Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage im Technologiesektor – insbesondere nach der starken Erholung der großen US-Tech-Aktien?
Whitehead: Die Erholung der US-Tech-Schwergewichte seit April wurde vor allem durch eine erfreulich robuste Berichtssaison im zweiten Quartal getragen. Viele Unternehmen präsentierten widerstandsfähigere Ergebnisse als erwartet. Auffällig war: Trotz der gesamtwirtschaftlichen Unsicherheit hielten die IT-Investitionen stabil an. Dabei standen vor allem KI-Infrastruktur und Produktivitätsanwendungen im Fokus.
Cloud-Anbieter meldeten eine zunehmende Nachfrage, da ihre Kunden KI-Anwendungen immer schneller entwickeln und implementieren. Davon profitierten auch Chiphersteller und Hardware-Lieferanten, die den Markt für KI-Rechenzentren bedienen. Unternehmen im Enterprise-Segment kämpfen zwar mit knappen Budgets und ökonomischen Hürden, doch Softwareanbieter, die Effizienz steigern, Daten besser nutzbar machen und KI im Arbeitsalltag einführen, erfreuen sich weiter hoher Nachfrage.
Auf der vorsichtigeren Seite sehen wir eine starke Abhängigkeit von KI als Renditetreiber. Kurzfristig birgt das Risiken: Die Bewertungen wirken angespannt, die US-Indizes haben neue Höchststände erreicht. Entsprechend steigt die Sensibilität gegenüber negativen Nachrichten – und damit das Risiko plötzlicher Rückschläge.
Gleichzeitig gilt: Auf Basis des KGV lag der MSCI World IT Index zum Quartalsende zwar über dem MSCI World Index, jedoch nur leicht über dem Fünfjahresdurchschnitt. Während es in einzelnen Bereichen Überbewertungen gibt, erscheint das Sektorniveau insgesamt im Verhältnis zu den überdurchschnittlichen Gewinnerwartungen vertretbar. Unser Credo bleibt daher: Aktives Management und gezielte Titelauswahl sind entscheidend. Nur so lässt sich ein diversifiziertes Portfolio zusammenstellen – mit Fokus auf Qualität und langfristige Wachstumstreiber wie KI, Cloud Computing und digitale Transformation.
Welchen Einfluss haben makroökonomische Faktoren wie Zinsen, Inflation oder geopolitische Spannungen auf Ihre Einschätzung?
Whitehead: Alle drei Faktoren sind prägend für die Perspektiven des Sektors. Geopolitische Spannungen haben in diesem Jahr besonders an Bedeutung gewonnen – nicht zuletzt nach dem sogenannten „Liberation Day“. Neue Zölle und verschärfte Handelsdynamiken zwischen den USA und wichtigen Partnern erhöhen die Komplexität.
Für einen Wachstumssektor wie Technologie ist der Zinsverlauf entscheidend, da er unmittelbar die Bewertungen beeinflusst. Diskontierungsraten und Kapitalkosten bestimmen, wie attraktiv künftige Potenziale eingeschätzt werden. Inflation wirkt doppelt belastend: Sie erhöht einerseits die Inputkosten und drückt damit die Margen. Andererseits schwächt sie die Nachfrage, wenn Unternehmen diese Kosten an ihre Kunden weitergeben.
Der Technologie-Sektor ist zyklisch und stark in die Zukunft gerichtet – dadurch ist er besonders empfindlich gegenüber solchen Einflüssen. Gleichzeitig zeigt die Erfahrung: Auf mittlere bis lange Sicht hat Technologie Anlegern stets überdurchschnittliche Renditen gebracht. Das unterstreicht, wie wichtig ein Engagement in diesem Bereich bleibt – nicht nur wegen der Innovationskraft, sondern auch als Quelle nachhaltiger Erträge im Portfolio.
Gibt es derzeit klare Gewinner und Verlierer im Technologiesektor?
Whitehead: Mit unserem Multi-Manager-Ansatz verfolgen wir systematisch die Positionierungen und Trends unserer Fondsmanager. Der Kern unseres Ansatzes liegt jedoch darin, Manager auszuwählen, in deren Philosophie und Prozessen wir voll überzeugt sind. Auf dieser Basis stellen wir Portfolios zusammen, die langfristig stabile Ergebnisse liefern sollen.
Statt eigene Schwerpunkte zu setzen, vertrauen wir auf die Expertise dieser Manager und unsere Portfoliokonstruktion, um Chancen bestmöglich zu nutzen. Derzeit sehen wir eine klare Ausrichtung auf KI, Hyperscaler und Halbleiter – insbesondere auf Unternehmen, die ASIC-Chips für die Generative KI entwickeln. Gleichzeitig wurde die Gewichtung bei klassischer Technologie-Hardware deutlich zurückgefahren.
Welche langfristigen Technologietrends erscheinen Ihnen aktuell besonders interessant?
Whitehead: KI ist ohne Frage der dominante Treiber im Technologiesektor – und war für einen Großteil der jüngsten Renditen verantwortlich. Dennoch halten wir eine einseitige Ausrichtung für riskant. Ein gut aufgestelltes Portfolio braucht neben KI auch Engagements in bewährte, profitable Qualitätsunternehmen. Diese Firmen bieten Stabilität in volatilen Phasen und bilden das Fundament, auf dem disruptive, noch unprofitable Start-ups aufbauen.
So gelingt der Balanceakt: einerseits die Chancen transformativer Trends wie KI mitzunehmen, andererseits aber auch widerstandsfähige Performance sicherzustellen.
Welche Rolle spielen Digitalisierung, Cloud Computing und Green Tech in Ihrer Strategie?
Whitehead: Wir konstruieren unsere Portfolios nicht streng thematisch und investieren auch nicht in reine Themenfonds. Dennoch ergibt sich automatisch eine breite Exponierung gegenüber den wichtigsten Branchentrends. Das liegt daran, dass wir gezielt Manager mit unterschiedlichen Ansätzen auswählen – Qualität, Wachstum oder Bewertung. So entstehen vielfältige Zugangspunkte zu Innovation, ohne dass wir uns auf starre Themen einschränken.
Digitalisierung ist längst kein Trend mehr, sondern eine strukturelle Kraft, die Branchen und Konsumverhalten nachhaltig verändert. Unsere Manager identifizieren immer wieder Unternehmen, die diesen Wandel vorantreiben – ein Thema, das in all unseren Portfolios präsent ist.
Cloud Computing wiederum ist das Rückgrat moderner Geschäftsmodelle. Hier investieren wir mit hoher Überzeugung, da wir von seinem nachhaltigen Wachstumspotenzial und seinen Wettbewerbsvorteilen überzeugt sind.
Wird die Dominanz der großen US-Tech-Konzerne anhalten?
Whitehead: Ja – die USA werden auch künftig die zentrale Führungsrolle im globalen Technologiesektor einnehmen. Ein Blick auf den MSCI Information Technology Index zeigt das deutlich: Der US-Anteil stieg von rund 65 Prozent im Jahr 2000 auf heute etwa 85 Prozent.
Die USA sind seit Jahrzehnten das Epizentrum für Forschung und Entwicklung, ziehen die besten Talente an und bieten die nötigen Rahmenbedingungen für technologischen Fortschritt. Was die US-Riesen zusätzlich auszeichnet, sind ihre weltweite Reichweite, ihre starke Position entlang der gesamten KI-Wertschöpfungskette und ihre finanziellen Ressourcen. Das verschafft ihnen einen kaum einholbaren Wettbewerbsvorteil.
Für Anleger bedeutet das: Ein substanzielles Engagement in US-Technologieführer bleibt unverzichtbar als Kern eines zukunftsgerichteten Portfolios.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Aktien aus – fundamentale Bewertung, Wachstumspotenzial oder technologische Führungsrolle?
Whitehead: Mediolanum verfolgt ein einzigartiges Multi-Manager-Modell, das interne Expertise mit externen Managern – darunter spezialisierte Boutiquen – kombiniert. Damit erreichen wir eine besonders breite Diversifizierung über Stile, Regionen und Strategien hinweg. Auch kleinere Anleger erhalten so Zugang zu professionellen Lösungen, die normalerweise institutionellen Investoren vorbehalten sind.
Im Mittelpunkt steht dabei die Auswahl der Manager: Wir investieren in Unternehmen und Teams, deren Philosophie und Prozesse uns überzeugen. Unser Manager-Selection-Team führt einen strengen Due-Diligence-Prozess durch, um Manager zu finden, die langfristig mit Exzellenz das Kapital unserer Kunden verwalten. Wir suchen gezielt nach jenen, die gegenüber Markt und Konkurrenz einen klaren Vorteil besitzen und diesen über Jahre hinweg ausspielen können.
Wie balancieren Sie zwischen etablierten Tech-Giganten und innovativen Small- und Mid-Caps?
Whitehead: Unsere Portfolios entstehen durch die Kombination unterschiedlicher Manageransätze. Manche setzen stärker auf etablierte, profitable Konzerne, andere auf kleinere, innovative Unternehmen in früheren Entwicklungsphasen. Auf Portfolioebene geht es darum, ein robustes Gleichgewicht zu schaffen – breit diversifiziert und mit Titelauswahl als zentralem Erfolgsfaktor.
So können wir zugleich die Erträge der etablierten Tech-Giganten wie Nvidia, Microsoft, Apple oder Alphabet nutzen und Chancen bei kleineren Innovatoren einfangen, die das Potenzial haben, die Marktführer von morgen zu werden. Ein Beispiel ist Toast Inc., ein US-Anbieter cloudbasierter Restaurantsoftware. Hier investieren wir gezielt in kleinere Werte mit hohem Wachstumspotenzial – stets so dosiert, dass Chancen gewahrt und Risiken kontrolliert bleiben.
Was unterscheidet Ihre Fondsstrategie von anderen Technologie-Fonds?
Whitehead: Unser Technologiefonds hebt sich vor allem durch den Multi-Manager-Ansatz ab: Wir kombinieren die Stärken mehrerer hochkonzentrierter Manager mit klar voneinander abgegrenzten Strategien. Der Technologiesektor ist extrem vielfältig – mit zahlreichen Unterbranchen und Themen. Um diese Vielfalt bestmöglich zu nutzen, setzen wir bewusst auf mehrere Manager mit ausgewiesener Expertise.
Jeder Manager wird sorgfältig geprüft und ausgewählt, um sicherzustellen, dass er über eine klare Spezialisierung verfügt und einen komplementären Mehrwert für das Gesamtportfolio bietet. So entsteht ein dynamisches, zugleich widerstandsfähiges Konstrukt, das langfristig stabile Erträge liefern soll.
Aktuell besteht die Struktur aus vier Bausteinen: einer intern verwalteten Kernstrategie, zwei spezialisierten Boutiquen (eine mit Fokus auf Halbleiter, eine auf hochqualitative, profitable Firmen) sowie einer weiteren Strategie mit ertrags- und momentumgetriebenem Ansatz. Damit erreichen wir nicht nur eine breite Diversifikation innerhalb des Sektors, sondern auch Zugang zu Boutique-Managern, die Privatanlegern normalerweise nicht offenstehen.
Interview: Frank O. Milewski, Cash.