diese sind so unterschiedlich, dass sie zur Desynchronisierung der globalen Märkte und Volkswirtschaften beitragen.

In Europa sieht die Lage allmählich ganz anders aus. Zu den wichtigsten Prioritäten der europäischen Politik zählen nun nationale Sicherheit, wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Unserer Einschätzung nach sind die wahrscheinlichen Gewinner des kommenden Umfelds eher inländische Substanzwerte als internationale Wachstumstitel. Anleger sollten möglicherweise die bisherigen Gewinner meiden und sich stattdessen auf inländisch ausgerichtete Unternehmen mit robusten Margen konzentrieren, die von dem Umfeldwechsel profitieren. Neben stärker durch die Inlandsnachfrage beeinflussten Sektoren wie Telekommunikation, Banken und das Baugewerbe, könnten sich im Rahmen der aktuellen Veränderungen in Europa ausgewählte Verteidigungsunternehmen und Versorger mit hohen Markteintrittsbarrieren als Gewinner herausstellen.

Eine ebenso wichtige Veränderung vollzieht sich derzeit in Japan. Nach Jahrzehnten der Deflation und des schwachen Wachstums beschleunigt sich das nominale Wachstum in Japan nun endlich.  Diese Veränderung ist aus zwei wesentlichen Gründen für Aktienanleger von Bedeutung. Erstens ist das nominale Wachstum wichtig für die Rendite von Aktien, da es die Unternehmensgewinne und Margen erhöht. Dadurch werden Aktien für private Haushalte attraktiver als liquide Mittel. Angesichts besser vorhersehbarer Gewinne verbessern sich auch die Bewertungsaussichten. Zweitens steigert die dortige Corporate-Governance-Reform den Shareholder Value, wodurch japanische Aktien attraktiver werden. Die Kombination aus fiskalpolitischen Unterstützungsmaßnahmen und e iner lockeren Geldpolitik sollte inländische zyklische Werte stützen. Zwei Sektoren, die besonders hervorstechen, sind Banken und Dienstleister.

5. Ist die Zeit der Emerging Markets nun endlich gekommen?

EM-Aktien verzeichnen im laufenden Jahr ihre beste Performance seit sieben Jahren. Die Erträge basieren 2025 hauptsächlich auf Technologie- oder KI-bezogenen Mega-Caps. Und auch wenn die Bewertungen von Aktien der Emerging Markets im Vergleich zu den USA niedrig sind, sind sie im historischen Vergleich nicht mehr besonders günstig. Für das Jahr 2026 erwarten wir jedoch eine Verbreiterung des GpA-Wachstums in den Emerging Markets. Mehrere Faktoren sollten Unterstützung bieten: Erstens dürfte das breitere globale Wachstum den Emerging Markets zugutekommen. Zweitens wird die Vorrangstellung des US-Dollar als Reservewährung durch das Haushaltsdefizit der USA, Wachstums- und Inflationsprobleme sowie Kapitalabflüsse in andere Regionen bedroht. Da ein schwächerer US-Dollar für die US-Regierung von Vorteil ist, könnte es zu einer weiteren Abschwächung kommen. Dies würde die Erträge für EM-Anleger steigern und die Volkswirtschaften jener EM-Länder stützen, die Schuldtitel in US-Dollar begeben haben.

Eine zunehmende Fokussierung auf den Shareholder Value führt unterdessen zu einer strengeren Kapitaldisziplin und einer Priorisierung der Aktionärsrenditen. Die Aktienbewertungen Südkoreas wurden bislang durch die schlechte Bilanz im Bereich der Corporate Governance belastet. Das Corporate-Value-Up-Programm der Regierung macht jedoch solide Fortschritte bei der Änderung des Unternehmensverhaltens und der Steigerung des Shareholder Value.  Und schließlich sind die unmittelbaren Auswirkungen der Zölle auf das Wachstum der Emerging Markets geringer als erwartet ausgefallen.

Nach Jahren der Vernachlässigung sollten Anleger ihre Allokation in Bezug auf die Emerging Markets innerhalb eines globalen Portfolios möglicherweise noch einmal überdenken. Allerdings gibt es aus politischen, sozialen und industriellen Gründen große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern, sodass einige möglicherweise besser abschneiden werden als andere. Die Emerging Markets bieten Anlegern zwar potenziell vielfältige Chancen, eine selektive Vorgehensweise ist jedoch entscheidend.

6. Zur Absicherung von Marktrisiken sollten Aktienanleger mehr als nur Anleihen in Betracht ziehen 

Aktien und Anleihen waren in den letzten Jahren zunehmend korreliert. Dies bedeutet, dass Anleihen etwas von ihrem Wert als „Allwetter“-Risikominderer und Diversifikationsinstrument für Aktienengagements eingebüßt haben. Und solange US-Aktien und der US-Dollar positiv korrelieren, verliert der US-Dollar sein historisches Profil als „sicherer Hafen“ und wird stattdessen zu einem Risikomultiplikator. In diesem Szenario steigt das Verlustrisiko für Anleger, deren Anlagewährung nicht der US-Dollar ist. Währungsabsicherungen oder alternative Schutzstrategien gewinnen daher zunehmend an Bedeutung. Das schwierigste Risikoumfeld wäre ein Reflationsszenario, das zu einem Anstieg der Zinsen und einem gleichzeitigen Rückgang der Aktien- und Anleihekurse führen könnte (wie wir es 2022 erlebt haben).

Um sich gegen Kursverluste abzusichern, sollten Aktienanleger die folgenden Ansätze zur Risikominderung in Betracht ziehen:

1) Fondsstrukturen, die Short-Positionen eingehen können, wie Hedgefonds oder Erweiterungsstrategien

2) Portable-Alpha-Strategien

3) Aktien oder Strategien, die in einem Umfeld mit höheren Zinsen eine Outperformance erzielen dürften

4) Alternative Anlageklassen oder Rohstoffe, die sich bei höheren Zinsen überdurchschnittlich entwickeln dürften

Ein breiteres Chancenspektrum im Jahr 2026

Eine expansive Geld- und Fiskalpolitik sowie stark steigende Investitionen in künstliche Intelligenz haben das globale Wachstum im Jahr 2025 angekurbelt. Mit Blick auf das Jahr 2026 dürfte das Wachstum weiterhin robust bleiben. Das Anlageumfeld wird jedoch durch eine größere Streuung der Erträge, veränderte Korrelationen und einen Umfeldwechsel in Europa, Japan und ausgewählten Emerging Markets geprägt sein. Vor diesem Hintergrund werden Aktienanleger unserer Meinung nach ein Gleichgewicht zwischen der Begeisterung für KI mit Disziplin finden, ihre Engagements über Regionen und Stile hinweg diversifizieren und ihre Instrumente zur Risikominderung erweitern müssen, um in einer volatileren, weniger synchronisierten Welt erfolgreich zu sein.“

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