Südvers Marktmonitor: Versicherungsmarkt bleibt vielschichtig und herausfordernd

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Helen Krebs-Podlaschek, Südvers: "Aufgrund hoher Ersatzteilpreise und Reparaturkosten, einer komplexeren Fahrzeugtechnik, Verlusten bei den Versicherern und der Inflation ist für das kommende Jahreswechselgeschäft nicht mit einer grundlegenden Entlastung zu rechnen."

Der deutsche Versicherungsmarkt folgt nicht dem globalen Entspannungstrend. Statt pauschaler Weichmarktstimmung prägen spartenindividuelle Dynamiken das Bild – von Chancen in Cyber und D&O bis zu Druck in Sach- und Kfz-Flotten. Welche Faktoren treiben diese Entwicklung?

Der Versicherungsmarkt in Deutschland bleibt in Bewegung. Das zeigt der aktuelle Marktmonitor 2025/26 des internationalen Risiko- und Versicherungsexperten Südvers. Die Analyse macht deutlich, dass sich die Entwicklung im deutschen Markt spürbar von internationalen Trends unterscheidet. Während global in den Segmenten Sachversicherung, Financial Lines und Cyber nach sieben Jahren steigender Prämien erste Anzeichen einer Entspannung zu sehen sind, zeigt sich in Deutschland ein gemischtes Bild. „Die deutsche Realität sieht anders aus“, heißt es im Bericht. Von einem generell weichen Markt über alle Sparten hinweg könne keine Rede sein, auch wenn es in Teilbereichen Stabilisierungstendenzen gebe.

Positive Signale kommen unter anderem aus der Haftpflichtversicherung sowie bei D&O und Cyber. In der Sachversicherung bleibt die Lage hingegen angespannt, vor allem außerhalb klar „guter“ Risiken und insbesondere bei Elementardeckungen. Auch US-exponierte Risiken stehen wegen hoher Schadenersatzforderungen weiterhin unter Druck.

Ein Schwerpunkt des Marktmonitors liegt auf Cyberversicherungen. Geopolitische Konflikte und die zunehmende Nutzung Künstlicher Intelligenz haben die Zahl der Angriffe nach einem kurzzeitigen Rückgang wieder steigen lassen. Dank verbesserter IT-Sicherheitsstrukturen ist die Zahl der Versicherungsfälle allerdings weitgehend stabil geblieben. Das Interesse der Versicherer an diesem Bereich wächst dennoch weiter.

Auch im Bereich M&A gewinnen W&I-Versicherungen an Bedeutung. Käufer wie Verkäufer nutzen diese Deckungen verstärkt, um Gewährleistungs- und Haftungsrisiken bei Unternehmenskäufen abzusichern. Versicherer berichten von einer steigenden Nachfrage nach maßgeschneiderten Lösungen, besonders bei komplexen, internationalen Transaktionen.

Vorsorge und Benefits auf dem Vormarsch

Bei Vorsorge und Benefits rückt die betriebliche Altersversorgung stärker in den Fokus. Sie gilt längst nicht mehr nur als steuerliches Instrument, sondern auch als strategisches Signal im Wettbewerb um Fachkräfte. Das neue Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG II) wird in diesem Zusammenhang aufmerksam beobachtet, auch wenn Experten skeptisch sind, ob die gesetzlichen Anreize zu einer spürbaren Verbreitung führen. Darüber hinaus setzen Unternehmen zunehmend auf flexible Benefits-Modelle, um Mitarbeiter langfristig zu binden.

Für international tätige Unternehmen gewinnt zudem die Gestaltung globaler Benefits-Programme an Bedeutung. Leistungsstarke und rechtssichere Konzepte werden im Wettbewerb um Talente zum entscheidenden Faktor.

Kfz-Versicherungsmarkt weiter unter Druck

In der Kfz-Flottenversicherung schreibt die Branche bereits im zweiten Jahr in Folge Verluste. Und auch 2025 stehen die Kfz-Versicherer vor erheblichen Herausforderungen. „Durch die Kombination aus steigenden Schadenkosten, höherer Schadenhäufigkeit und inflationsbedingten Anpassungen stehen die Versicherer weiterhin unter massivem wirtschaftlichem Druck“, heißt es in einer aktuellen Analyse von Südvers.

Besonders die gewerbliche Kfz-Versicherung leidet unter massiven Kostensteigerungen. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sind die Preise für Ersatzteile in den vergangenen zehn Jahren um rund 75 Prozent gestiegen. Verantwortlich sei das faktische Monopol der Automobilhersteller, die durch Patente den Einsatz günstiger Nachbauteile verhindern. Hinzu kommen steigende Werkstattlöhne und die teure Fahrzeugtechnik moderner Modelle, bei denen schon kleine Schäden den Austausch von Sensoren oder Kameras erfordern.

Die Folgen sind spürbar: Viele Versicherer werden nach Einschätzung von Südvers auch in diesem Jahr eine Schaden-Kosten-Quote von über 100 Prozent ausweisen und ihre Zeichnungspolitik verschärfen. Unternehmen mit großen oder risikobehafteten Fuhrparks müssen sich deshalb auf höhere Prämien und härtere Verhandlungen einstellen. Der GDV prognostiziert allein für 2025 einen Anstieg der Schadenaufwendungen um 4,5 Prozent.

„Aufgrund hoher Ersatzteilpreise und Reparaturkosten, einer komplexeren Fahrzeugtechnik, Verlusten bei den Versicherern und der Inflation ist für das kommende Jahreswechselgeschäft nicht mit einer grundlegenden Entlastung zu rechnen“, sagt Helen Krebs-Podleschak, Fachbereichsleiterin Kfz-Versicherung bei Südvers. Und weiter: „Im herausfordernden Kfz-Markt lassen sich tragfähige Lösungen nur dann realisieren, wenn Versicherer, Kunden und Makler gemeinsam agieren.“

Riskokomplexität prägt die Haltung der Versicherer

Die zunehmende Risikokomplexität prägt auch die Haltung der Versicherer. Naturgefahren reduzieren verfügbare Kapazitäten, steigende Selbstbehalte und strengere Regulierung verschärfen die Lage. Neue Vorgaben wie die PFAS-Regularien oder die EU-Produktsicherheitsverordnung erhöhen Haftungsrisiken zusätzlich. Südvers beobachtet, dass Versicherer Anforderungen, die früher nur für Großunternehmen galten, zunehmend auch an den Mittelstand stellen. Transparenz, Risikobewusstsein und professionelles Risikomanagement werden damit zu Schlüsselgrößen für Kapazitäten und wettbewerbsfähige Prämien.

Der Marktmonitor erscheint jährlich und gibt detaillierte Einblicke in Trends, Prämienentwicklungen und Risikoeinschätzungen am deutschen Versicherungsmarkt.

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